China verunsichert die Finanzmärkte
Am Aktienmarkt hat sich die Lage am Mittwoch zwar entspannt. Aber der erneute Anstieg des Goldpreises und die starke Nachfrage nach Anleihen zeigen, wie unruhig die Anleger sind.
FRANKFURT Nach den Turbulenzen der vergangenen Tage haben sich die Aktienmärkte am Mittwoch wieder beruhigt. Der deutsche Aktienindex DAX legte ein halbes Prozent zu. Seit Wochenbeginn hatte er fünf Prozent verloren. Doch die Unsicherheit bleibt groß. Der Preis für eine Feinunze Gold kletterte um 1,6 Prozent auf fast 1500 Dollar. Neben dem als Krisenwährung angesehenen Edelmetall kauften die Investoren auch wieder als sicher geltende Staatsanleihen. Die Börsianer glauben offenbar den Zusicherungen Chinas, dass es seine Währung nicht aus wettbewerblichen Gründen abwerten oder sie als Instrument im Handelskonflikt mit den USA einsetzen wolle.
Am Montag hatte der Dollar erstmals seit elf Jahren die „rote Linie“von sieben Yuan für den Wechselkurs überschritten. Das habe Signalkraft, meint Rudolf Besch, Volkswirt der Dekabank. Es zeige, dass die Chinesen auch ihre Währung als Instrument im Handelskonflikt einsetzen könnten. Das hält Besch nicht für wahrscheinlich, weil die Stabilisierung der letzten Jahre nicht nur der Weltwirtschaft, sondern auch den asiatischen Nachbarn und den Chinesen geholfen habe. Und Stabilität ist eine wichtige Voraussetzung für den Handel. Wie labil aber das Gleichgewicht inzwischen ist, zeigte sich gestern in der Zinssenkung gleich mehrerer Notenbanken im asiatisch-pazifischen Raum. Indien, Neuseeland und Thailand reduzierten die Zinssätze, weil die Konjunktur sich abschwächt und der Handelskonflikt sich zuspitzt. Mit Zinssenkungen werden die Waren der heimischen Industrie im Ausland günstiger, weil die Währung sich abschwächt. Erst in der vergangenen Woche hatte auch die amerikanische Notenbank Fed den Zins leicht um 25 Basispunkte herabgeschleust.
China dürfte auch deshalb einen Währungskrieg nicht wollen, weil es dann einen Kapitalabfluss befürchten müsste, vermutet Ulrich Leuchtmann, Volkswirt der Commerzbank. Das war in der Krise vor vier Jahren geschehen, seither kontrolliert die chinesische Notenbank zwar den Kapitalverkehr stärker, aber privaten Investoren stünden immer noch Wege offen.
Wie stark der sich zuspitzende Handelskonflikt auch auf andere Volkswirtschaften wirkt, etwa in Europa, zeigte sich gestern an weiteren Konjunkturdaten. In Deutschland schrumpfte die Produktion im Juni unerwartet stark um 1,5 Prozent gegenüber dem Mai. Damit wird eine Rezession wahrscheinlicher. Dass die Industrie sich so schwer tut, liegt auch an der Unsicherheit der Investoren, wie es im Handelskonflikt und beim Brexit weitergeht und wie sich die geopolitische Lage etwa bei der Auseinandersetzung der USA mit Iran entwickeln könnte. Die Unternehmen kaufen in einer solchen Situation dann weniger Investitionsgüter, auf die viele deutsche Unternehmen spezialisiert sind. So verstärkt sich eine beginnende Flaute.
Anleger sollten diese labile Lage aufmerksam beobachten, meint Marc Sattler, Vorstand der Bank für Vermögen, einer Tochter des Maklerpools BCA. „Vergangene Wirtschaftsund Börsenzyklen haben gezeigt, dass die Notenbanken eine aufkommende Rezession und einen damit einhergehenden Bärenmarkt bei Aktien nicht verhindern können“, sagt er und rät Anlegern dazu, jederzeit bereit zu sein, ihre Risikoanlagen weiter zu reduzieren, wenn die Aufwärtstrends und die Stimmung der Marktteilnehmer drehen. „Das kann unserer Einschätzung nach relativ schnell geschehen“, fürchtet er. Sollte China im Handelsstreit doch seine Währung abwerten, dann sei noch mit weitaus größeren Schwankungen an den Märkten zu rechnen.