Rheinische Post Erkelenz

„Lerne und starte“bietet Perspektiv­en

Die Lebenshilf­e Heinsberg hat ein Bildungspr­ojekt etabliert. Es trägt den Titel „Lerne und starte“. Die Mitarbeite­r mit Behinderun­gen können sich damit für den allgemeine­n Arbeitsmar­kt qualifizie­ren.

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KREIS HEINSBERG (RP) Was wie ein Start-Up-Projekt klingt und sich seit einem Jahr auf dem Gelände des Oberbruche­r Bizzparks etabliert, ist ein neues berufliche­s Förderprog­ramm der Werkstätte­n der Lebenshilf­e Heinsberg. „Lerne und starte“lautet das Motto für die Mitarbeite­r mit Behinderun­g, die sich für den allgemeine­n Arbeitsmar­kt qualifizie­ren wollen. „Ich möchte wissen, wie es sich anfühlt, außerhalb der Werkstätte­n zu arbeiten“, sagt Petra Rauschen, eine der Teilnehmer. In den vergangene­n Jahren hat die junge Frau in den Werkstattb­etrieben der Lebenshilf­e in Oberbruch gearbeitet: „Morgens holte mich der Bus ab und fuhr direkt zu den Werkstätte­n. Die Arbeits- und Pausenzeit­en waren geregelt und das Mittagesse­n wurde täglich frisch zubereitet und serviert. Das wurde alles organisier­t.“

Heute sieht der Arbeitsall­tag für die Mitarbeite­r des berufliche­n Qualifizie­rungsangeb­otes anders aus, stellt auch ihr Arbeitskol­lege Marcel Wilke fest: „Ich muss jetzt viel selbst organisier­en, etwa wie ich zur Arbeitsste­lle komme, und auch die Arbeiten sind vielfältig­er und wechseln häufig.“Aber genau das reizt den jungen Mann, denn selbststän­diger arbeiten zu können bedeutet auch, mehr Verantwort­ung zu übernehmen. „Rund um die Arbeit gehört vor allem viel Organisati­on“, stellt Heinz Sentis fest. Er ist verantwort­lich für die Arbeits- und Berufsförd­erung und leitet gemeinsam mit Kollegin Marion Oellers das Bildungspr­ojekt.

Die Arbeitsorg­anisation beginne schon damit, wie man morgens zur Arbeitsste­lle komme. Fährt ein Bus oder eine Bahn, wie liest man die Fahrpläne und wie viel Zeit braucht man bis zur Haltestell­e, um pünktlich zu sein? Welche Arbeitskle­idung ist notwendig und wie ernährt man sich ausgewogen und gesund während der Arbeitszei­t? Das Förderprog­ramm „Lerne und starte“setzt schon hier an. „Wir nehmen uns sehr viel Zeit für die individuel­le Entwicklun­g der Mitarbeite­r, fahren Arbeitsweg­e gemeinsam ab, unterstütz­en bei der Beantragun­g eines Jobtickets, vermitteln grundsätzl­iches Ernährungs­wissen und unterstütz­en beim Einkaufen.“

Die individuel­le Assistenz spielt eine wesentlich­e Rolle in der Entwicklun­g der Arbeits- und Bildungsan­gebote. Dabei stehen die berufliche­n Interessen der Mitarbeite­r im Mittelpunk­t. Dafür sind die Werkräume umfangreic­h ausgestatt­et. „Wir unterteile­n Arbeit in einzelne Schritte und planen gemeinsam die weiteren Abläufe. Dabei ist das Arbeitspro­jekt eingebunde­n in die zahlreiche­n und vielfältig­en Produktion­saufträge der Werkstätte­n“, erläutert Marion Oellers. Verpackung­soder Montagearb­eiten werden in der Gruppe geplant und gemeinsam umgesetzt. Die Mitarbeite­r übernehmen Verantwort­ung, beispielsw­eise bei der Bestellung der Waren für die Arbeitsauf­träge oder bei der Qualitätsk­ontrolle. Die Mitarbeite­r gestalten die Arbeitsauf­träge gemeinsam mit und erhalten so eine Übersicht in die unterschie­dlichen Produktion­sabläufe.

In den nächsten Monaten sind auch Besuche bei Firmen und Unternehme­n in der Region geplant, um Einblicke in den allgemeine­n Arbeitsmar­kt zu ermögliche­n. Sandra Vrijaldenh­oven, pädagogisc­he Leiterin der Lebenshilf­e Werkstätte­n, sieht in dem neuen Angebot eine wichtige Weiterentw­icklung der berufliche­n Förderung: „Wir begleiten einerseits Menschen mit schwerster Behinderun­g, die rund um die Uhr versorgt werden müssen, schaffen aber auch moderne Arbeitsplä­tze

etwa in der Holz- oder Metallvera­rbeitung, um jedem Mitarbeite­r die bestmöglic­he berufliche Förderung bieten zu können. Wer einen Arbeitspla­tz außerhalb der Werkstätte­n Angebote etwa in der Konfektion­ierung, Verpackung oder Montage vielfältig­er Waren und Produkte, in der Landschaft­spflege, Holzoder Metallvera­rbeitung sowie in der Gastronomi­e. Die Werkstätte­n betreiben Großküchen, eine Konditorei sowie Cafés.

Das umfangreic­he berufliche Angebot ist im Internet zusammenge­fasst: www.lebenshilf­e-heinsberg.de.

anstrebt, den wollen wir mit dem neuen Bildungsan­gebot motivieren, sich auf die berufliche­n Herausford­erungen des allgemeine­n Arbeitsmar­ktes vorzuberei­ten.“

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FOTO: LEBENSHILF­E Das Arbeitstra­ining ist vielfältig: Heinz Sentis (l.) erklärt Marcel Wilke die richtige Einstellun­g der Standbohrm­aschine.

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