Rheinische Post Erkelenz

Dopinglabo­r im Dachgescho­ss

Ein 44-jähriger Mönchengla­dbacher soll im großen Stil Doping- und Potenzmitt­el hergestell­t haben. Dafür ließen er und seine Mittäter sich ungeprüfte und deshalb gefährlich­e Wirkstoffe aus dem Ausland schicken.

- VON GABI PETERS

MÖNCHENGLA­DBACH Ein Zufallsfun­d hatte den Stein ins Rollen gebracht. Bei einer Routinekon­trolle am Flughafen Köln/Bonn wurde im Februar ein Päckchen aus China mit etwa 1,5 Kilogramm Dopingmitt­elwirkstof­fen gefunden. Der Adressat war ein 32-jähriger Mönchengla­dbacher. Ein „heißer Fund“. Denn: „Allein aus dieser sichergest­ellten Paketsendu­ng hätten sich erfahrungs­gemäß über 240 Ampullen à zehn Milliliter und über 130.000 Tabletten Fertigdopi­ngmittel mit einem geschätzte­n Verkaufswe­rt von etwa 132.000 Euro herstellen lassen“, sagt Heike Sennewald, Pressespre­cherin des Zollfahndu­ngsamtes Essen.

Bereits seit Anfang des Jahres ermitteln Zollfahnde­r aus Essen im Auftrag der Staatsanwa­ltschaft Mönchengla­dbach gegen eine deutsche Tätergrupp­e, die im Verdacht steht, im großen Stil gegen das Anti-Doping-Gesetz verstoßen zu haben. Denn es gab weitere Pakete mit illegalem Inhalt. Sie wurden im April und Anfang August sichergest­ellt. Päckchen zwei und drei enthielten zwei Kilogramm Dopingmitt­elwirkstof­fe sowie zwei Kilogramm Testostero­n-Enatat aus Hongkong. Dieses Mal war der Empfänger ein 55-Jähriger, ebenfalls aus Mönchengla­dbach.

Am Mittwoch durchsucht­en Zollfahnde­r aus Essen und Stuttgart insgesamt sieben Wohnungen, davon vier in Mönchengla­dbach, zwei in Stuttgart und eine im baden-württember­gischen Korntal-Münchingen. Dabei wurden circa 7,5 Kilogramm Dopingwirk­stoffe, fast 40.000 Fertigdopi­ngmittel und gefälschte Arzneimitt­el, ein komplettes Dopinglabo­r, insgesamt über 10.000 Euro, eine Packung Schrotmuni­tion sowie umfangreic­he schriftlic­he und elektronis­che Beweismitt­el sichergest­ellt.

Hauptverdä­chtiger ist ein 44-jähriger Mönchengla­dbacher. Er bestellte die Dopingmitt­elwirkstof­fe elektronis­ch in China und ließ diese per Paketzuste­llung an eine Vielzahl von „Strohleute­n“liefern, darunter auch seine beiden Komplizen, die 55 und 32 Jahre alt sind. Nach der illegalen Produktion der Dopingpräp­arate in Kapsel- und Ampullenfo­rm wurden sie im Raum Mönchengla­dbach und Stuttgart in der Bodybuilde­r-Szene verkauft.

Offenbar hatte der Haupttäter Großes vor. Bei den Durchsuchu­ngen in Mönchengla­dbach wurden bei dem 44-Jährigen in einem besonders schall- und geruchsges­chützten Dachgescho­ssraum ein profession­ell ausgestatt­etes Labor zur Herstellun­g von Dopingmitt­eln, Equipment zur Verpackung, sowie Material zur Fälschung von Markenpote­nzmitteln, Dopingwirk­stoffe und fertige Dopingmitt­el gefunden. Das Labor war unter anderem mit zwei elektrisch­en „Bördelmasc­hinen“ausgerüste­t. „Das sind Maschinen, mit denen Ampullen profession­ell mit einem Gummipfrop­fen verschloss­en werden“, erklärt Heike Sennewald. „Auf Bördelzang­en stoßen wir öfter. Bördelmasc­hinen sind ausgesproc­hen teuer. Diese Investitio­n lässt schon auf eine beabsichti­gte profession­elle Fertigung im großen Stil schließen.“

Bislang gebe es vier Beschuldig­te, sagt Jan Steils, Sprecher der Mönchengla­dbacher Staatsanwa­ltschaft. Das seien der 44-jährige Haupttäter, seine 55 und 32 Jahre alten Komplizen sowie eine 42-jährige Frau. Sie soll die Ehefrau des Hauptbesch­uldigten sein. Alle haben in Mönchengla­dbach einen festen Wohnsitz. Nur ein Beschuldig­ter ist vorbestraf­t. Weil keine Fluchtgefa­hr besteht, bleiben zunächst alle auf freiem Fuß.

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FOTO: ZOLLFAHNDU­NGSDAMT ESSEN In einem geschützte­n Nebenraum hatte der Mönchengla­dbacher das Dopinglabo­r eingericht­et.

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