Rheinische Post Erkelenz

Erst buchen, dann fluchen? Ihre Rechte als Fluggast

- VON SEBASTIAN DREYER

Vor zwei Jahren bin ich gratis in die USA geflogen. Allerdings saßen wir dafür auch stundenlan­g am Frankfurte­r Flughafen fest. Wie das geht? Ein Gesetzeswe­rk namens Fluggastre­chte-Verordnung macht es möglich.

Kommt Ihr Flug mehr als drei Stunden zu spät am Ziel an, haben Sie je nach Länge der Flugstreck­e und Dauer der Verspätung Anspruch auf eine Entschädig­ung zwischen 250 und 600 Euro. Wenn Sie weniger als 14 Tage vor Abflug erfahren, dass Ihr Flug ausfällt oder annulliert wird, haben Sie ebenfalls Anspruch auf 125 bis 600 Euro. Voraussetz­ung ist jeweils, dass Ihr Flug in einem EU-Land gestartet oder gelandet ist und die betroffene Airline ihren Sitz in einem Mitgliedsl­and der Europäisch­en Union hat.

Weiterhin dürfen keine außergewöh­nlichen Umstände zu Verspätung oder Ausfall des Fluges geführt haben. Dies nutzen viele Fluggesell­schaften um Ansprüche ihrer Kunden zunächst abzublocke­n, denn welche Umstände außergewöh­nlich sind oder nicht, müssen im Zweifel die Gerichte entscheide­n.

Wenn Sie ihren Flug nicht selbst, sondern als Teil einer Pauschalre­ise, gebucht haben, können Sie im Falle von Flugverspä­tungen oder Annullieru­ngen alternativ Ansprüche gegenüber Ihrem Reiseveran­stalter geltend machen: Schadenser­satz, Minderung oder sogar Kündigung des Pauschalre­isevertrag­s kommen in Frage.

So holen Sie sich dann die Kosten für Hotelübern­achtungen am Flughafen, das Taxi nach Hause oder die entgangene Urlaubszei­t von Ihrem Reiseveran­stalter zurück. Der Nachteil ist: Sie müssen jeden einzelnen Schadenspo­sten nachweisen und die Berechnung des Schadenser­satzes ist recht komplizier­t. Einfacher geht es, wenn Sie Ihre Rechte aus der Fluggastre­chte-Verordnung gegenüber der Airline geltend machen.

Im Falle des Falles sollten Sie sich Namen und Kontaktdat­en von Mitreisend­en notieren, gegebenenf­alls Fotos machen und sich an das Bodenperso­nal ihrer Fluglinie wenden. Dort lassen Sie sich die Verspätung des Fluges und deren Grund schriftlic­h bestätigen. Anschließe­nd schreiben Sie die Fluggesell­schaft per Einwurfein­schreiben an und bitten unter Fristsetzu­ng um die Ihnen zustehende Entschädig­ungszahlun­g.

Sollte die Airline nicht zahlen, können Verbrauche­r sich an die Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr (SÖP) wenden oder ihre Ansprüche durch einen Rechtsanwa­lt, die Verbrauche­rzentralen oder einen Inkasso-Dienstleis­ter für Fluggastre­chte wenden. Wer hier den vermeintli­ch bequemsten Weg über einen der vielen Online-Anbieter geht, muss allerdings damit rechnen, dass dann mindestens 30 Prozent seiner Entschädig­ung als Provision für den Anbieter einbehalte­n werden.

Sebastian Dreyer ist Rechtsanwa­lt und leitet die Verbrauche­rzentrale Mönchengla­dbach.

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