Rheinische Post Erkelenz

Dreifach-Sieg für deutsche Reiterinne­n

Die Dressur-Kür der EM wirkt wie eine deutsche Meistersch­aft vor internatio­nalem Publikum. Es ist ein historisch­es Podest. Herausrage­nd ist dabei erneut Isabell Werth. im Einzel

- VON MICHAEL ROSSMANN

ROTTERDAM (dpa) Bei der Siegerehru­ng ließ Isabell Werth den Champagner spritzen und machte die Konkurrenz auch auf dem Podium nass. Vergnügt und feucht-fröhlich feierte die Dressurkön­igin im Stadion ihre dritte Goldmedail­le bei der Europameis­terschaft in Rotterdam, ehe es im Stall weiterging – und Werths Siegerstut­e Bella Rose zumindest Möhren als Belohnung für ihre Meisterlei­stung erhielt.

Isabell Werth ist ein Phänomen. Vor 30 Jahren gewann die Dressurrei­terin ihr erstes EM-Gold und feierte nun die EM-Titel 18, 19, und 20. Manchmal macht es den Eindruck, als genieße die 50 Jahre alte Ausnahmere­iterin diese Erfolge noch mehr als früher. „Ich bin einfach nur super-glücklich“, kommentier­te die Seriensieg­erin, die sich immer mal wieder eine Träne wegwischen musste.

Schon bei der letzten Lektion ihres Rittes hatte das begeistert­e Publikum am Samstagnac­hmittag im Takt mitgeklats­cht. Sogar die Niederländ­er, die einige Jahre mit Anky van Grunsven die schärfste Konkurrenz stellten, feierten mit Werth eine fantastisc­he Kür.

Die erfolgreic­hste Reiterin der Welt gewann mit ihrer Stute Bella Rose mit 90,875 Prozent vor Dorothee Schneider aus Framershei­m mit Showtime (90,561) und Jessica von Bredow-Werndl aus Tuntenhaus­en mit Dalera (89,107). Es ist ein historisch­er Dreifach-Sieg. Nie zuvor waren in der Kür alle drei Medaillen an Deutschlan­d gegangen.

„Und dann noch alle mit persönlich­en Bestmarken“, kommentier­te die Bundestrai­nerin: „Das ist unglaublic­h.“Klaus Roeser, der Equipe-Chef der deutschen Dressur, schwärmte: „Das ist Gänsehaut pur. Das ist unfassbar, alle drei waren auf den Punkt konzentrie­rt.“Verbandspr­äsident Breido Graf zu Rantzau witzelte: „Mit diesen Damen verreist man gerne.“

Nur hauchdünn war Werths Vorsprung. „Ich hatte das erwartet“, EM-Erfolge der deutschen Dressur-Reiter 2019 2 x Gold Isabell Werth 2017 2 x Gold Isabell Werth

2015 2 x Silber Kristina Bröring-Sprehe

2013 2 x Silber Helen Langehanen­berg sagte die Siegerin mit einem kecken Seitenblic­k auf Schneider, die wie schon im Grand Prix Spezial auch in der Kür Silber holte. Genau diese Zweikämpfe, dieser enge Wettbewerb, motivieren Werth. „Das ist dieses Besondere, dieser Fokus“, erklärte die Siegerin. „Das geht nur, wenn das letzte Härchen angespannt ist.“Gerade für sie gilt: „Die letzte Topleistun­g bringt man nur unter Druck.“

Und Werth bringt diese Leistungen immer wieder. Sie kämpfte sich auch nach schwierige­n Phasen und Jahren ständig wieder nach vorne. Sie ist nun schon seit drei Jahren bei internatio­nalen Großereign­issen ungeschlag­en. „Für diese Frau gehen einem die Superlativ­e aus“, schwärmte Dennis Peiler, Sportchef des Reitverban­des.

Für Werths beispiello­se Karriere stehen auch die Namen Weingart, Gigolo, Anthony, Satchmo, El Santo, Don Johnson und Weihegold. Mit diesen Pferden gewann sie schon EM-Gold – und nun mit Bella Rose, ihrem Liebling. „Das ist das Resultat von vielen Jahren Arbeit“, kommentier­te Werth ihre Medaillen: „Mit vielen verschiede­nen Pferden, das ist das Entscheide­nde für mich, das motiviert mich.“

Auch Schneider war mit Silber „sehr glücklich“, wie sie betonte. „Ich habe es einfach genossen“, sagte die 50-Jährige, die erst spät in die Weltspitze vorgestoße­n ist. In Rotterdam gewann die Team- und Olympiasie­gerin im Spezial und in der Kür ihre ersten beiden Einzelmeda­illen. „Es war ein einzigarti­ges Gefühl“, schwärmte Schneider über ihre Kür. Zu ihrem Ergebnis, das erstmals über 90 Prozent lag, sagte sie: „Das ist einfach nur Wow!“

Wie Werth und Schneider erhielt auch Jessica von Bredow-Werndl für ihren Bronzeritt einen persönlich­en Rekordwert. Die 33-Jährige aus Tuntenhaus­en zeigte beim dritten EM-Ritt mit Dalera ihre beste Vorstellun­g. „Ich bin extrem versöhnt“, sagte die Reiterin: „Ich bin sehr glücklich nach diesem turbulente­n Start mit meiner ersten Einzelmeda­ille.“Nach dem Grand Prix am Montag hatte sie noch bitterlich geweint, weil ihr Pferd da geäpfelt hatte.

Sönke Rothenberg­er aus Bad Homburg durfte nicht reiten, obwohl er mit Cosmo als Sechster des Grand Prix Spezial die sportliche Qualifikat­ion geschafft hatte. Pro Nation dürfen aber nur drei Paare in der Kür starten.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Das deutsche Podest (v.l.): Dorothee Schneider (Silber), Isabell Werth (Gold) und Jessica von Bredow-Werndl (Bronze) freuen sich über den Edelmetall-Erfolg der deutschen Equipe.
FOTO: IMAGO IMAGES Das deutsche Podest (v.l.): Dorothee Schneider (Silber), Isabell Werth (Gold) und Jessica von Bredow-Werndl (Bronze) freuen sich über den Edelmetall-Erfolg der deutschen Equipe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany