Tankstellensterben in den Städten
Besonders in Innenstadtlagen weichen Tankstellen immer häufiger Wohnungen oder Büros. Bundesweit gibt es nur noch 14.350 Service-Stationen – es waren einmal mehr als 50.000.
DÜSSELDORF In den Großstädten verschwinden immer mehr Tankstellen. So haben zum Beispiel jüngst in Düsseldorf eine Shell- und eine Esso-Filiale geschlossen. „Solche Grundstücke in den Innenstadtlagen sind in der Regel sehr attraktiv für Wohnraum- und Bürobebauung und demnach entsprechend gefragt“, sagt Stephan Zieger, Geschäftsführer des Berufsverbandes der freien Tankstellen. „Ich kenne einen Tankwart aus Düsseldorf, der mal fünf Tankstellen hatte. Vier davon sind jetzt Parkhäuser oder Büros.“Häufig liefen aber auch die Pachtverträge aus und würden nicht mehr verlängert, erklärt er. Die Tankstellen würden daher zunehmend an den Stadtrand verdrängt.
In Deutschland gibt es aktuell noch rund 14.350 Tankstellen, Tendenz sinkend. „Wir hatten in den 50er und 60er Jahren etwa 50.000 Tankstellen bundesweit – und damals gab es wesentlich weniger Autos“, sagt Herbert Rabl vom deutschen Tankstellenverband. „Man kann durchaus von einem Tankstellensterben sprechen“, sagt er. Besonders in den vergangenen zehn bis 20 Jahren habe es eine Marktbereinigung gegeben. Außerdem entschieden auch die großen Mineralölkonzerne über die Standorte ihrer Zapfsäulen.
Die Pächter seien das schwächste Glied in der Kette. „Hinzu kommt fehlender Nachwuchs, weil der Beruf für junge Leute nicht mehr so attraktiv ist – sowohl von den Arbeitszeiten her als auch von der Bezahlung. Man muss wissen, dass nur ein Cent pro Liter Benzin beim Tankwart ankommt“, so Rabl. Demnach nähmen Tankstellenpächter mit dem Kraftstoffverkauf jährlich zwischen 28.000 und 40.000 Euro brutto ein. Auch Deutschlands älteste Tankstelle in Essen musste in diesem Jahr schließen, weil kein Nachfolger gefunden werden konnte.
Beim Mineralölwirtschaftsverband möchte man noch nicht von einem Tankstellensterben sprechen. „Es stimmt aber, dass tendenziell mehr Tankstellen schließen als öffnen. In diesem Jahr sind es aber sehr wenige gewesen“, sagt Sprecher Alexander von Gersdorff.
In NRW kommt für viele Tankstellenbetreiber erschwerend hinzu, dass sie sonntags ihre Autowaschstraßen nicht öffnen dürfen, anders als etwa in Bayern und Hessen. „Dadurch geht den Pächtern viel Geld verloren, denn die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt, dass ein solches Angebot von den Kunden angenommen wird“, sagt Rabl. Die Betreiber seien stets bemüht, neue Geschäftsfelder zu finden, um die dringend benötigten Mehreinahmen zu erzielen. So setzten viele ihre Hoffnung auf ländlichere Regionen, wo es kein gutes Nahversorgungsnetz mehr gibt. „Die dort fehlenden Bäcker und Metzger könnten durch Tankstellen aufgefangen werden“, so Rabl.
Mit zunehmender Sorge blickt die Branche auf die E-Mobilität. „Wir müssen neue Konzepte erarbeiten, um am Markt bestehen zu können“, sagt Zieger. Aber bis es so weit sei, würden noch Jahre vergehen. „Außerdem gehe ich davon aus, dass wir im ländlichen Raum auch in Zukunft flüssigen Brennstoff brauchen, weil die zurückzulegenden Entfernungen größer sind als in der Stadt“, so Zieger. So hat Shell bereits angekündigt, man wolle noch in diesem Jahr bundesweit 50 Ladesäulen an Tankstellen der Marke einrichten. Beim deutschen Tankstellenverband blickt man hingegen skeptischer in die Zukunft. „Sollten sich E-Autos auf dem Markt durchsetzen, war es das für die meisten Tankstellen“, sagt Rabl.