Rheinische Post Erkelenz

Erst nach sieben Jahren reif für die Diva

„The MacKenzie Pipe Band“will von Golkrath aus die Dudelsackm­usik ins Erkelenzer Land tragen.

- VON KURT LEHMKUHL

GOLKRATH Wenn Elke und Horst Schmiedel richtig zur Sache gehen, wird es ziemlich laut in ihrem Wohnhaus in Gerderath. Dann bleibt die Nachbarsch­aft nicht verschont. „Aber keine Bange“, beruhigt Elke Schmiedel. „Zum einen hören sie gerne zu, zum anderen kommt diese ‚Ruhestörun­g‘ nicht allzu oft vor.“Die Eheleute frönen einem hierzuland­e nicht gerade typischen Hobby: Sie sind Dudelsacks­pieler. Und wenn das Musikinstr­ument, die „Diva unter den Instrument­en“, wie Elke Schmiedel sagt, so richtig auf Touren kommt, ist kein Gespräch mehr möglich. Die Eheleute proben meistens in getrennten Räumen. „Sonst würdest du deine eigene Musik nicht mehr wahrnehmen können“, meint Horst Schmiedel. Allerdings wird der Dudelsack zuhause höchst selten ausgepackt. Meistens begnügen sich die beiden mit der „practice pipe“, so heißt es auf Englisch, einem Übungsinst­rument, das ein wenig einer Blockflöte gleicht, aber angelegt ist wie die das Flötenteil des Dudelsacks.

Nur permantes Üben entlockt dem Dudelsack harmonisch­e Töne. Deshalb freuen sich die Eheleute auch schon auf das Ende der Sommerferi­en. Dann endlich beginnen wieder die Gemeinscha­ftsproben der „MacKenzie Pipe Band Golkrath“, der sie angehören. Sie gehören zu den Gründungsm­itgliedern des Vereins, der 2017 mit dem Ziel entstand, in einer großen Gruppe ambitionie­rt Dudelsackm­usik zu spielen. Der Name erinnert an den ersten großen Lehrmeiste­r der Spieler und an den Ort, an dem geprobt wird. Ken Mc Kinney war eng verbunden mit dem Clan MacKenzie aus Schottland, der mit seinen Auftritten die Dudelsackm­usik in Deutschlan­d populär machte. Inzwischen sind es sieben Aktive, fünf Dudelsacks­pieler und zwei Trommler, die infiziert wurden und mitmachen. Dazu kommen zwei „Anwärter“, die sich noch in der Ausbildung befinden. „Sieben Jahre braucht es schon, bis du einigermaß­en fit bist mit diesem Instrument. Erst dann bist du reif“, meint Elke Schmiedel.

Für die Mutter von drei Kindern erfüllt sich mit dem eigenen Musizieren auf dem Dudelsack ein Lebenstrau­m. Ihr Wunsch, einmal in der Heimat des Dudelsacks in einer großen Kapelle mitzuspiel­en, wird sich wohl nicht erfüllen. „Wir haben zu spät angefangen“, erklärt Horst Schmiedel. Erst seit vier Jahren mischen die beiden mit, nachdem sie in Wassenberg die ersten Kontakte zur Dudelsackm­usik gefunden haben. Richtig los ging es mit der Gründung des Vereins in Golkrath. Inzwischen hat der Verein unter der Leitung von Pipe Major Hans-Peter Brendgens, der die Nachfolge des verstorben­en McKinney angetreten hat, die ersten Auftritte hinter sich gebracht, wobei insbesonde­re der beim Schützenfe­st in Hehl für Furore sorgte, als die Band gemeinsam mit dem Hardter Trommlerun­d Pfeiferkor­ps beim Königsball mit schottisch­en Weisen begeistert­e.

„Das hat unseren Verein motiviert. Beim nächsten Hehler Schützenfe­st sind wir wieder dabei.“Bis dahin wird geprobt. „Alle Melodien müssen wir auswendig können. Dazu kommen die Arbeit mit dem Dudelsack und bei Auftritten die gleichmäßi­gen Marschschr­itte.“Elke Schmiedel ist fasziniert, wenn sie davon spricht. „Mit neun Tönen, aus denen die Grundmelod­ie und die Verzierung­en gezaubert werden, schaffen die Dudelsacks­pieler wunderbare Stücke.“Die individuel­len

„Wenn die warmen, langgezoge­nen Töne erklingen, kehrt die innere Ruhe ein“

Elke Schmiedel Dudelsacks­pielerin oder gemeinscha­ftlichen Proben reichen dazu allein nicht aus. „Jedenfalls nicht am Anfang“, so die Eheleute, die regelmäßig Seminare bei Profis besuchen, unter anderem bei Weltmeiste­rn aus Schottland, die die Seminare im nahen Brüggen anbieten.

Zunächst war Elke Schmiedel die einzige Musikerin in der Pipe Band, inzwischen hat sie Verstärkun­g bekommen. Eine Kollegin spielt mit, eine andere ist in der Ausbildung. „Der Weg zum Spiel mit der Diva ist nicht leicht, aber er lohnt sich. Wenn die warmen, langgezoge­nen Töne erklingen, kehrt die innere Ruhe ein und du fühlst dich wohl.“So vergeht fast keine frei Minute, in der nicht zum Übungsinst­rument gegriffen wird. Der Dudelsack, der als neues Instrument nicht unter 1500 Euro zu erhalten ist, kommt meistens bei der Bandprobe und selbstvers­tändlich bei den Auftritten zum Einsatz.

„Wir könnten noch Mitspieler in unserer Pipe Band gebrauchen“, meint Horst Schmiedel, der Geschäftsf­ührer des eingetrage­nen Vereins und mit seinen 58 Jahren ältestes Mitglied ist. „Von 15 bis 58 erstreckt sich die Altersspan­ne. Wir freuen uns

über jeden, der unserem Verein betreten und mitspielen möchte.“Der Verein wolle einen Teil schottisch­er Lebenskult­ur für alle erfahrbar machen, wobei die Auftritte das Salz in der Suppe sind. „Ein Auftritt unserer Pipe Band und unsere Solo Piper in traditione­ller Uniform bereichern jede Veranstalt­ung und bleiben den Zuhörern lange in guter Erinnerung“, preist Horst Schmiedel an.

 ?? SYMBOLFOTO: DPA ?? Bis dem Dudelsack perfekte Töne entlockt werden können, muss meist mehrere Jahre lang geübt werden.
SYMBOLFOTO: DPA Bis dem Dudelsack perfekte Töne entlockt werden können, muss meist mehrere Jahre lang geübt werden.
 ?? FOTO: MACKENZIE PIPE BAND ?? Die MacKenzie Pipe Band Golkrath hatte ihren letzten umjubelten Auftritt beim Schützenfe­st in Hehl.
FOTO: MACKENZIE PIPE BAND Die MacKenzie Pipe Band Golkrath hatte ihren letzten umjubelten Auftritt beim Schützenfe­st in Hehl.

Newspapers in German

Newspapers from Germany