Cuisance erkennt seine Chance nicht
Borussias linke defensive Seite war jahrelang eine OneMan-Show. Oscar Wendt hatte keinen echten Herausforderer. Nun soll Ramy Bensebaini dem Schweden den Kampf ansagen, er wird am Mittwoch einen Vertrag unterschreiben. Dass damit das Thema Malang Sarr komplett vom Tisch ist, muss nicht unbedingt der Fall sein. Doch muss Borussia womöglich bald noch eine Stelle im zentralen Mittelfeld besetzen. Denn es wäre keine Sensation mehr, wenn Michael Cuisance Borussia zeitnah verlassen würde. Er würde selbst seine Nachfolger mitfinanzieren.
Dass Cuisance forsch ist, war gleich zu spüren, als er 2017 kam. Dass er ein toller Kicker ist, zeigte er. Er legte einen Raketenstart hin und war für die Fans der Spieler der Saison. Er war ein erfrischendes Element in einer insgesamt tristen Spielzeit. Wie Denis Zakaria, der Schweizer. In ihrer zweiten Saison holte die Realität die Senkrechtstarter ein, sie saßen oft draußen. Zakaria akzeptierte das und arbeitete sich zurück, er machte alles richtig. Sich gegen Widerstände durchzusetzen, ist wichtig für die Entwicklung. Siehe Granit Xhaka. Auch der hatte schwere Zeiten zu Beginn in Gladbach, er wuchs jedoch daran, wurde Führungsspieler und Kapitän – und trug die Binde nun auch beim FC Arsenal im ersten Spiel der neuen Saison.
Cuisance dagegen schmollt, er fühlt sich respektlos behandelt. Seit Monaten führen der Spieler, sein Manager und Borussia Gespräche. Cuisance will spielen – mit Garantie. Doch auch für Hochbegabte werden die Gesetze des Fußballs nicht außer Kraft gesetzt. Natürlich dürfen junge Spieler selbstbewusst sein. Doch wenn Cuisance seine Situation, die im Grunde genommen ganz normal ist, nicht akzeptiert, ist eine Trennung unumgänglich. Sein falscher Stolz lässt ihn die Chance, die sich in Gladbach bietet, nicht erkennen.
Der Fall Cuisance ist sehr ärgerlich. Für Borussia wäre es schade, ein großes Talent zu verlieren. Aber ein ständiger Unruhestifter hilft einem Klub nicht weiter. Egal, wie und wo es für ihn weitergeht, Cuisance muss umdenken: Er wird sich den Stammplatz nicht erschmollen können, sondern muss ihn sich redlich erarbeiten.
Karsten Kellermann