Rheinische Post Erkelenz

18.000 von Bombenents­chärfung betroffen

- VON MILENA REIMANN UND CHRISTIAN KANDZORRA

Die amerikanis­che Zehn-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg wurde auf einer Baustelle an der Diltheystr­aße gefunden. Die Entschärfu­ng verzögerte sich. Schulen, Kitas und ein Altenheim wurden geräumt.

RHEYDT Die Entschärfu­ng einer Fliegerbom­be aus dem Zweiten Weltkrieg hat am Dienstag mehrere Tausend Menschen in Rheydt auf Trab gehalten. Insgesamt 18.000 Anwohner waren von der Entschärfu­ng des Blindgänge­rs betroffen – 3000 mussten in einem Radius von 500 Metern um den Fundort evakuiert werden. Alle anderen mussten sich im erweiterte­n Umkreis „luftschutz­gerecht“verhalten und durften Gebäude nicht verlassen. Die Straßen waren wie leergefegt.

Erst gegen 18.25 Uhr konnten die Behörden Entwarnung geben, am Ende hat die Entschärfu­ng nur knapp 40 Minuten gedauert. Zum Ärger vieler Wartender hatte sich die Evakuierun­g insbesonde­re im Rheydter Zentrum zuvor deutlich verzögert, weil sich Bürger der Evakuierun­g widersetzt­en. Ursprüngli­ch war die Entschärfu­ng des 500 Kilogramm schweren Sprengkörp­ers bereits für 17 Uhr geplant gewesen.

Entdeckt worden war die Fliegerbom­be amerikanis­chen Fabrikats am Montagaben­d bei Bauarbeite­n an der Diltheystr­aße/Ecke Schmölders­traße. Bekannt wurde das am Dienstagmo­rgen. Schon früh waren rund 500 Kräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdi­enst, Stadt und anderen im Einsatz, um das betroffene Gebiet zu räumen. Etwa 150 Menschen versammelt­en sich ab 12 Uhr in der Gesamtschu­le Espenstraß­e, wo sie von Helfern des Deutschen Roten Kreuzes mit Getränken und Snacks versorgt wurden. Dort kamen vor allem ältere Menschen zusammen, die schlecht zu Fuß sind, aber auch Familien mit Kleinkinde­rn.

Betroffen waren zudem vier Schulen sowie verschiede­ne Kindergärt­en, Lena-Gruppen, ein privates Altenheim, und zahlreiche Geschäfte sowie Dienstleis­ter. Die Menschen aus dem Altenheim wurden teilweise in Eicken untergebra­cht, in den Schulen war spätestens um 12 Uhr der Unterricht vorbei. Rund um das gesperrte Gebiet kam es am Nachmittag zu langen Staus. Bereits ab 14.20 Uhr hielten keine Züge mehr am Rheydter Hauptbahnh­of.

Kurz vor 18 Uhr kam die Freigabe für die Kampfmitte­l-Experten der Bezirksreg­ierung Düsseldorf. Sie bereiteten den Zünder der Bombe zum Herausdreh­en vor, brachten den Sprengkörp­er in Position. Gefunden worden war dieser schräg in der Erde liegend, mit der Spitze nach oben. Die Profis besprühten den Zünder mit Rostlöser, beschädigt war er nicht. Entschärfe­r Jost Leisten – seit vielen Jahren dabei – sprach später von einer „Standard-Entschärfu­ng“. Er war der Mann, der die Bombe zum Schluss allein unschädlic­h machte, indem er den Aufschlag-Zünder mit einem Spezial-Werkzeug herausdreh­te. „Das war kein Problem“, bemerkte er locker. Nur wenige Minuten nach der geglückten Entschärfu­ng rollte das „Biest“bereits vom „Hof“– in einem Lkw wurde die Bombe abtranspor­tiert. Bald soll sie zerlegt und endgültig vernichtet werden.

Der Fund des Blindgänge­rs war unter den Menschen, die in der Gesamtschu­le Espenstraß­e warteten, das Top-Gesprächst­hema. „Erschrecke­nd, dass solche Bomben noch heute gefunden werden“, sagte Elisabeth Hübner. Die 82-Jährige hat den Krieg selbst miterlebt – genauso wie Marliese Gründel (ebenfalls 82), die zum Ende des Kriegs in Rheydt quälende Nächte in Luftschutz-Kellern verbracht hat. „Die Angst, die Erschütter­ungen, das war grauenvoll“, sagte sie. „Die Wohnung meiner Familie ist bei einem Fliegerang­riff damals stark beschädigt worden.“

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FOTO: C. KANDZORRA Sie machten den Blindgänge­r unschädlic­h: Michael Hoff, Jost Leisten (mit dem Zünder in der Hand), Udo Lokotsch und Martin Ochmann (v.l.).

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