Dreifach-Sieg für deutsche Reiterinnen
Die Dressur-Kür der EM wirkt wie eine deutsche Meisterschaft vor internationalem Publikum. Es ist ein historisches Podest. Herausragend ist dabei erneut Isabell Werth. im Einzel
ROTTERDAM (dpa) Bei der Siegerehrung ließ Isabell Werth den Champagner spritzen und machte die Konkurrenz auch auf dem Podium nass. Vergnügt und feucht-fröhlich feierte die Dressurkönigin im Stadion ihre dritte Goldmedaille bei der Europameisterschaft in Rotterdam, ehe es im Stall weiterging – und Werths Siegerstute Bella Rose zumindest Möhren als Belohnung für ihre Meisterleistung erhielt.
Isabell Werth ist ein Phänomen. Vor 30 Jahren gewann die Dressurreiterin ihr erstes EM-Gold und feierte nun die EM-Titel 18, 19, und 20. Manchmal macht es den Eindruck, als genieße die 50 Jahre alte Ausnahmereiterin diese Erfolge noch mehr als früher. „Ich bin einfach nur super-glücklich“, kommentierte die Seriensiegerin, die sich immer mal wieder eine Träne wegwischen musste.
Schon bei der letzten Lektion ihres Rittes hatte das begeisterte Publikum am Samstagnachmittag im Takt mitgeklatscht. Sogar die Niederländer, die einige Jahre mit Anky van Grunsven die schärfste Konkurrenz stellten, feierten mit Werth eine fantastische Kür.
Die erfolgreichste Reiterin der Welt gewann mit ihrer Stute Bella Rose mit 90,875 Prozent vor Dorothee Schneider aus Framersheim mit Showtime (90,561) und Jessica von Bredow-Werndl aus Tuntenhausen mit Dalera (89,107). Es ist ein historischer Dreifach-Sieg. Nie zuvor waren in der Kür alle drei Medaillen an Deutschland gegangen.
„Und dann noch alle mit persönlichen Bestmarken“, kommentierte die Bundestrainerin: „Das ist unglaublich.“Klaus Roeser, der Equipe-Chef der deutschen Dressur, schwärmte: „Das ist Gänsehaut pur. Das ist unfassbar, alle drei waren auf den Punkt konzentriert.“Verbandspräsident Breido Graf zu Rantzau witzelte: „Mit diesen Damen verreist man gerne.“
Nur hauchdünn war Werths Vorsprung. „Ich hatte das erwartet“, EM-Erfolge der deutschen Dressur-Reiter 2019 2 x Gold Isabell Werth 2017 2 x Gold Isabell Werth
2015 2 x Silber Kristina Bröring-Sprehe
2013 2 x Silber Helen Langehanenberg sagte die Siegerin mit einem kecken Seitenblick auf Schneider, die wie schon im Grand Prix Spezial auch in der Kür Silber holte. Genau diese Zweikämpfe, dieser enge Wettbewerb, motivieren Werth. „Das ist dieses Besondere, dieser Fokus“, erklärte die Siegerin. „Das geht nur, wenn das letzte Härchen angespannt ist.“Gerade für sie gilt: „Die letzte Topleistung bringt man nur unter Druck.“
Und Werth bringt diese Leistungen immer wieder. Sie kämpfte sich auch nach schwierigen Phasen und Jahren ständig wieder nach vorne. Sie ist nun schon seit drei Jahren bei internationalen Großereignissen ungeschlagen. „Für diese Frau gehen einem die Superlative aus“, schwärmte Dennis Peiler, Sportchef des Reitverbandes.
Für Werths beispiellose Karriere stehen auch die Namen Weingart, Gigolo, Anthony, Satchmo, El Santo, Don Johnson und Weihegold. Mit diesen Pferden gewann sie schon EM-Gold – und nun mit Bella Rose, ihrem Liebling. „Das ist das Resultat von vielen Jahren Arbeit“, kommentierte Werth ihre Medaillen: „Mit vielen verschiedenen Pferden, das ist das Entscheidende für mich, das motiviert mich.“
Auch Schneider war mit Silber „sehr glücklich“, wie sie betonte. „Ich habe es einfach genossen“, sagte die 50-Jährige, die erst spät in die Weltspitze vorgestoßen ist. In Rotterdam gewann die Team- und Olympiasiegerin im Spezial und in der Kür ihre ersten beiden Einzelmedaillen. „Es war ein einzigartiges Gefühl“, schwärmte Schneider über ihre Kür. Zu ihrem Ergebnis, das erstmals über 90 Prozent lag, sagte sie: „Das ist einfach nur Wow!“
Wie Werth und Schneider erhielt auch Jessica von Bredow-Werndl für ihren Bronzeritt einen persönlichen Rekordwert. Die 33-Jährige aus Tuntenhausen zeigte beim dritten EM-Ritt mit Dalera ihre beste Vorstellung. „Ich bin extrem versöhnt“, sagte die Reiterin: „Ich bin sehr glücklich nach diesem turbulenten Start mit meiner ersten Einzelmedaille.“Nach dem Grand Prix am Montag hatte sie noch bitterlich geweint, weil ihr Pferd da geäpfelt hatte.
Sönke Rothenberger aus Bad Homburg durfte nicht reiten, obwohl er mit Cosmo als Sechster des Grand Prix Spezial die sportliche Qualifikation geschafft hatte. Pro Nation dürfen aber nur drei Paare in der Kür starten.