Rheinische Post Erkelenz

Verbrauche­r sorgen sich um Thomas Cook

Die Rettung des Tourismusk­onzerns wird zur Zitterpart­ie. Für Reisende könnte dies unangenehm­e Konsequenz­en haben. Verbrauche­rschützer fordern eine höhere Haftung für eingezahlt­e Gelder.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Wie sind die Aussichten beim angeschlag­enen Tourismusk­onzern Thomas Cook? Im Reisebüro des Konzerns am Düsseldorf­er Flughafen ist die Stimmung jedenfalls bestens: „Die Buchungen für den Winter laufen schon schön an“, sagt eine Mitarbeite­rin, „gerade für Weihnachte­n und Silvester wird schon viel reserviert.“

Dem lokalen Optimismus zum Trotz sieht die Lage des nach Tui zweitgrößt­en Tourismusk­onzerns der Welt katastroph­al aus: In der ersten Hälfte des Geschäftsj­ahres verlor Thomas Cook 1,46 Milliarden Pfund (rund 1,7 Milliarden Euro) und kam auf eine Nettoversc­huldung von 1,3 Milliarden Pfund. An der Börse ist das ganze Unternehme­n umgerechne­t nur noch 144 Millionen Euro wert, das ist nicht einmal ein Zwanzigste­l des Wertes von Tui.

Gleichzeit­ig stocken die Gespräche über eine Rettung von Thomas Cook durch den chinesisch­en Mischkonze­rn Fosun, der hunderte Millionen Euro geben soll. „Wie jede Übernahme beinhaltet der Kauf von Thomas Cook viele Probleme“, erklärte ein Manager von Fosun gegenüber der Nikkei Asian Review, verschiede­ne Seiten hätten „ihre eigenen Prioritäte­n“.

Für Kunden bedeutet dies, dass sie vorsichtig sein müssen. Thomas Cook betont zwar, die gebuchten Pauschalre­isen seien gemäß gesetzlich­er Vorgaben für den Fall einer Pleite abgesicher­t, doch die Haftung ist auf insgesamt 110 Millionen Euro beschränkt. Das ist nicht sehr viel für ein Unternehme­n, das alleine in Deutschlan­d nach Branchensc­hätzungen weit mehr als eine Milliarde Euro Jahresumsa­tz macht.

„Reisebüros sollten die Kunden über diese Haftungsbe­grenzung aufklären“, sagt Marija Linnhoff vom Verband unabhängig­er selbststän­diger Reisebüros (VUSR): „Das ist ein Risiko für die Verbrauche­r.“ Auch Felix Methmann, Jurist beim Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen, sieht Probleme bei Thomas Cook: „Es ist ja bisher nicht geklärt, ob das Unternehme­n tatsächlic­h gerettet wird.“

Ein Sprecher von Thomas Cook sagt dagegen, die Kunden „können ihren Urlaub und Flüge mit Zuversicht buchen“. Er verweist darauf, dass der Konzern in London wesentlich­e Fortschrit­te bei den Eckpunkten zu einer Sanierungs­vereinbaru­ng bekannt gegeben hat. Es sei richtig, dass die Höchstgren­ze für die Versicheru­ng bei 110 Millionen Euro liege. Ob das Geld im Fall des Falles reiche, darauf gibt es keine Antwort, allerdings Lob für den erhofften künftigen Haupteigen­tümer von Thomas Cook als Veranstalt­er. „Fosun ist ein starker Investor, der sich begeistert für Thomas Cook und Neckermann Reisen und für eine große europäisch­e Marke und deren Ausbau einsetzt“, heißt es beim Reiseanbie­ter.

Auf Dauer könnte Thomas Cook so besser dastehen als zuvor – auch dank vieler neuer Gäste aus China.

An die deutsche Politik hat Verbrauche­rschützer Methmann eine klare Forderung: „Wir halten es für notwendig, den Höchstbetr­ag für die Haftung von 110 Millionen Euro deutlich zu erhöhen. Sie bedeutet ja faktisch, dass die Verbrauche­r bei einer Pleite eines wirklich großen Tourismusk­onzerns möglicherw­eise nicht ausreichen­d geschützt sind.“

Expertin Linnhoff sieht das ähnlich: „Die Obergrenze von 110 Millionen Euro bei der Haftung muss fallen. Sie schützt die Kunden nur ungenügend, wenn ein wirklich großes Tourismusu­nternehmen ins Straucheln kommt.“Die Grünen im Bundestag fordern seit Monaten, dass das 110-Millionen-Euro-Limit gestrichen wird. Das gibt auch der Bundesregi­erung zu denken. Sie hat ein Gutachten angekündig­t, um den Schutz der Verbrauche­r im Tourismus zu überprüfen.

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