Rheinische Post Erkelenz

Rose sucht den Strukturst­ifter

- VON KARSTEN KELLERMANN

Es ist ein sperriges Wort, das sich Max Eberl hat einfallen lassen, als er die Stärken des Fußballers Fabian Johnson beschrieb: Ein „Struktursp­ieler“sei der US-Amerikaner, der seit 2014 für Gladbach spielt.

Marco Rose, der neue Trainer, wird vom Sportdirek­tor entspreche­nde Auskünfte eingeholt haben. Weswegen er sicherlich auch entschiede­n hat, dass Johnson im Mittelfeld hilfreich sein kann. Gerade jetzt, zu Beginn von Roses Zeit als Borussen-Trainer, da alles noch unfertig ist mit dem neuen Stil, alles noch etwas wild und unbehauen wirkt, trotz der spielerisc­hen Steigerung zuletzt. Johnson, 31, ist der Senior im Mittelfeld gewesen, sowohl in Mainz als auch gegen Leipzig, um ihn herum waren allesamt Anfang Zwanzig alt. Doch der erhoffte Ordnungsst­ifter war Johnson viel zu wenig in beiden Spielen.

Man darf nun gespannt sein, wie es weitergeht in der Zentrale. Denn ausgerechn­et die ist noch Roses größte Baustelle. In drei Spielen gab es zweimal umgebaute Rauten und einmal gar ein vollends anderes Konstrukt mit einer Doppelsech­s und drei Männern im offensiven Mittelfeld. Denis Zakaria ist in den bisherigen drei Bundesliga-Spielen die einzige Konstante, er spielte immer und auch immer auf der Sechs. Florian Neuhaus war ebenfalls dreimal Startelf-Teilnehmer, doch er war erst Zehner, dann Achter und dann Sechser. Seine Höchstform hat der Hochbegabt­e noch nicht gefunden. Laszlo Bénes macht einen guten Eindruck, er war an zwei von vier Toren beteiligt und ist sehr agil – gegen Leipzig blieb er aber zunächst draußen. Dafür war Breel Embolo wieder der Zehner, und er war der dominieren­de Borusse gegen RB. Er interpreti­ert die Rolle mit seiner Wildheit und Wucht, zwei Merkmale, die neben ihm auch Marcus Thuram ins Spiel einbrachte. Johnson sollte erneut der Strukturge­ber sein, für Ruhephasen sorgen. Doch das Spiel lief an ihm vorbei.

Rose sucht also weiter nach dem, der die Elemente verbindet: Das bislang gladbach-spezifisch­e Tiki Taka und den actionreic­hen Rose-Stil. Es ist ein bisschen wie im Kino: Ein Actionfeue­rwerk ist ganz sicher gute Unterhaltu­ng, aber ohne eine gute Erzählstru­ktur halb so schön. Es braucht einen gewieften Regisseur, der beides zusammenbr­ingt. Borussia hat Spieler, die das können: Lars Stindl. Oder Jonas Hofmann.

Sie können ein Spiel leiten und führen, sie können es mit ihren Pässen und Laufwegen, ihrem Gespür für Zeit und Raum strukturie­ren. Das Problem: Beide werden noch länger fehlen. Wie lange, das ist noch nicht abzusehen. Stindl ist auf dem Weg zurück ins Teamtraini­ng und hofft, in der Hinrunde noch eingreifen zu können und noch ein bisschen Europa zu erleben. Bei Hofmann, der Montagaben­d in der Live-Sendung „100 % Bundesliga – Fußball bei Nitro“zu Gast war, wird es nach seinem Innenbandr­iss im rechten Knie noch länger dauern als bei Stindl. Möglich, dass er sogar erst zur Rückrunde wieder richtig fit ist.

Auf dem Transferma­rkt ist Borussia in Sachen Mittelfeld nicht tätig geworden, seit Montag sind keine Zukäufe mehr möglich. Michael Cuisance ist nicht mehr da, er wäre eine Option gewesen, doch zog er den Wechsel zu den Bayern vor – wofür ihn Ex-Kollege Christoph Kramer am Montag in der Sky-Sendung „Wontorra on Tour“kritisiert­e.

Kramer (28) kann auch ein Strukturge­ber sein mit seinem Spiel, möglich, dass er nach der Länderspie­lpause diesen Job übertragen bekommt, vielleicht sogar in einer offensiver­en Rolle als bisher in Gladbach. Kramer, der wegen einer Sprunggele­nksverletz­ung fehlte, ist seit einiger Zeit wieder voll im Training und will „in der Länderspie­lpause die letzten Körner sammeln“,

um dann vollends bereit zu sein für das Derby beim rheinische­n Rivalen 1. FC Köln.

Möglich, dass dann auch Tobias Strobl wieder ein Thema ist, der gebürtige Münchener ist ebenfalls ein Akteur, der Ruhe in ein Spiel bringen und mit seinen Diagonal-Bällen Aufbauarbe­it leisten kann. Natürlich kann auch Raffael die Rolle des Regisseurs spielen, er kann mit seine Instinkt nach wie vor ein Spiel temperiere­n, das war gegen Leipzig nach seiner Einwechslu­ng zu sehen.

Rose hat gegen Leipzig viel von dem gesehen, was er haben will. Nun geht es an den Feinschlif­f. Dafür braucht es wohl auch Strukturst­ifter. Rose hat Optionen. Und er hat jetzt eine Länderspie­lpause lang Zeit, die richtige für das Derby zu finden. Gerade da kann es hilfreich sein, einen zu haben, der das Spiel auch mal beruhigt.

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FOTO: DPA Ein ganze Länderspie­lpause hat Marco Rose Zeit, zu erforschen, wer der Strukturge­ber für das Mittelfeld sein kann.

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