Menschliches Versagen auf Mallorca
Bei der Flugtragödie wird ein technischer Defekt erstmal ausgeschlossen.
DÜSSELDORF Wie wäre es mit einem Puma im Garten? Zugegeben, es wäre schon mit ein paar Auflagen verbunden: Man müsste ihn artgerecht halten, das Veterinäramt müsste zustimmen und dafür müsste er aus einer nachweislich genehmigten Nachzucht stammen – aber grundsätzlich wäre das in NRW durchaus möglich. Wie kann das sein?
„Wir richten uns in dieser Hinsicht nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen“, sagt ein Sprecher des NRW-Umweltministeriums. „Und das richtet sich nicht danach, wie giftig oder gefährlich ein Tier ist, sondern danach, ob es sich um eine gefährdete Tierart handelt.“Anders ausgedrückt: Ob Puma, Vogelspinne oder Skorpion – in NRW darf alles gehalten werden, solange es sich dabei nicht um ein gefährdetes Wildtier handelt. Stammt die gefährdete Art jedoch aus einer genehmigten Nachzucht, spricht gar nichts mehr dagegen. „So war es auch bei der Schlange in Herne“, sagt der Sprecher weiter. „Sie stammte aus einer genehmigten Nachzucht und war mit einem Herkunftsnachweis beim Veterinäramt angemeldet und genehmigt.“ PALMA (dpa) Das Hubschrauberunglück mit sieben Toten auf Mallorca ist möglicherweise auf menschliches Versagen zurückzuführen. Die Piloten des Helikopters und des Kleinflugzeuges, die am Sonntag in 250 Meter Höhe zusammenstießen, hätten sich wohl nicht gesehen, berichteten Medien unter Berufung auf Ermittler. Hinweise auf technisches Versagen gebe es nicht. Unter den Toten war auch eine vierköpfige Familie aus München. Experten der spanischen Zivilluftfahrtbehörde, die am Montag auf der Insel eintrafen, versuchen, der genauen Unfallursache auf den Grund zu gehen. Die Leichen sollten den Familien deshalb erst nach eingehenden Autopsien zur Bestattung übergeben werden.
Ein Pilot erzählte der Zeitung „Diario de Mallorca“, die Vorschriften für Hubschrauber würden vor dem Start sehr genau und streng definiert. Bei Ultraleichtfliegern werde allerdings wohl häufiger mal ein Auge zugedrückt. Da Hubschrauber und Ultraleichtflieger keine Möglichkeit hätten, sich zu verständigen, weil sie normalerweise auf verschiedenen Frequenzen verbunden seien, sei es „am wichtigsten, dass man das Sichtfeld unter Kontrolle behält“, so der spanische Ultraleichtflieger-Verband.
Die Giftschlange ist am Sonntag aus einer Privatwohnung in Herne entwischt und bis Dienstag immer noch nicht entdeckt worden. Und das trotz der fieberhaften Suche von Reptilien-Experten, trotz Klebefallen und Mehl-Markierungen.
Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert, dass Privatleute in NRW Schlangen halten dürfen. Nach aktueller Gesetzeslage ist es erlaubt. NRW gehört neben unter anderem Baden-Württemberg, Hamburg und Rheinland-Pfalz zu den acht Bundesländern in Deutschland, die keine besonderen Schutzmaßnahmen für die Haltung von potenziell gefährlichen Tieren vorschreiben. Das könnte sich jedoch ändern. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sagte am Dienstag: „Ich persönlich bin gegen die Haltung sehr gefährlicher Tierarten in Wohnungen oder Häusern.“Ihr Ministerium prüfe gerade „die bestehenden rechtlichen Vorgaben und potenziell weitergehende Regelungen, eventuell auch eine Bundesratsinitiative“.
In Bayern muss der zukünftige Besitzer bereits nachweisen, dass er in der Lage ist, ein gefährliches Tier zu halten. In Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein beispielsweise sind Pythons, Boas, Skorpione und verschiedene Spinnen grundsätzlich verboten.
Dass NRW so locker mit gefährlichen Tieren umgeht, mutet allein deshalb seltsam an, weil anlässlich der viermal jährlich in Hamm stattfindenden „Terraristika“, der nach eigenen Angaben „weltweit größten Börse für Terrarientiere“, der Schwarzmarkt floriert. Nicht auf der Messe selbst, sondern auf Parkplätzen in der Nähe wechseln zahlreiche Tiere den Besitzer. In den behördenüberwachten Messehallen können die Besucher, die aus ganz Europa anreisen, hingegen vorschriftsmäßig gekennzeichnete mexikanische Vipern, kolumbianische Leguane und indonesische Warane kaufen.
Es ist verwunderlich, dass ein 2014 diskutiertes Gefahrentiergesetz für das Bundesland letztlich nie verabschiedet wurde. Das Umweltministerium dazu: „Der Begriff des Gefahrentieres ist nicht leicht zu definieren. Laut Statistik werden die meisten Verletzungen durch Rinder verursacht, gefolgt von Pferden.“Spinnen, Schlangen oder kleine Skorpione seien in der Liste ganz weit unten, weil es in NRW selten zu einem Zwischenfall käme. „Aber wenn etwas passiert, dann bekommt so ein Vorfall viel Aufmerksamkeit, gerade weil es sich um exotische und teils sehr giftige Tiere handelt, wie etwa in Herne.“Zahlen dazu, wie viele Reptilien in deutschen Haushalten kreuchen und fleuchen, gibt es nicht. Auch, weil die harmlosen, leicht zu züchtenden und damit nicht-meldepflichtigen Tiere wie etwa die Strumpfbandnatter nirgendwo gelistet werden.
Also doch Raubkatze statt Stubentiger? Ganz so einfach ist es dennoch nicht. Sollte es nämlich zu einem Zwischenfall kommen, muss der Halter mit einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung rechnen. Das kann mit Haftstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafen geahndet werden. Hat das Tier niemanden verletzt, ist aber entwischt wie in Herne, muss der Besitzer sämtliche Einsatzkosten sowie die Räumungskosten der Nachbarhäuser und möglicherweise nötige Ausweichunterkünfte für die Anwohner zahlen.