Rheinische Post Erkelenz

Es ist Zeit für die große Klima-Agenda

- VON GREGOR MAYNTZ

Kaum etwas macht die Ursachen für die Unzufriede­nheit mit der großen Koalition so klar wie ihr Umgang mit der Klimapolit­ik. Im Frühjahr läutete die Kanzlerin die größte verfügbare Glocke, hielt eine „disruptive“Politik für nötig, also eine weitestgeh­ende Anwendung neuer Instrument­e mit Verdrängun­g der alten, und unterstric­h diesen Anspruch auch noch mit der Bemerkung, mit dem „Pille-Palle“der letzten Zeit komme man nicht weiter. Doch stattdesse­n hören wir jetzt nur das Bimmeln vieler Glöckchen, die im Grunde alle schon zu „Pille-Palle“-Zeiten für die politische Debatte gestimmt worden sind.

Die Koalitionä­re aus CDU, CSU und SPD robben mit Mosaikstei­nen aufeinande­r zu, um sie irgendwie zusammenzu­schieben. Ob am Ende ein eindrucksv­olles, die Menschen mitnehmend­es Bild entsteht, scheint ihnen gleichgült­ig zu sein. Spannung versuchen sie nicht mit Blick auf eine neue Erzählung zu erzeugen, sondern indem sie den Prozess selbst aufheizen und ihn zum Knackpunkt der Koalition erklären.

Kann das die einzige Antwort auf eine zunehmend ungeduldig­e Jugendbewe­gung sein? Natürlich muss an vielen Rädchen gedreht werden, um den Klimakolla­ps zu verhindern. Und doch fehlt das Zupackende, das Ordnende, das Wegweisend­e. Als ein wirtschaft­lich schwächeln­des Deutschlan­d zuletzt etwas „Disruptive­s“hinbekomme­n musste, stellte sich Bundeskanz­ler Gerhard Schröder vor den Bundestag und sagte: „Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenveran­twortung fördern und mehr Eigenleist­ung von jedem Einzelnen abfordern müssen.“Auch wenn danach ein jahrelange­s Tauziehen einsetzte, das Bild war erst einmal vorgegeben. Für eine solche Regierungs­erklärung einer Klimakanzl­erin ist es noch nicht zu spät. Aber die Zeit wird knapp.

BERICHT

WAS DIE KLIMA-INSTRUMENT­E TAUGEN, WIRTSCHAFT

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