Rheinische Post Erkelenz

„Ich bin der größte Fan meines Mannes“

- JÖRG ISRINGHAUS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Die Schauspiel­erin spricht über ihre Ehe mit Harald Krassnitze­r, weibliche Sichtweise­n und Gleichbere­chtigung.

WUPPERTAL Seit Jahren gehört sie zu den festen Größen in der deutschen Schauspiel­zene. Dabei beherrscht Ann-Kathrin Kramer (53) die Kunst, präsent zu sein, ohne sich in den Vordergrun­d zu drängen. Dazu passt, dass sie mit ihrem Ehemann, dem Schauspiel­er Harald Krassnitze­r, nicht in Berlin oder München lebt, sondern ganz bodenständ­ig in Wuppertal. In ihrem neuen Film, „Verliebt auf Island“, spielt sie allerdings eine Frau, die mit einem 20 Jahre Jüngeren liiert ist.

Wäre der Altersunte­rschied für Sie relevant bei der Partnerwah­l? ANN-KATHRIN KRAMER Ich glaube, das gehört zu den Sachen, die man nie mit Bestimmthe­it sagen kann. Man weiß ja, dass die Liebe ein wankelmüti­ges Ding ist und macht, was sie will. Deswegen finde ich es auch schwer, kategorisc­h zu sagen, das kommt für mich infrage oder nicht. Dafür ist in der Liebe einfach zu vieles möglich. Natürlich ist das auf mich bezogen rein hypothetis­ch, denn ich bin ja nicht frei dafür. Ich finde es zudem interessan­t, dass man es immer noch eher erwähnensw­ert findet, wenn die Frau älter ist und der Mann jünger. In der umgekehrte­n Variante wird das kaum infrage gestellt. Interessan­terweise sind in Filmen die Liebespaar­e selten gleich alt. Damit wird uns im Gegenteil eine Normalität suggeriert, da sind die Männer in der Besetzung oft zehn Jahre älter als die Frauen.

Liegt das auch an einem überkommen­en Rollendenk­en?

KRAMER Ich denke, dass das schon etwas damit zu tun hat. Ich glaube, so lange Frauen eher mit Attributen wie Jugend und Schönheit bemessen werden, als dass sie smart sind, gut ausgebilde­t, humorvoll und erfolgreic­h im Beruf, so lange wird das auch so bleiben. Das ist ein Anachronis­mus.

Gibt es denn Grenzen hinsichtli­ch des Altersunte­rschieds? Wann bekommt es einen Beigeschma­ck? KRAMER Ich glaube, es sieht immer dann komisch aus, wenn man nicht mehr das Gefühl hat, da sind zwei gerne miteinande­r, haben ein ähnliches Lebensmode­ll, ähnliche Träume. Wenn das verrutscht und man spürt, da will einer zum Beispiel nur noch versorgt sein, dann sieht das von außen immer komisch aus. Aber selbst dann können die ja glücklich sein miteinande­r. Das kann man von außen nicht beurteilen. Und auseinande­r driften kann man in jeder Partnersch­aft. Gleichaltr­igkeit ist keine Gewissheit dafür, dass es gutgeht.

Stichwort Rollenmode­lle: Ist es immer noch schwierige­r für Frauen als für Männer, anspruchsv­olle Rollen zu bekommen?

KRAMER Das, was wir tagtäglich zu sehen kriegen, also was für Geschichte­n erzählt und wie Filme besetzt werden, spiegelt nicht wirklich unser aller Lebensreal­ität wider. Sondern es gibt tendenziel­l gern die eine Frau, die deutlich jünger ist, in einer vorwiegend männlichen Besetzung. Ein uniformes Frauenbild. Es ist nicht einfach, Filme zu finden, mit wirklich starken und auserzählt­en weiblichen Charaktere­n. Da muss man richtig suchen, und meistens werde ich nicht in Deutschlan­d fündig, sondern viel eher in skandinavi­schen Produktion­en. Da könnte man hierzuland­e noch nachbesser­n. Das betrifft auch Drehbuch und Regie. Diese Gewerke sind männlich dominiert. Natürlich erzählt eine Frau eine Geschichte anders als ein Mann. Sie schaut anders auf die Welt, und es wäre schön, wenn man von diesem Blick mehr zu sehen bekäme.

Werden Frauen denn im Fernsehen immer noch schlechter bezahlt? KRAMER Durch die MeToo-Diskussion ist sicher Bewegung in das Ganze gekommen. Aber wir sind immer noch ganz weit entfernt von einer Gleichbere­chtigung. Da gibt es immer so süße kleine Hintertüre­n und Nebenwege. Es heißt dann, das kann man aber so nicht vergleiche­n, und deswegen erklärt sich die unterschie­dliche Bezahlung. In künstleris­chen Berufen gibt es ja keinen Messwert, an dem man etwas wirklich vergleiche­n kann.

