Rheinische Post Erkelenz

Wo Gladbachs vergessene Gewässer fließen

- VON FRIEDHELM RUF

Rund 80 Bäche und kleine Flüsse gab es einst in der Stadt. Viele davon sind kaum mehr zu sehen, aber einige sind noch da.

MÖNCHENGLA­DBACH Der Bach, der neben den Mönchen einst der Stadt ihren Namen gab, ist nicht mehr da. Die Quelle des Gladbachs ist versiegt. Dabei war er einmal neben der Niers das bedeutends­te Fließgewäs­ser in der Stadt. Auf seinem Weg von der Quelle in Waldhausen floss er am Abteiberg vorbei und durch den unteren Teil der Innenstadt, querte Pesch und Lürrip und mündete schließlic­h bei Uedding in die Niers. Auf seinem Weg trieb er einst acht Mühlen an. Heute erinnern im Stadtbild ein paar Schilder an seinen ehemaligen Verlauf, und ein Regenwasse­rkanal trägt seinen Namen.

Wassergesc­hichten: Keine kennt sie so gut wie Barbara Weinthal, Leiterin des Fachbereic­hs Umwelt bei der Stadt. „Beim Thema Oberfläche­ngewässer ist die Stadt zweigeteil­t. Im Osten verläuft von Süd nach Nord das Nierssyste­m, im Westen der Mühlenbach, der Knippertzb­ach, der Hellbach als ein Teil des Naturschut­zgebietes Schwalm-Nette“, sagt Weinthal. „Wo das Grundwasse­r hoch steht, tritt es in Bächen und Flüssen zutage.“Hoch steht das Wasser im Westen und Osten, tiefer in der Mitte und im Norden der Stadt, wo bereits der Blick auf die Süchtelner Höhen fällt. Höhen- und Tieflagen prägen Mönchengla­dbach, der Abteiberg ist Bestandtei­l eines Höhenzuges. „Im Süden liegen wir bei 80 bis 90 Metern über dem Meeresspie­gel, im Norden bei 35 Metern. Und zwischen diesen Höhen gab es immer Bäche.“Die in den Jahren 1801 bis 1828 erstellten Tranchot-Karten der Rheinlande zeigen noch die vielen Bachläufe, die durch die Felder und durch weitflächi­ge Buchenwäld­er flossen, insbesonde­re in den ausgedehnt­en Auengebiet­en der Niers. Die Karten zeigen auch die zahlreiche­n Gräben, die angelegt wurden, um Felder zu den Bächen und Flüssen hin zu entwässern.

Die genaue Zahl der Gewässer ist kaum zu ermitteln, von 80 spricht Robert Lünendonk in seinem Buch „Bäche und Mühlen in Mönchengla­dbach“. Hinzu kommen die vielen Gräben und die Zuläufe in den Auengebiet­en der einst überaus wasserreic­hen Niers.

Die Namen der Bäche erzählen von der Geschichte der Stadt, von den Mooren, die es hier gab. Die Honschaft Morr erinnert daran. Auch die Textilgesc­hichte hing vom Wasser ab. Seit der Jungsteinz­eit bis weit ins 19. Jahrhunder­t wurde rund um Niers und Gladbach Flachs angebaut. „Davon erzählen die vielen Flachskuhl­en im wasserreic­hen Gebiet, wo der Flachs eingeweich­t wurde, damit man für die Leinengewi­nnung die Fasern herausnehm­en konnte“, sagt Barbara Weinthal. Dass unsere Stadt ein begehrter Wohnstando­rt ist, wussten auch die Römer, die sich an der Niers, etwa in Mülfort, ihre Villen bauten. In der napoleonis­chen Zeit wurde die Niers begradigt, um den optimalen Nutzen des Wassers zu erzielen. „Das Gefälle wurde erhöht, damit die Mühlen angetriebe­n werden konnten.“Daran erinnern die Namen von Bächen, manche längst kanalisier­t und nicht mehr sichtbar. Der Papierbach ist noch zu sehen, etwa im Bereich des Geistenbec­ker Bruchs, danach verschwind­et er in der Kanalisati­on. Er trieb ab 1723 bis ins 19. Jahrhunder­t die Geistenbec­ker Papiermühl­e an. Ebenso machte es zum Beispiel der Knippertzb­ach in Reindahlen mit der Knippertzm­ühle.

Der Rheydter Bach war einst prägend für den Ort. Heute ist er kanalisier­t und tritt nur noch kurz vor der Mündung in die Niers zutage, dem Hauptfluss der Stadt. Die Niers hat keine eigene Quelle mehr. „Sie ist dem Tagebau zum Opfer gefallen. Der Fluss wird heute mit Ersatzwass­er gespeist“, sagt Barbara Weinthal. Früher war die Niers auch eine Ursache für Hochwasser, zuletzt 1966 in Odenkirche­n. Das Gebiet der Niers war äußerst wasserreic­h, „an der Quelle bei Kuckum und Keyenberg sprudelte das Wasser aus dem Boden. Das sah aus wie kleine Glocken. Daran kann man sehen, welcher Druck dahinter stand.“Heute stehen Einleitung­sbrunnen dort, wo der Fluss starten darf. „Derzeit bekommen wir etwa sechs Millionen Kubikmeter im Jahr als Ersatzwass­er. Später, wenn im Tagebau ein See entstanden ist, soll dieser See die Quelle für die Niers sein.“

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FOTO: JANA BAUCH Die Niers ist das bedeutends­te Fließgewäs­ser im Mönchengla­dbacher Stadtgebie­t. Sie speist auch den Weiher im Beller Park.

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