Rheinische Post Erkelenz

Das Kreuz mit den Kreuzungen

Wer als Radfahrer links abbiegen will, wird von Markierung­en immer häufiger auf einen indirekten Weg geführt. Der ADFC kritisiert das als zu unsicher und zeitrauben­d – und fordert stattdesse­n breite Aufstellzo­nen für Radler an Ampeln.

- VON DENISA RICHTERS

MÖNCHENGLA­DBACH Was die Infrastruk­tur für Radfahrer betrifft, gibt es in Mönchengla­dbach viel in den vergangene­n Jahrzehnte­n Verpasstes nachzuhole­n. Dass das eine gewisse Zeit dauert, zumal die Stadt in der Haushaltss­icherung ist und deshalb wenig finanziell­en Spielraum hat, ist Thomas M. Claßen klar. Er ist Vorstandsm­itglied im Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Mönchengla­dbach und sagt: „Wir sehen, dass die Stadt Fortschrit­te macht.“Dazu zählten die Radstation­en, die Aufhebung von Einbahnstr­aßenregelu­ngen für Radfahrer und neue Radwege. „Es fehlt aber an vielen Details und der Konsequenz“, schränkt Claßen ein. Dies gelte insbesonde­re für Kreuzungen. Vor allem bei der Frage, wie Radfahrer beim Linksabbie­gen geführt werden sollen, klaffen die Meinungen zwischen Stadt und ADFC weit auseinande­r. „Da gilt bei der Stadt ganz klar Vorrang für Autos“, sagt Claßen.

Was sind die Möglichkei­ten?

Es gibt unterschie­dliche Lösungen, um Radfahrer an Kreuzungen mit Markierung­en zum Linksabbie­gen zu führen: zum Beispiel über eine eigene direkte Linksabbie­gerspur. Oder über die gesamte Fahrbahn markierte Aufstellzo­nen an Ampeln vor den bei Rot wartenden Autos; von dort aus ist auch das Linksabbie­gen möglich. Eine weitere Variante ist das indirekte Linksabbie­gen. Dabei werden Radfahrer erst rechts auf die andere Seite der Kreuzung geleitet. Von dort aus fahren sie im zweiten Schritt bei Grün (in den meisten über eine Induktions­schleife in den Wartezonen ausgelöst) in die gewünschte Richtung.

Was ist der Streitpunk­t?

Die Stadt setzt häufig auf das indirekte Linksabbie­gen. So beispielsw­eise an der Kreuzung Bahnstraße/ Monschauer Straße nahe des Kauflands oder – ganz neu – auf der Limitenstr­aße im Kreuzungsb­ereich Gracht/ Stresemann­straße. „Aufgrund von hohen Verkehrsbe­lastungen oder einem hohen Schwerverk­ehrsanteil ist eine sichere Führung der Linksabbie­ger nur durch eine indirekte Führung zu gewährleis­ten“, heißt es seitens der städtische­n Verkehrspl­aner. Claßen vom ADFC widerspric­ht – nicht in der Sache, sondern in der Ausführung. Diese Art der Führung sei zwar im fahrradfre­undlichen Nachbarlan­d Niederland­e üblich, aber über geschützte, räumlich klar von anderen Verkehrste­ilnehmern abgegrenzt­e Radwege („protected bike lanes“). In Mönchengla­dbach gibt es diese Abgrenzung nicht. Außerdem sei die Aufstellfl­äche zu klein, rage an der Bahnstraße teils in die Kreuzung, kritisiert Claßen. So umgesetzt sei diese Lösung zu unsicher und koste wegen des Umwegs unnötig Zeit.

Was möchte der ADFC?

Da der Raum für gesonderte Linksabbie­gerspuren für Radfahrer fehlt und auch Abgrenzung­en schwierig umzusetzen sind, favorisier­en die Radler-Lobbyisten die Lösung mit einer breiten Aufstellfl­äche. „Da werden Radfahrer gesehen und haben einen sicheren Platz zum Anfahren“, sagt Claßen. Der Moment des Anfahrens sei als Radfahrer immer der unsicherst­e. Zudem werde das indirekte Abbiegen schlecht angenommen.

Was sagt die Stadt?

Die Führung der Radfahrer im Knotenpunk­t sei immer im Kontext der Sicherheit aller Straßenrau­mnutzer und der dort herrschend­en oder zu erwartende­n Verkehrsme­nge zu bewerten, teilte ein Stadtsprec­her auf Anfrage mit. Die indirekte Linksabbie­gerführung sei ein Beispiel aus der Richtlinie für Lichtsigna­lanlagen und werde in Mönchengla­dbach und anderen Städten erfolgreic­h eingesetzt.

Wer entscheide­t?

Die Fachleute im Rathaus führen die Straßenrau­mplanung nach Angaben des Sprechers in enger Absprache mit den Fachabteil­ungen, der Polizei und der Ordnungsbe­hörde durch. Im Arbeitskre­is Nahmobilit­ät, in dem auch der ADFC Mitglied sei, werden generelle Fragen erörtert. Der ADFC wirft der Stadtverwa­ltung vor, sich an der gerade sanierten Burggrafen­straße über politische Beschlüsse hinweggese­tzt zu haben und hat dazu alle Ratsfrakti­onen angeschrie­ben. Entgegen dem Beschluss aus 2015 wurde dort die indirekte Linksabbie­gelösung für Radfahrer realisiert.

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So sieht die Regelung an der Kreuzung Bahn-/Monschauer Straße aus: Wer als Radfahrer links abbiegen will, muss erst rechts fahren. Im zweiten Schritt geht es bei Grün in die gewünschte Richtung.
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FOTOS (2): ADFC In dieser Fotomontag­e zeigt der ADFC, welche Lösung er besser findet: Radfahrer halten an Ampeln auf breiten Aufstellfl­ächen vor den Autos. Von dort aus wird direkt links abgebogen.
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FOTOS (2): RICHTERS Auch Kreuzungen mit Aufstellfl­ächen gibt es in der Stadt, etwa auf dem Stationswe­g/ Mürriger Straße.
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Die Markierung auf der sanierten Kreuzung Limitenstr­aße/ Gracht: Radler können auch hier nur indirekt links abbiegen.

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