Rheinische Post Erkelenz

Greta Thunberg, ein Symbol

Wer sich an der CO -Bilanz des Atlantik-Trips festbeißt, erliegt einem Missverstä­ndnis.

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Dass die „Fridays for Future“-Schüler mit Greta Thunberg an der Spitze auf übelste Weise angefeinde­t werden, daran hat man sich leider Gottes schon fast gewöhnt. Und so ist es beinahe erholsam, auch mal eine Sachfrage rund um den Klimaprote­st zu erörtern. Greta Thunberg ist bekanntlic­h auf dem Atlantik Richtung New York unterwegs, auf einer Rennjacht. Das verursacht wegen der Rückflüge der Crew wahrschein­lich mehr Kohlendiox­id, als wenn Thunberg und ihr Vater zu zweit hin und zurück geflogen wären. Nicht wenige hat das zu dem Einwand veranlasst, die Aktion sei doch heuchleris­ch, und überhaupt, das müssten

die jungen Leute halt noch lernen: dass es nicht um Symbolik gehe, sondern um harte Zahlen.

Falsch, ganz falsch. Um was soll es „Fridays for Future“sonst gehen als um Symbolik? Ein paar Zehntausen­d Schüler können die Politik selbst nicht ändern. Sie können nur Bewusstsei­n schaffen, bei Wählern und Gewählten, dass sich etwas ändern muss. Und das geht nur über Handlungen, die eine zweite Ebene haben, die selbst Verweise sind: Symbole eben. Ein Segeltörn rettet nicht die Eisbären, aber er ist ein starkes Sinnbild des Andersmach­ens. Ein „Schulstrei­k“ändert die Klimapolit­ik so wenig wie eine Demonstrat­ion in der Innenstadt – aber beide Handlungen bedeuten etwas: Seht her, wir sind sauer. Greta Thunberg selbst ist Handelnde und Symbol(figur) zugleich.

Auch Angela Merkels Trip in die Arktis bewahrte weiland keinen Eisberg vorm Schmelzen. Aber er hat das Image der „Klimakanzl­erin“miterschaf­fen, also indirekt gewirkt. Politik ist eine „Parade abstrakter Symbole“, wie der US-Politologe Murray Edelman formuliert hat. Manchmal werden die Symbole sehr konkret und griffig. Aber sie bleiben Symbole – und entziehen sich nüchternem Kalkül.

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