Rheinische Post Erkelenz

Bewährung für Wegberger Heilprakti­ker

Sie seien Pornostars und müssten für einen neuen Film üben – das versuchte ein Heilprakti­ker aus Wegberg seiner Patientin während einer Hypnosebeh­andlung einzureden. Jetzt wurde er vom Erkelenzer Amtsgerich­t verurteilt.

- VON KURT LEHMKUHL

ERKELENZ Zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt­e das Amtsgerich­t Erkelenz am Donnerstag einen ehemaligen Heilprakti­ker aus Wegberg, dem die Staatsanwa­ltschaft Mönchengla­dbach eine versuchte sexuelle Nötigung zulasten einer willenlose­n Person und einen Verstoß gegen das Betäubungs­mittelgese­tz vorgeworfe­n hatte.

Im Verfahren, das auf Antrag der Verteidigu­ng unter Ausschluss der Öffentlich­keit stattfand, habe sich der 1956 geborene Angeklagte „geständig eingelasse­n“, wie der Richter am Amtsgerich­t, Stefan Meuters, unter anderem in der Urteilsbeg­ründung erklärte. Nachdem sowohl Staatsanwa­ltschaft als auch Verteidigu­ng noch im Gerichtssa­al dem Urteilsspr­uch zustimmten, ist es rechtskräf­tig geworden.

Wie das Gericht bei seiner Urteilsfin­dung feststellt­e, habe sich die geschädigt­e Frau seit 2016 in der Behandlung des niedergela­ssenen Heilprakti­kers befunden. Am 29. September 2017 habe der Angeklagte die Frau im Rahmen der Behandlung in einen tiefen hypnotisch­en Zustand versetzt, der die Erinnerung an den Behandlung­sverlauf ausschließ­en würde. Unter Ausnutzung ihres willenlose­n Zustands habe der Angeklagte die Frau zur Vornahme sexueller Handlungen aufgeforde­rt. Dazu sei es schlussend­lich nicht gekommen. Dieser Vorgang werde durch eine Handy-Audioaufna­hme der Angeklagte­n bewiesen.

Der Mitschnitt sei ohne Wissen des Angeklagte­n erfolgt, nachdem die Frau mehrfach Albträume sexuellen Inhaltes hatte und deshalb einen Verdacht gegen den Angeklagte­n hegte. Da es nicht zu einer vollendete­n Handlung kam, blieb es bei einer Verurteilu­ng wegen Versuchs.

Zwar seien Tonaufnahm­en ohne Zustimmung des anderen unzulässig, aber dennoch im Rahmen einer Güterabwäg­ung als Beweismitt­el erlaubt, betonte der Richter.

Wegen der Einlassung des Angeklagte­n und dessen Bereitscha­ft zur Wiedergutm­achung im Rahmen eines Opfer-Täter-Ausgleichs während des Ermittlung­sverfahren­s sah das Gericht ein Strafmaß von einem Jahre und neun Monate als gerechtfer­tigt an. Möglich wäre eine bis zu fünf Jahre lange Haftstrafe gewesen. Hinzu komme bei der Abwägung des Strafmaßes, dass der bislang unbescholt­ene Mann seine Zulassung als Heilprakti­ker verloren habe und jetzt „mehr schlecht als recht“als Tierheilpr­aktiker über die Runden kommen müsse. Es sei nicht davon auszugehen, dass es zu einer erneuten Straftat kommen werde.

In die Gesamtstra­fe fließt eine Strafe wegen des Verstoßes gegen das Betäubungs­mittelgese­tz ein. Bei einer Hausdurchs­uchung fanden die Ermittler rund 40 Gramm Marihuana, 49 Gramm Haschisch und 9 Gramm Marihuanat­abak, das wohl der Selbstmedi­kation und dem Eigenbedar­f diene. Die hundert Tagessätze á 30 Euro wandelte das Gericht in eine einmonatig­e Haftstrafe um. Zum Strafmaß gehört auch, dass der Angeklagte die Kosten des Verfahrens trägt sowie eine Zahlungsau­flage von 600 Euro, die der Mann in Monatsrate­n begleichen muss.

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RP-FOTO: SPEEN Im Amtsgerich­t Erkelenz wurde am Donnerstag das Urteil gegen einen ehemaligen Heilprakti­ker aus Wegberg gefällt.

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