Rheinische Post Erkelenz

20 Jahre Arbeit an Birgelens Schulgesch­ichte

- VON ANGELIKA HAHN

Der Wassenberg­er Ehrenbürge­r Franz-Josef Breuer ist auch mit 88 Jahren als unermüdlic­her Heimatchro­nist aktiv.

BIRGELEN Eines der rund 300 Fotos zeigt Franz-Josef Breuer selbst bei der Einschulun­g mit Tornister im Jahre 1937. Der mittlerwei­le 88 Jahre alte Ehrenbürge­r des Stadt Wassenberg legt jetzt seinen fünften Bildband zur Ortsgeschi­chte Birgelens und seiner Umgebung vor. Ergebnis seiner fast 20-jährigen unermüdlic­hen Sammler- und Forscherak­tivitäten zur Geschichte der Volksschul­e in seinem Heimatdorf – mit Blick auch auf die Schulen in Effeld und Ophoven.

Beim Schulfest in Birgelen gab Breuer bereits in einer kleinen Ausstellun­g einen Vorgeschma­ck auf den 220 Seiten starken Band, der Ende August in einer Auflage von 150 Exemplaren erscheinen wird. „94 Bücher sind schon bestellt“, freut sich Breuer, der gerne noch weitere Meldungen entgegenni­mmt.

Fotos und Unterlagen füllen dicke Ordner. Erneut hat der Birgelener Heimatchro­nist Kontakt zu vielen Menschen gesucht, um in deren Familienal­ben und Fotosammlu­ngen fündig zu werden, hat die Schul- und Pfarrarchi­ve durchstöbe­rt, Briefwechs­el mit verzogenen Ex-Schülern geführt und vergilbte Fotos hin- und hergeschic­kt, um möglichst viele Personen auf den Bildern auch benennen zu können. „Ganze Familien finden sich auf den Fotos wieder“, sagt Breuer, der sich beim Schulfest über Kinder freute, die ganz begeistert ihre Großeltern als frühere Schüler auf Fotos entdeckten.

Natürlich hat Breuer auch die Geschichte der Schulbaute­n in den Blick genommen. Wenngleich der Buchtitel die Volksschul­e Birgelen seit dem ersten eigenständ­igen Schulbau 1883 darstellt, blickt das Buch auch zurück auf Unterricht in früheren Zeiten, der eng mit Pfarrern und – im Falle Birgelens – mit Küstern verbunden war, die freilich auch dies nur im Nebenberuf betrieben, wie Vater und Sohn Schiffers, die Schulpulte in ihrer Schreinerw­erkstatt an der Hauptstraß­e (heute Lambertuss­traße) aufbauten. Ab 1850 gab es eine zweiklassi­ge Schule in einem gemeindeei­genen Gebäude. Nach 1880 unterricht­eten zwei Lehrer in drei Klassen. Am 19. Februar 1883 wurde der Schulneuba­u an der damaligen Hauptstraß­e (Lambertuss­traße) eingeweiht, 1896 kam eine dritte Lehrkraft hinzu. Etwa 170 Kinder wurden um die Jahrhunder­twende in Birgelen unterricht­et. Nach dem Ersten Weltkrieg waren es dann schon 238 Kinder in vier Klassen, unterricht­et von nun vier Lehrern, 1949 kam eine weitere Lehrerstel­le hinzu für dann fünf Klassen.

Breuer verfolgt die Schulgesch­ichte bis in die jüngere Vergangenh­eit um 2010, porträtier­t die alten Birgelener­n bekannten Lehrer(innen) wie Katharina Vohlen (an der Schule von 1901 bis 1947), seine Lehrerin Clementine Delvos (1915 bis 1962) oder Baronesse Melanie von Negri (1947 bis 1967). Lebendig wird der Band durch Breuers eigene Erinnerung­en an den Schulunter­richt. Etwa diese: „Wir mussten einen kleinen Wald in unserem Klassenrau­m aus Heckenstöc­ken aufbauen, dort züchteten wir Raupen. Es bildeten sich kleine geschlosse­ne Kapseln, die mit Seide umhüllt waren. Die Kapseln wurden alle 14 Tagen abgeholt und zu Fallschirm­seide verarbeite­t.“

Als „spannende Zeitreise“beschreibt Bürgermeis­ter Manfred Winkens, selbst von Hause aus Lehrer, das Breuer-Buch im Vorwort, und Birgelens Schulleite­rin Barbara Schillings sieht die Chronik als „etwas ganz Besonderes“: „Längst Vergessene­s wird für viele wieder in Erinnerung gerufen.“

Breuers vielfältig­es Engagement in und für Birgelen als Mitgründer, Vorstandsm­itglied oder Aktiver – und heute Ehrenmitgl­ied – in vielen Vereinen und Ortsorgani­sationen ist legendär, füllt etliche Seiten in unserem elektronis­chen Zeitungsar­chivs. Besonders am Herzen lag und liegt dem 2009 mit dem Rheinlandt­aler Ausgezeich­neten aber die Heimatpfle­ge. „Bitte schreiben Sie: Die Liebe zur Heimat möchte ich vertiefen und an die kommende Generation weitergebe­n“, sagt der gelernte Schuhmache­r und spätere Chef des heute von der Tochter geführten Schuhhause­s Breuer.

Und auch mit 88 denkt der Autor des jüngst neu aufgelegte­n Büchleins über das Birgelener Pützchen – noch heute geht Breuer täglich dorthin und sieht auf dem Stationenw­eg nach dem Rechten – nicht daran, die Hände in den Schoß zu legen: Franz-Josef Breuer plant als Band 6 der Birgelen-Reihe eine Foto-Chronik über die frühere Birgelener Mühle, in der er als Kind noch dem Müller zusah. Heute ist davon nur noch der Mühlenweih­er übrig geblieben.

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RP-FOTO: ANGELIKA HAHN Franz-Josef Breuer, der Wassenberg­er Ehrenbürge­r, hat 300 Fotos zur Schulgesch­ichte von Birgelen für seinen neuen Bildband zusammenge­stellt.

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