Wenn Feuerwehrleute nicht mehr schlafen können
Die Feuerwehr hat ein PSU-Team eingerichtet. Jörg Brocker erklärt, welche Aufgaben sein Team zur psychosozialen Unterstützung hat.
Seit wann sind Sie Feuerwehrmann?
Jörg Brocker Ich bin seit Anfang 1989 bei den aktiven Feuerwehrleuten. Davon war ich vier oder fünf Jahre bei der Jugendfeuerwehr. Also schon ziemlich lange.
Welche Position haben Sie?
Jörg Brocker Ich bin Hauptfeuerwehrmann der Löschgruppe Moorshoven. Dort bin ich Schriftführer und dadurch auch automatisch im geschäftsführenden Vorstand. Dann bin ich hier Leiter des PSU-Teams in der Stadt Wegberg und ich bin Mitglied im PSU-Team auf Kreisebene.
Was gibt es für belastende Ereignisse für Helfer?
Jörg Brocker Es gibt leider viele belastende Einsätze, zum Beispiel Brände oder Verkehrsunfälle mit Verletzten oder leider auch Toten. Besonders belastend für uns sind Einsätze, bei denen Kinder zu Schaden kommen. Das ist das Schlimmste, was es gibt.
Wie kam es zu dem PSU-Team? Jörg Brocker Vor ein paar Jahren wurde ich vom Stadtbrandmeister Dietmar Gisbertz angesprochen, ob ich mir vorstellen kann, den PSU-Assistenten an der Landesfeuerwehrschule in Münster zu machen. Da mich das Thema schon länger interessiert hat, habe ich sofort zugesagt. Letztes Jahr hab ich den Lehrgang in Münster gemacht. Zudem wurde Ende des vergangenen Jahres ein PSU-Helfer-Lehrgang auf Kreisebene angeboten, der von zwei Kameradinnen und zwei Kameraden aus Wegberg erfolgreich absolviert wurde.
Warum haben Sie sich für die Leitung des PSU-Teams entschieden? Jörg Brocker Die seelische Belastung der Einsatzkräfte nimmt immer mehr zu. Der entsprechende Lehrgang an der Landesfeuerwehrschule in Münster beinhaltete 120 Unterrichtsstunden. Durch den Abschluss habe ich die Qualifikation für die Leitung eines PSU-Teams erlangt. Als mich Stadtbrandmeister Dietmar Gisbertz gefragt hat, ob ich ein PSU-Team in Wegberg leiten möchte, habe ich zugesagt.
Inwiefern hilft das PSU-Team denen, die Hilfe brauchen?
Jörg Brocker Wir helfen unseren Kameradinnen und Kameraden, indem wir sie während besonders belastenden Einsätze betreuen. Wir führen dann ein sogenanntes Einzelkurzkriseninterventionsgespräch (EKK). Sinn und Zweck ist es, die aktuelle Stressbelastung zu verringern und den Betroffenen zu stabilisieren. Auch geht es darum, die positive Verarbeitung einzuleiten. Eine weitere Aufgabe ist die Nachsorge nach belastenden Einsätzen in Form eines Gruppengesprächs. Natürlich bieten wir auch jederzeit Einzelgespräche an.
Wie sehen denn die Qualifikationen der PSU-Mitglieder der Feuerwehr Wegberg aus?
Jörg Brocker Wir haben vier PSU-Helfer, ich bin PSU-Assistent.
Waren Sie denn schon mal selbst durch belastende Ereignisse betroffen?
Jörg Brocker Zum Glück noch nicht.
Gibt es unterschiedliche Arten, wie Betroffene damit umgehen?
Jörg Brocker Die Reaktionen der Betroffenen sind ganz unterschiedlich. Einige ziehen sich zurück, andere wollen reden. Für uns ist die Herausforderung, für jeden den richtigen Weg zu finden. Wir sind mit unserem Team super gut aufgestellt und haben zwei Frauen dabei. Wir vertreten die Altersklasse von Anfang 20 bis Mitte 50, bilden also das komplette Spektrum ab. Ich bin sehr froh darüber, dass wir in unserem PSU-Team Wegberg so gut aufgestellt sind.
Wie stark ist das PSU-Team eingebunden?
Jörg Brocker Alle Mitglieder des PSU-Teams sind in der Feuerwehr. Der Einsatzleiter fordert uns bei Bedarf über die Kreisleitstelle an. Am Einsatzort sprechen wir dann das weitere Vorgehen mit dem Einsatzleiter ab. Dieses Jahr waren wir bislang zweimal im Einsatz.
Wie lange kümmert sich das PSUTeam um einen Betroffenen?
Jörg Brocker Eine genaue Zeitangabe gibt es nicht. Wir nehmen schnell mit dem Betroffenen Kontakt auf. Spätestens nach einem Tag melden wir uns wieder bei ihm. Dann sprechen wir mit dem Betroffenen das weitere Vorgehen ab. Wenn wir merken, dass es keine Besserung gibt oder dass es in die falsche Richtung läuft, gibt es die Möglichkeit, über die Unfallkasse NRW professionelle Hilfe für den Betroffenen zu bekommen. Dann stellen wir den Kontakt her.
Was machen Sie, wenn der Betroffene lange Zeit nach den belastenden Ereignissen immer noch Hilfe braucht?
Jörg Brocker Wir kümmern uns natürlich weiter um ihn. Wenn wir feststellen, dass er weitere Hilfe braucht, schalten wir die Unfallkasse ein. Dort gibt es Psychologen, die sich um ihn kümmern.
Gab es vor dem PSU-Team schon mal etwas Vergleichbares?
Jörg Brocker Bevor es das PSUTeam gab, haben die Betroffenen mit Kameraden und Vorgesetzten gesprochen. Viele haben sich allerdings nicht getraut, weil das möglicherweise als Schwäche falsch verstanden wird. Deshalb finde ich es gut, dass es jetzt eine unabhängige Stelle gibt, an die sich Kameraden wenden können. Die Feuerwehrleute können mich direkt erreichen. Jeder bekommt meine Telefonnummer, so dass niemand mitbekommt, wenn ein Gespräch gewünscht wird. Die Treffpunkte können individuell vereinbart werden. Die Gespräche sind selbstverständlich vertraulich.
Ist eigentlich jede Feuerwehr mit einem PSU-Team ausgestattet?
Jörg Brocker Nicht jede Feuerwehr hat ein eigenes PSU-Team. Für den Kreis Heinsberg gibt es die Kreiseinheit, bei der ich auch mitarbeite. In Wegberg hat Stadtbrandmeister Dietmar Gisbertz die Notwendigkeit erkannt. Deshalb hat er sich für ein solches Team hier in Wegberg stark gemacht und uns sehr gut ausgestattet. Wir sind sehr dankbar, dass er uns so stark unterstützt.