AfD gewinnt dramatisch im Osten dazu – CDU und SPD bleiben aber vorne
Ministerpräsidenten stellen.
Unter Beobachtern gilt der Wahlausgang als politisches Erdbeben. 80 Jahre nach dem Beginn des von Nazi-Deutschland angezettelten Zweiten Weltkriegs schnellt in den beiden Bundesländern ausgerechnet eine Partei in die Höhe, deren Landesverbände in Sachsen und Brandenburg sich nie von der deutschen Vergangenheit eindeutig distanziert haben. Gewonnen hat die AfD von den Linken, aber auch von CDU und SPD, obwohl sich deren Verluste in ihren jeweiligen Hochburgen in Grenzen hielten. Die CDU fiel in Sachsen von 39,4 auf 32 Prozent, die SPD in Brandenburg von 31,9 auf gut 26 Prozent.
Die Linkspartei, die im Osten auch Proteststimmen auf sich vereinte, musste stark Federn lassen. In Sachsen fiel sie von 18,9, in Brandenburg von 18,6 auf jeweils gut zehn Prozent. Auch sie hat Wähler an die AfD verloren. Die Grünen, die im Osten eher schwach sind, konnten in beiden Bundesländern zulegen. Sie sind die neue bürgerlich-linke Kraft in Sachsen und Brandenburg. Grünen-Chef Robert Habeck sprach von einem „fantastischen Ergebnis“.
Die SPD fiel in Sachsen mit unter acht Prozent auf den tiefsten Stand, den sie jemals bei einer Landtagswahl erzielte. Damit könnte es erneut eine Diskussion um den Verbleib der Sozialdemokraten in der großen Koalition geben, auch wenn die SPD in Brandenburg nach Umfragen in den jüngsten Wochen einen starken Schlussspurt hinlegte. Ministerpräsident Dietmar Woidke betonte, dass Brandenburg trotz der AfD-Gewinne ein „freundliches Gesicht“zeige. Ganz ähnlich formulierte es der Dresdner Regierungschef Michael Kretschmer, der erklärte, das „freundliche Sachsen“habe gewonnen. In Brandenburg erreichte dagegen die CDU eines ihrer historisch schlechtesten Landtagswahlergebnisse.
Auffällig war auch die gestiegene Wahlbeteiligung in beiden Ländern. In Sachsen lag sie bei 65 Prozent (plus 15,9) und in Brandenburg 59 Prozent (plus 11,1).
Das starke Abschneiden der AfD in den beiden Ländern dürfte die Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland weiter vertiefen. Auch innerhalb des Ostens schnitten die Rechtspopulisten vor allem in den Gegenden sehr gut ab, die Bevölkerung verloren haben oder wie die Braunkohleregion im südlichen Brandenburg vor gewaltigen Strukturveränderungen stehen.
In Brandenburg wird es ein neues Bündnis geben, in Sachsen könnte es wegen der rechtlichen Auflagen für die AfD sogar für die bisherige Koalition aus CDU und SPD reichen. In Brandenburg wäre danach ein rot-rot-grünes Linksbündnis oder eine Koalition aus SPD, CDU und Grünen möglich. In Sachsen hätte nach den Hochrechnungen bis zum frühen Abend neben Schwarz-Rot auch Schwarz-Grün eine Mehrheit.
So sehr die AfD in Sachsen und Brandenburg punkten konnte und wegen ihrer teilweise rechtsextremen Ansichten zu Besorgnis Anlass gibt, zeigt sich in beiden Ländern eine starke demokratische Mehrheit. Die Führung in einem der beiden Länder hat die AfD nicht gewonnen, von einer Regierungsübernahme ist sie weit entfernt. Enttäuschung herrscht bei den Liberalen, die ihr Wahlziel eines Einzugs in beide Landtage wohl verpasst haben. Leitartikel, Sonderseiten A2 - A3