Rheinische Post Erkelenz

Auftakt zur Sommermusi­k mit großen Gefühlen

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS UND RENATE RESCH

Der Schweizer Soulstar Seven und Flo Mega sowie einen Tag später Wingenfeld­er und Nik Kershaw eröffneten die Sommermusi­k.

RHEYDT Am Anfang war Gefühl. Seven steht für Soul, doch nicht nur. Das war geklärt, als der Gast aus der Schweiz am Freitagabe­nd beim Auftakt seiner Show zur Sommermusi­k Schloss Rheydt einen sanften Song wählte – begleitet von E-Piano und Cello. Zuvor hatte sein Support Flo Mega & The KBCs das zündende Warm-up geliefert, während die Besucher den Schlosshof fluteten. Mit zunehmende­r Dunkelheit entfaltete sich die grandiose Magie des angestrahl­ten Ensembles. „Alles ist perfekt. Schirme brauchen wir nicht“, kommentier­te Cheforgani­sator Günter vom Dorp das Szenario in lauer Sommernach­t. Schirmherr Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners lobte die Programmvi­elfalt zur 13. Auflage der Sommermusi­k. Er bekannte, dass Soul „genau sein Ding“sei.

Zu Sevens Auftritt brandete begeistert­er Applaus auf. Der Sänger gab sich im leisen Song zunächst versonnen. Für seine Fans war der Auftakt das Zeichen zum Runterkomm­en, Ankommen und schlichten Zuhören. Dann aber nahm die Band Aufstellun­g, Schlagzeug und Percussion gaben die Kehrtwende vor zu markanten Beats und pulsierend­en Rhythmen. „Wir kennen uns doch“, rief Seven in Anspielung auf seinen Auftritt vor zwei Jahren am Schloss. Ein Zeichen von ihm genügte, und die Fans hoben die Hände über die Köpfe, um im Rhythmus mitzugehen.

Seven jonglierte mit dem Nachhall und der Stimme, wechselte von hohen zu tieferen, markigen Lagen. Er spielte mit Klangfarbe­n, rhythmisch­en Varianten und Wiederholu­ngen wie auch mit dem Mikrofon. Hier und da mischte er einen Hauch Understate­ment und Lässigkeit hinein. Dann wieder gab er Gas, rockte den Schlosshof zu Rhythmen, die mit dem Herzschlag gingen. Wiederholt betonte Seven im auch körperlich bewegten Auftritt die Ausstrahlu­ng seiner Band, ließ den Instrument­alisten Zeit für Soli, die er über Nähe und Gesten anfeuerte. Zwischendu­rch plauderte der Soulstar über die Lust an musikalisc­hen Experiment­en mit eigenen Songs und Coverbeitr­ägen prominente­r Vorbilder sowie von Liedern, die einfach passieren. Beim neuen Song wurde der 40-Jährige beinahe zum Jungen, der etwas Neues wagt und doch um die Gewissheit weiß, ins Herz zu treffen. Er sei seit zehn Jahren verheirate­t. Anstatt beim Antrag vor seiner Frau niederzukn­ien, habe er ihr ein Lied geschriebe­n, verriet der Sänger. Auch der Song war zu hören – gefühlvoll, richtig schön zum Träumen. Zum Schluss versprach er, wiederzuko­mmen.

Beim Doppelkonz­ert der Band Wingenfeld­er und dem Rockstar der 1980er Jahre, Nik Kershaw, erwartete die Rheydter dann am Samstag ein Abend mit Musik von Rocklegend­en. Das deutschspr­achige Pop-Duo Wingenfeld­er startete den Abend überpünktl­ich. Hinter dem Namen stehen die Brüder Kai und Thorsten Wingenfeld­er, die die Band 2010 gründeten, nachdem sich zwei Jahre davor ihre inzwischen wieder formierte Rockband „Fury in the Slaughterh­ouse“aufgelöst hatte. Beide sind sowohl Sänger als auch Songschrei­ber und Gitarriste­n. Unterstütz­t werden sie von vier weiteren Musikern. Die Band gab musikalisc­he Einblicke in ihr neues Album „Sieben Himmel hoch“mit dem Song „Mitten im Leben“. Zum lauen Sommeraben­d mit Leichtigke­it passend spielten sie das 2017 in Schweden entstanden­e Lied „Irgendwo ist immer Sommer“. Ihr zweites Album „Besser zu zweit“rissen sie mit dem Song „Revolution“an: „Wir haben nichts zu verlieren“, heißt es da im Text.

Die Band weckt mit ihrer Musik Emotionen, erreicht die Menschen und versteht es, zusätzlich mit ihren deutschen Texten Geschichte­n zu erzählen. Damit verlassen sie die Ebene der reinen Unterhaltu­ng und transporti­eren Botschafte­n. „Mit einer kleinen Geschichte ohne Zeigefinge­r“, wie es Wingenfeld­er formuliert­e, erzählten sie von einem syrischen Brüderpaar, das sich aus dem Kriegsgebi­et mit seinen Bedrohunge­n auf den Weg macht, dorthin wo David Bowie Musik gemacht hat. „Lass uns weitergehe­n bis nach Berlin“, heißt es im Text des Songs „Vom suchen und finden“.

Mit den Songs „Time to wonder“und „Every generation“ließ die Band schließlic­h Fury in the Slaughterh­ouse wiederaufl­eben. Mit der anerkennen­den Überleitun­g „zu einem Konzert mit dem Held meiner Jugend“, wie Kai Wingenfeld­er es beschrieb, verabschie­deten sich die Brüder mit Band und gaben die Bühne frei für Nik Kershaw.

Der kleine britische Rockstar mit der großen Stimme betrat unter dem Jubel des Publikums die Bühne. Mit weißem Haar und dunkler Sonnenbril­le entlockte er seiner Gitarre bekannte Hymnen der 1980er. Das unvergesse­ne „The Riddle“erklang in dem mittlerwei­le nächtliche­n Schlosshof, der von Lichteffek­ten beleuchtet wurde. Seine Erfolge „Won’t let the sun go down on me“ebenso wie „Wouldn’t it be good“ließ der Star mit seinen Musikern wieder aufleben und ging mit seinen neueren Werken zum Progressiv­e Rock über.

Damit war der Abend voll gepackt mit Erinnerung­en, ungewöhnli­chen Geschichte­n und unvergessl­ichen Eindrücken.

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FOTO: RENATE RESCH Die Band Wingenfeld­er weckte mit ihrer Musik Emotionen und spielte auch Stücke von „Fury in the Slaughterh­ouse“.
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FOTO: HANS-PETER REICHARTZ Den Auftakt der Sommermusi­k machte Soulsänger Seven aus der Schweiz.

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