Deutsche Bank: Wann geht Achleitner?
In Finanzkreisen wird darüber spekuliert, dass 2022 für den Aufsichtsratsvorsitzenden endgültig Schluss ist. Die unzufriedenen Großaktionäre Cerberus und Qatar sollen Druck gemacht haben.
FRANKFURT Hat Paul Achleitner, seit sieben Jahren an der Spitze des Aufsichtsrats der Deutschen Bank, schon selbst mit der Suche nach seinem Nachfolger begonnen? Solche Spekulationen sind in Finanzkreisen aufgekommen. Die Deutsche Bank bestätigt das nicht und verweist darauf, dass Achleitner bis 2022 bestellt sei. Alles andere sei ein Blick in die Glaskugel, sagte eine Sprecherin. Zudem seien Nachfolgefragen im Aufsichtsrat klar geregelt, das sei Sache des Nominierungsausschusses. An dessen Spitze jedoch steht Paul Achleitner selbst.
Die Gerüchte sind aufgekommen, nachdem mehrere Medien gemeldet hatten, Achleitner sei bereit, sich dem Druck der Großaktionäre Cerberus und Qatar zu beugen und sich spätestens im Mai 2022 zurückzuziehen. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“etwa beruft sich auf „Finanzkreise“. Der Einfluss Qatars in der Bank aber wächst. So bestätigte das Geldhaus gestern, dass Jürg Zeltner als neues Mitglied des Aufsichtsrats nominiert worden sei. Der Schweizer soll auf den Briten Richard Meddings folgen, der sein Mandat zum 31. Juli niedergelegt hat. Zeltner wird zunächst gerichtlich als Aufsichtsratsmitglied bestellt, 2020 soll er der Hauptversammlung zur Wahl vorgeschlagen werden. Der Schweizer nimmt dieses Mandat für die Herrscherfamilie aus Qatar wahr, die zwischen 6,1 und knapp zehn Prozent der Anteile halten soll. Weil aber der bisherige Vertreter der Qataris im Kontrollgremium, Stefan Simon, in den Vorstand aufrücken soll, weiten diese ihren Einfluss in der Bank aus.
Cerberus und Qatar sind schon seit Längerem unzufrieden mit der Entwicklung der Bank und machen dafür auch den Aufsichtsratsvorsitzenden Achleitner verantwortlich. Der hatte in den vergangenen Jahren mehrfach die Vorstandschefs ausgewechselt (erst Anshu Jain, dann Jürgen Fitschen, schließlich auch den als Sanierer eingesetzten Briten John Cryan), die immer wieder neuen Strategien zur Umstrukturierung mitgetragen, die dann an der Börse auch stets in einen kräftigen Kursrutsch mündeten. Die Großaktionäre haben mit ihrem Engagement viel Geld verloren: Qatar etwa hält seit vier Jahren Anteile an der Bank, seither hat der Aktienkurs mehr als 70 Prozent verloren.
Wie tief das Misstrauen inzwischen ist, zeigte sich bei der letzten Hauptversammlung: Da entlasteten Achleitner nur noch 72 Prozent der Anteilseigner. Dennoch hielt Achleitner an seinem Posten fest. Wie üblich. Bisher hat sich der frühere Finanzchef der Allianz immer noch herauslavieren können. Andere Köpfe rollten. Achleitner opferte Anshu Jain und Jürgen Fitschen, die den Kulturwandel nicht hinbekamen (wo war Achleitners Mitwirken?). Er opferte Nachfolger Cryan, der sich als Sparkommissar ohne Vision entpuppte, ohne dass Achleitner einschritt. Er konnte nicht verhindern, dass seine Suche nach externen Kandidaten im Ausland öffentlich wurde. Und er schaute zu lange tatenlos zu, wie die Deutsche Bank ebenso verzweifelt wie erfolglos nach Orientierung zwischen den Polen Investmentbanking und Massengeschäft suchte.
Das alles sah 2012 noch anders aus. Da hatten noch 99 Prozent der Aktionäre Achleitner in den Aufsichtsrat gewählt. Cerberus und Qatar sollen im Mai den Chefkontrolleur angeblich nur unter der Bedingung entlastet haben, dass er spätestens zum Ende seiner Amtszeit ausscheide. Bei der letzten Hauptversammlung räumte er zwar „Schwierigkeiten“ein. Aber er hatte auch betont: „Ich sehe, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“Das aber sollte sich möglichst bald auch im Börsenkurs spiegeln. Gestern sank der um 2,4 Prozent auf 5,90 Euro.