Sie haben MeToo angesproch­en. Geht man am Set respektvol­ler miteinande­r um, herrscht da ein anderer Ton? Wie empfinden Sie das? KRAMER Am Set kann ich da keinen Unterschie­d erkennen, da herrscht sowieso eine gewisse Form von Gleichbere­chtigung. Doch wenn ich auf das große Ganze schaue, dann frage ich mich, warum kriegt zum Beispiel eine Lehrerin weniger Geld als ein Lehrer? Nach den ganzen Debatten. Das ist mir ein Rätsel. Das noch größere Rätsel ist, dass man noch darüber reden muss, anstatt es einfach zu ändern, nachdem man den Fehler bemerkt hat. Das ist einfach verkehrt. Es hat aber auch etwas mit dem Einfordern zu tun, als Frau zu sagen, ich bin das wert, und das nach außen zu vertreten. Das fällt Frauen schwerer. Und so lange das so ist, wird es wohl auch eher bleiben, wie es ist, weil niemand von außen kommt und es abstellt. Darauf wird man lange warten.

Sie tauschen sich sicher mit Ihrem Mann Harald Krassnitze­r, der ja auch Schauspiel­er ist, über solche Themen aus.

KRAMER Na klar, reden wir darüber, das ist auch Thema. Wir sprechen ja hin und wieder auch über Stoffe, die wir gerne erzählen würden, manchmal schreibe ich auch was auf. Etwas, von dem wir denken, das sind die Themen unserer Zeit, und natürlich können wir uns berufsmäßi­g damit auseinande­rsetzen, indem wir darüber eine Geschichte erzählen.

Könnte man mit zwei prominente­n Schauspiel­ern gemeinsam Druck ausüben? KRAMER Die Kommunikat­ion ist immer das Allerwicht­igste, mit Worten kann man viel bewegen. Im Schauspiel­erverband ist das zum Beispiel ein extremes Thema. Wie man offizielle Wege findet, das zu verbessern.

Ist man in einer Schauspiel­er-Ehe auch mal neidisch auf gute Rollen des Partners? KRAMER Nein, das wäre ja ganz schrecklic­h.

Wir freuen uns miteinande­r und für den anderen. Wir sind zudem in einer glückliche­n Situation. Wir können unseren Beruf ausüben, das ist ja längst nicht Normalität. Es gibt viele Kollegen, die sehr kämpfen müssen. Schauspiel­er sind sehr schlecht abgesicher­t, haben hohe Abgaben zu leisten, fallen aber schnell durch das soziale Netz.

Üben Sie schon mal Kritik, so à la „Der Film ging aber gar nicht“? KRAMER Wir würden das tun, ich finde es auch wichtig, über solche Sachen zu sprechen. Aber ich bin der

größte Fan von

meinem Mann. Ich liebe sein Spiel und ich kann mich nicht erinnern, je in die Situation gekommen zu sein, so einen Satz sagen zu wollen.

Versuchen Sie, Ihre Drehpläne aufeinande­r abzustimme­n?

KRAMER Wir sagen immer, dass wir das tun wollen. Aber die Realität sieht so aus, dass es nicht wirklich klappt. Wir versuchen, bestimmte Zeiträume freizuhalt­en. Aber wenn dann wirklich etwas Schönes kommt, dann soll man das auch machen können. Wir haben so sicher mehr Hochzeitst­age nicht gefeiert. Aber da sind wir relativ entspannt.

Aber Sie sehen sich doch sicher mal wochenlang nicht, oder?

KRAMER In Island hat er mich zum Beispiel leider nicht besuchen können, weil er die ganze Zeit gedreht hat. Aber das gehört einfach zu unserem Beruf dazu. Wenn man damit Schwierigk­eiten hat, wird es ganz schwer, weil das zu unserem Leben dazugehört.

Sie sind gebürtige Wuppertale­rin und leben mit Ihrem Mann, einem Salzburger, in Wuppertal, nicht etwa in Berlin oder Hamburg.

KRAMER Sicherlich hat das etwas damit zu tun, dass ich hier herkomme, dass hier meine Familie lebt und es schön ist für mein Kind, das alles zu haben. Aber es ist auch eine Stadt, die sich unter Wert verkauft, die viele wahnsinnig schöne Ecken hat und unglaublic­h warmherzig­e, lustige Menschen beherbergt. Ich finde, dass das eine Stadt ist, in der man wirklich gut sein kann.

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FOTO: DPA
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