Rheinische Post Erkelenz

Der Motorsport steht unter Schock

Charles Leclerc gewinnt sein erstes Formel-1-Rennen. Die Fahrer trauern um den tödlich verunglück­ten Formel-2-Piloten Anthoine Hubert.

- VON THOMAS WOLFER

SPA-FRANCORCHA­MPS (dpa) Arm in Arm standen die Mutter und der Bruder des tödlich verunglück­ten Anthoine Hubert auf der Rennstreck­e von Spa-Francorcha­mps. Sie gaben sich gegenseiti­g Halt, beide in tiefer Trauer vereint. In den Händen hielten sie einen Helm ihres geliebten Anthoine. Der tragische Unfall des französisc­hen Nachwuchsf­ahrers am Samstag versetzte die gesamte Motorsport­szene in einen Schockzust­and.

„Das Schicksal ist brutal. Der Verlust ist unendlich. Anthoine, wir vermissen dich schon“, schrieb Huberts deutscher Formel-2-Kollege Mick Schumacher via Twitter. Hubert wurde nur 22 Jahre alt. „Das sind erschütter­nde Nachrichte­n“, sagte Formel-1-Weltmeiste­r Lewis Hamilton. „Alle Fahrer riskieren ihr Leben, sobald sie auf die Strecke gehen. Das muss mit mehr Ernsthafti­gkeit anerkannt werden“, schrieb der 34 Jahre alte Superstar in einem emotionale­n Post bei Instagram und ergänzte: „Antoine ist für mich ein Held, weil er dieses Risiko eingegange­n ist, um seine Träume zu verwirklic­hen.“

Es sei eine brutale Erinnerung, wie gefährlich dieser Sport noch immer sei, betonte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto: „Das ist auch der Grund, warum wir unermüdlic­h an der Erhöhung der Sicherheit arbeiten müssen.“Red-Bull-Teamchef Christian Horner sagte: „Es ist auch eine Erinnerung daran, wie grausam Motorsport manchmal sein kann.“

Auch die Formel 1 hielt vor dem Rennstart eine Schweigemi­nute ab und startete mit Logos in Gedenken an Hubert auf den Autos. Im Fahrerlage­r trugen zudem alle einen Trauerflor am Arm. Während der Formel2-Sprint abgesagt wurde, stand der Grand Prix von Belgien am Sonntag nicht zur Debatte. „Genau wie für Anthoine, ist Racing unsere Passion und unser Traum. Also fahren wir heute für Anthoine. Heute und für immer werden wir ihn ehren“, twitterte die Rennserie: „Wir machen das mit schweren Herzen.“

Die Motorsport-Königsklas­se selbst hatte zuletzt vor vier Jahren den Tod von Hubert-Landsmann Jules Bianchi betrauert. Er war im Oktober 2014 in Japan verunglück­t und erst Monate später an den schweren Verletzung­en gestorben.

Huberts Unfall ereignete sich am Samstagnac­hmittag im Hauptrenne­n der Formel 2, in der seit diesem Jahr auch Mick Schumacher antritt. Um 17.07 Uhr verlor Hubert in einer unübersich­tlichen Situation mit mehreren Fahrzeugen aus noch ungeklärte­r Ursache die Kontrolle über sein Fahrzeug vom Team BWT Arden. Er krachte nach der berühmten Kurve Eau Rouge in die Begrenzung und wurde mit seinem Wagen zurück auf die Strecke geschleude­rt. Dort raste mit voller Wucht der 20 Jahre alte Amerikaner Juan Manuel Correa in den querstehen­den Wagen von Hubert.

Die 620 PS starken Autos sind an dieser Stelle bis zu 270 Stundenkil­ometer schnell. Die Unfallstel­le glich einem Trümmerfel­d, der Asphalt war übersät von Autoteilen. Rettungskr­äfte eilten herbei.

Der Motorsport-Weltverban­d Fia erklärte, dass Hubert um 18.35 Uhr im medizinisc­hen Zentrum an der Rennstreck­e gestorben war. Der Zustand des in Ecuador geborenen Correa ist stabil. Er zog sich Brüche an beiden Beinen sowie eine kleinere Wirbelsäul­enverletzu­ng zu, wurde im nahen Lüttich operiert und befindet sich derzeit auf der Intensivst­ation.

Fast genau 24 Stunden nach dem tödlichen Unfall seines ehemaligen Rennkumpel­s und guten Freundes Hubert auf dem legendären Kurs in Spa-Francorcha­mps gewann Ferrari-Pilot Charles Leclerc sein erstes Formel-1-Rennen. Der 21 Jahre alte Monegasse verzichtet­e auf großen Jubel. „Er ist schwer, so ein Wochenende zu genießen. Trotzdem wird ein Traum wahr“, sagte Leclerc und widmete den Erfolg Hubert: „Dieser Sieg ist für Anthoine.“Er verwies WM-Spitzenrei­ter Lewis Hamilton im Mercedes auf den zweiten Platz, Dritter wurde dessen Stallrival­e Valtteri Bottas. Für Sebastian Vettel startete die zweite Saisonhälf­te nach der Sommerpaus­e mit einer weiteren schweren Enttäuschu­ng. Er verpasste nach einer wirren Reifentakt­ik das Podest und wurde nur Vierter. Red-Bull-Pilot Max Verstappen schied in der ersten Runde aus.

 ?? FOTO: FRANCISCO SECO/AP ?? Die Mutter und der Bruder des am Samstag tödlich verunglück­ten Formel-2-Fahrers Anthoine Hubert halten bei einer Gedenkminu­te an der Rennstreck­e in Spa-Francorcha­mps in Belgien den Helm von Hubert.
FOTO: FRANCISCO SECO/AP Die Mutter und der Bruder des am Samstag tödlich verunglück­ten Formel-2-Fahrers Anthoine Hubert halten bei einer Gedenkminu­te an der Rennstreck­e in Spa-Francorcha­mps in Belgien den Helm von Hubert.
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FOTO:DPA Fans und Fahrer unterzeich­nen eine Gedenktafe­l für Hubert.

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