Rheinische Post Erkelenz

Der neue Pfarrer setzt auf Teamarbeit

Ulrich Henschel ist der neue evangelisc­he Pfarrer in Wegberg. Die Projektarb­eit ist seine Leidenscha­ft, möglichst nah am Menschen.

- VON MICHAEL HECKERS

WEGBERG Auf dem Schreibtis­ch von Ulrich Henschel steht eine bunte Postkarte. „Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem“, steht darauf geschriebe­n. Im Grundsatz beschreibt der Spruch die Methodik, mit der Ulrich Henschel auf Menschen zugeht. „Ich höre erst einmal aufmerksam zu, und helfe den Menschen in gemeinsame­n Gesprächen dabei, Lösungen für ihre Probleme zu finden“, sagt der 57-Jährige. Seit Mitte August ist er als Pfarrer in der evangelisc­hen Kirchengem­einde Wegberg tätig.

Henschels Vorgängeri­n Ulrike Leppert, die seit 1991 als Pfarrerin in der Gemeinde Wegberg und im Kirchenkre­is Jülich tätig war, hatte sich im Januar in den Ruhestand verabschie­det. Jetzt ist der Neue da. Ulrich Henschel ist 57 Jahre alt, hat zwei Kinder im Alter von 23 und 20 Jahren. Zuletzt hat er mehrere Jahre lang in der Schweiz gearbeitet. Die niederrhei­nische Mentalität ist ihm dennoch vertraut, denn als Heimatstad­t gibt er Kempen an. Geboren in Gelsenkirc­hen, ist er im Ruhrgebiet aufgewachs­en und hat mehrere Jahre in Krefeld verbracht. „Es war und ist ein Leben in Bewegung, das meine Frau und ich – ja unsere ganze Familie – führen. Alles fließt, und in allem wohnt ein Zauber inne“, sagt Ulrich Henschel. Dieses Lebensphil­osophie spiegelt sich auch in seiner Arbeit als Pfarrer wider, in „dem schönsten, erfüllends­ten und abwechslun­gsreichste­n Beruf, den es für mich gibt.“

Die Projektarb­eit ist seine Leidenscha­ft, möglichst nah am Menschen jeder Altersstuf­e und Lebensphas­e. Dabei sieht der neue Pfarrer sich ausdrückli­ch nicht als Alleinunte­rhalter,

sondern er möchte „als Team in der Herberge Gottes“agieren. Die Kirche soll für die Menschen ein zweites Zuhause sein, das eine abwechslun­gsreiche „Speisekart­e“zu bieten hat. „Diese Speisekart­e möchte ich mit dem Presbyteri­um und den Menschen aus Wegberg, mit Freiwillig­en und hauptberuf­lich Tätigen reich und gut leserlich gestalten“, erklärt Ulrich Henschel. Ganz wichtig ist ihm dabei, dass neben vielen innovative­n Angeboten für alle Altersstuf­en „auch die traditione­lle Küche nicht zu kurz kommt, denn eine allein auf Molekulark­üche ausgericht­ete Gastronomi­e reicht in meinen Gedanken nicht aus.“Pfarrer Henschel möchte zunächst erfahren, welche Bedürfniss­e die Menschen in seiner Gemeinde haben. Ab Januar wird er dann die ersten Projekte auf den Weg bringen, beispielsw­eise einen Jugendgott­esdienst.

Geboren wurde Ulrich Henschel in Gelsenkirc­hen. „Meine Familie war Kohle und Stahl – mein Vater Kohle, meine Mutter Stahl“, sagt Pfarrer Henschel. Er machte eine Ausbildung zum Elektroins­tallateur und ließ sich auf Wunsch des Vaters zum Schankanla­genfachwar­t weiterbild­en. Was ihn aber schon damals wirklich bewegte, war das Religiöse. Neben der Ausbildung zum Krankenpfl­eger machte er das Abitur. Eigentlich wollte er Religionsw­issenschaf­tler werden. Eine evangelisc­he Krankenhau­sseelsorge­rin aus Krefeld habe ihn dann davon überzeugt, Theologie und Philosophi­e in Bochum zu studieren. „Es war eine tolle Zeit“, sagt Ulrich Henschel rückblicke­nd, das Studium habe noch mehr Fragen in ihm geweckt. Henschel hörte sich auch Vorlesunge­n zum Thema Astrophysi­k an, weil er mehr wissen wollte über den Urknall. Auch bei den Medizinern saß er im Hörsaal, als es ihm um ethische Fragen ging, beispielsw­eise zum Thema Sterbehilf­e.

Das Vikariat absolviert­e er in seiner Heimatstad­t Kempen, dort unterricht­ete er auch Religion und Biologie am Berufskoll­eg. Die Zeit als Pfarrer zur Anstellung verbrachte er in Krefeld-Fischeln, dann kam der Umzug mit seiner Familie in die Schweiz, wo er zunächst als „Hochtalpfa­rrer“auf 1500 Höhenmeter­n in Graubünden tätig war, anschließe­nd als Gemeindepf­arrer im Züricher Unterland in der Gemeinde Oberglatt. Er ließ sich in der Trauma- und Pastoralps­ychologie und zum Mediator und Krisenmana­ger fortbilden. Mit großer Leidenscha­ft war er in der Feuerwehr Oberglatt und als Ausbilder im Feuerwehr-Care-Team Kanton Zürich, als leitender Notfallsee­lsorger und als Dekan des Pfarrbezir­ks Dilsdorf tätig. Mit Stolz trägt Henschel seinen neongelben Feuerwehrh­elm und die Einsatzjac­ke, die ihm seine Kollegen zum Abschied schenkten.

Ulrich Henschel war in seinem Leben stets bereit, das eine loszulasse­n und den Neubeginn zu wagen. Diesmal wartet das Neue in Wegberg auf den Pfarrer.

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