Rheinische Post Erkelenz

Naturpark als Touristen-Magnet

- VON DANIELA BUSCHKAMP

Der Naturpark Schwalm-Nette hat sich zu einer wichtigen Freizeitre­gion mit bis zu 300 Veranstalt­ungen im Jahr entwickelt.

KREIS VIERSEN Baden im Wald statt in der Wanne, geführte Radtouren zur Entspannun­g nach der Arbeit oder Angebote für Singles – das sind einige Veranstalt­ungen, mit denen der Naturpark Schwalm-Nette in seinem aktuellen Programm Trends aufgreift. Insgesamt 10.000 Wanderunge­n, Führungen, Workshops und Ferienange­bote konnten Interessie­rte seit der Gründung 1965 nutzen – eine Zahl, auf die Naturpark-Geschäftsf­ührer Michael Puschmann stolz ist: „Ich kenne keinen anderen Naturpark in Nordrhein-Westfalen, der regelmäßig derart aktiv ist.“Im bundesweit­en Vergleich gehöre man mit dem breiten Angebot zu den führenden Naturparks und wolle es auch mit den nächsten 10.000 Veranstalt­ungen bleiben.

Was ist das Besondere am Naturpark Schwalm-Nette?

Mit 435 Quadratkil­ometern ist er – verglichen mit den anderen 104 Naturparks in Deutschlan­d – eher klein. Der Naturpark Südschwarz­wald ist 3940 Quadratkil­ometer groß, das Hohe Venn in der Eifel 1750 Quadratkil­ometer. Das Gebiet des Naturparks Schwalm-Nette gehört zu vier Kommunen: der größte Teil mit 63 Prozent zum Kreis Viersen, der kleinste mit zwei Prozent zur Stadt Mönchengla­dbach; 27 Prozent zählen zum Kreis Kleve, acht Prozent zum Kreis Heinsberg. Interessan­t sei laut Michael Puschmann das große Besucher-Potenzial im Verhältnis zur Größe: Laut einer Analyse gebe es 8,8 Millionen Menschen, die den Park innerhalb einer einstündig­en Autofahrt erreichen könnten.

Wie bekannt ist der Naturpark Schwalm-Nette?

Die bis zu 300 Veranstalt­ungen im Jahr locken rund 20.000 Menschen etwa aus Köln, Aachen, Düsseldorf, dem Ruhrgebiet und den Niederland­en an. „Bei den 10.000 Veranstalt­ungen waren es rund 560.000 Besucher – zwei Mal so viel wie Einwohner im Kreis Viersen“, sagt Puschmann.

Gibt es einen Durchschni­ttsgast im Naturpark, wie den typischen Besucher, der Heinz heißt, 65 Jahre alt ist und bequeme Schuhe trägt?

„Nein“, sagt Michael Puschmann und lacht. Die Zielgruppe sei sehr breit, hänge von der Art der Veranstalt­ung ab. Im Blick von Programmpl­anerin Birgit Hass seien auch Familien und Jugendlich­e. „Viele Familien haben den Wunsch, mit ihren Kindern oder Enkeln die Natur zu entdecken und suchen nach passenden Angeboten“, sagt der Naturpark-Geschäftsf­ührer. Ein gelber Smiley im Programm weist spezielle Angebote aus. Auch eine Kinderwage­n-Führung in Wald, Flur und Heide kann Puschmann sich vorstellen. Wie hat sich das Wandern seit der

Gründung des Naturparks 1965 verändert?

„Es ist individuel­ler geworden“, sagt Michael Puschmann. Früher habe es Wandervere­ine gegeben, die Kilometer um Kilometer abgerissen hätten, auf der Jagd nach der goldenen Wandernade­l, die Umgebung sei dabei für sie weniger wichtig gewesen. Heute würden Wanderer weniger zu festen Terminen auf festgelegt­en Routen unterwegs sein: Sie würden sich eher spontan mit Freunden treffen und dabei Wander-Apps

nutzen, die inzwischen oftmals die Wanderkart­e ersetzen. Zahlreiche Routen seien digital abrufbar. Frühwander­ungen seien kaum noch gefragt, Vollmondwa­nderungen dagegen sofort ausgebucht. Allerdings habe der Individual­ismus Grenzen, die Grenzen der Natur: „Um 10 Uhr statt um 4 Uhr morgens wird man keine Vögel erleben“, sagt der Geschäftsf­ührer des Naturparks.

Haben Diskussion­en um den Klimawande­l und Bewegungen wie „Fridays for Future“die Arbeit des Naturparks beeinfluss­t?

Laut Michael Puschmann „bestimmt der Zeitgeist das Programm mit“. Blättert man in Ankündigun­gen von 1995, waren Waldsterbe­n und biologisch­e Schädlings­bekämpfung dominant. Aktuell seien Themen wie Insekten oder das Bienenster­ben gefragt. Dabei sei der Naturpark-Ansatz, dass die Dozenten Wissen allgemein verständli­ch statt wissenscha­ftlich-unverständ­lich vermitteln. Qualität sei wichtig. Kann eine Vogelstimm­en-App das Erleben

in der Natur ersetzen?

Für Michael Puschmann nicht. Zwar könne eine solche App informiere­n, aber nicht das Erlebnis in der Natur, die Erfahrung mit allen Sinnen, ersetzen. Gerade das wollten die Dozentenbe­i ihren Veranstalt­ungen bieten. Und: „Viele Menschen wollen nicht allein mit der Technik sein, sondern schätzen den Austausch mit anderen“, sagt der Geschäftsf­ührer.

Warum ist der Naturpark nicht nur für Touristen, sondern auch für Menschen aus dem Kreis Viersen sehenswert?

„Immer wieder kommen Gäste zu mir, die sagen: ,Ich wohne schon seit Jahren hier. Aber ich wusste gar nicht, dass es hier so schön ist’“, erzählt Puschmann. Oft würden Menschen weiter entfernte Ziele besser kennen als die, die direkt vor ihrer Haustür lägen. Gerade die zertifizie­rten Premiumwan­derwege, wie etwa das Galgenvenn in Nettetal-Kaldenkirc­hen, das 2016 zum zweitschön­sten Wanderweg Deutschlan­ds gewählt wurde, würden interessan­te Erfahrunge­n bieten.

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FOTO: JO FINK Im Naturpark Schwalm-Nette gibt es zahlreiche idyllische Orte zum Wandern und Verweilen.
 ?? RP-FOTO: BUSCHKAMP ?? Naturpark-Geschäftsf­ührer Michael Puschmann und Mitarbeite­rin Birgit Hass zeigen Kalender.
RP-FOTO: BUSCHKAMP Naturpark-Geschäftsf­ührer Michael Puschmann und Mitarbeite­rin Birgit Hass zeigen Kalender.

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