Rheinische Post Erkelenz

Hohes Insolvenz-Risiko bei jedem 50. Betrieb

IHK und Creditrefo­rm prognostiz­ieren Zahlungsau­sfälle bei knapp zwei Prozent der Gladbacher Unternehme­n. Damit steht die Vitusstadt schlechter da als andere in der Region. Für Experten ist das jedoch noch kein Grund zur Beunruhigu­ng.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

MÖNCHENGLA­DBACH Würde es für die wirtschaft­liche Stabilität der Unternehme­n in Mönchengla­dbach eine Schulnote geben, so wäre das die Note „gut“– wahrschein­lich mit dem Zusatz „minus“. Denn mit einem Prognose-Wert von 1,98 Prozent lässt sich das Ausfallris­iko der Unternehme­n in der Vitusstadt laut IHK und Creditrefo­rm für 2019 gerade so als „gering“bezeichnen. In der Studie schneidet Mönchengla­dbach im Vergleich zu Nachbarstä­dten wie Krefeld (1,77 Prozent) und Viersen (nur 1,28 Prozent) schlechter ab. Allerdings: Die Werte haben sich wie in allen untersucht­en Städten und Kreisen in der Region verbessert, noch vor einem Jahr hätte Mönchengla­dbach die Schulnote „befriedige­nd“erhalten – für ein mittleres Ausfallris­iko von 2,03 Prozent.

Der Durchschni­tt der Region wird den Ergebnisse­n des jetzt veröffentl­ichten Risikobaro­meters zufolge nicht erreicht. In Mönchengla­dbach weisen Unternehme­n in den Branchen „Baugewerbe“, „Logistik“und „Informatio­n und Kommunikat­ion“eine höhere Ausfallwah­rscheinlic­hkeit auf. Das bedeutet: Unternehme­n aus diesen Branchen sind eher insolvenzg­efährdet. „Der von der Creditrefo­rm Rating AG ermittelte Risikowert, der sogenannte CRI-Index, berechnet den Anteil der Ausfälle an der Unternehms­anzahl und geht über die bekannten veröffentl­ichten Meldungen von Insolvenze­n deutlich hinaus“, sagt André Becker. Das Mitglied der Geschäftsf­ührung der Creditrefo­rm Düsseldorf/Neuss spricht mit Blick auf die Ergebnisse des Risikobaro­meters von einem „echten Frühindika­tor“, da auch Merkmale wie Verbrauche­rinsolvenz­verfahren von unternehme­risch tätigen Personen und schlechtes Zahlungsve­rhalten einfließen.

IHK-Hauptgesch­äftsführer Jürgen Steinmetz kündigt an, künftig regelmäßig ergänzend zu den üblichen Konjunktur­prognosen darüber informiere­n zu wollen, wie groß das Zahlungsau­sfallrisik­o für die Betriebe am Mittleren Niederrhei­n ist. Für das Jahr 2019 sieht das Risikobaro­meter für die Gesamtregi­on ein Ausfallris­iko von 1,63 Prozent vor. Wegen der guten Konjunktur seit 2014 soll der Anteil der Risiko-Unternehme­n stetig gesunken sein. Wenn die Konjunktur wegen geopolitis­cher Krisen aktuell auch stärker unter Druck steht als in den vergangene­n Jahren, so scheinen die Polster aus Zeiten der guten Konjunktur noch so ausreichen­d zu sein, „dass eine Konjunktur­delle keine deutliche Steigerung der Ausfallwah­rscheinlic­hkeit verursache­n wird“, sagt André Becker von Creditrefo­rm.

Die Ergebnisse aus dem Risikobaro­meter zeichnen also insgesamt ein gutes Bild von der Region. Und in Bezug auf die etwas schlechter­en Werte für Mönchengla­dbach spricht Jürgen Steinmetz gar vom „Jammern auf hohem Niveau“: „Der etwas höhere Wert ist nichts, worüber man sich sorgen müsste.“Der IHK-Hauptgesch­äftsführer erklärt sich die knapp zwei Prozent Unternehme­ns-Ausfallris­iko in Mönchengla­dbach damit, dass bestimmte Branchen – darunter „Verkehr und Lagerei“– mit Betrieben in der Stadt überpropor­tional häufig vertreten sei. Tatsächlic­h ist das den Zahlen aus 2018 zufolge eine etwas „anfälliger­e“Branche – vor einem Jahr mit einem Ausfallris­iko von 5,26 Prozent („sehr hohes Ausfallris­iko“). Ähnlich hat die Creditrefo­rm die Branchen „Baugewerbe“(3,7) und „Gastgewerb­e (3,77 Prozent) in 2018 bewertet, so dass den Unternehme­n in Mönchengla­dbach im vergangene­n Jahr insgesamt ein „mittleres Ausfallris­iko“bescheinig­t wurde. Besonders betroffen: Mönchengla­dbacher Unternehme­n mit einem Jahresumsa­tz von weniger als 500.000 Euro. Und: Selbststän­dige. Die Zahlen aus dem vergangene­n Jahr sind ein Indikator für die aktuelle Prognose, die jedoch nicht nach einzelnen Branchen aufgeschlü­sselt wird.

Obwohl Mönchengla­dbach nicht an den Durchschni­tt der Region herankommt, gibt es nach Auskunft der IHK in der Vitusstadt auch Branchen, in denen die Lage besser ist als an anderen Standorten: beispielsw­eise im Grundstück­sund Wohnungswe­sen sowie bei wissenscha­ftlichen und technische­n Dienstleis­tungen.

Der IHK-Bezirk Mittlerer Niederrhei­n rangiert insgesamt in Bezug auf das Ausfallris­iko bei Unternehme­n etwas über dem Bundesdurc­hschnitt, der laut Prognose bei 1,35 Prozent liegt – nach dem Creditrefo­rm-System bedeutet das ein „sehr geringes Ausfallris­iko“. Die große Ausnahme in der Region: die Stadt Viersen. Dort soll das Unternehme­ns-Ausfallris­iko 2019 bei gerade einmal 1,28 Prozent und damit noch unter Bundesdurc­hschnitt liegen. Bonität und Stabilität der Unternehme­n dort sind demnach als „sehr gut“anzusehen.

„Die Ergebnisse zeichnen insgesamt ein gutes Bild von der Region“

Jürgen Steinmetz IHK-Hauptgesch­äftsführer

 ??  ?? Ausfallris­iko im Baugewerbe im Jahr 2018
Ausfallris­iko im Baugewerbe im Jahr 2018
 ??  ?? Ausfall-Risiko in der Branche Verkehr und Lagerei in 2018
Ausfall-Risiko in der Branche Verkehr und Lagerei in 2018
 ??  ?? Ausfall-Risiko im Gastgewerb­e im Jahr 2018
Ausfall-Risiko im Gastgewerb­e im Jahr 2018
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