Theater im Aufbruch
Vor 20 Jahren wurde das FFT als Plattform für die freie Szene gegründet. Seitdem wird an zwei Spielorten mit den Möglichkeiten des Theaters experimentiert. 2021 bekommt das FFT eine neue Bühne im „KAP 1“am Hauptbahnhof.
Das FFT feiert 20-jähriges Bestehen, aber Zeit zurückzuschauen hat das Theater eigentlich nicht. Es steht Großes ins Haus, ein Umzug nämlich. Das FFT sieht dem größten Umbruch entgegen, seit es am 9. September 1999 eröffnet wurde. Deshalb sind die Blicke gerade nicht so sehr zurück-, sondern nach vorn gerichtet.
Wenn in diesen Tagen die neue Spielzeit beginnt, ist das die letzte, die so über die Bühnen geht, wie es das Haus seit 20 Jahren gewohnt ist. An zwei Spielstätten, an zwei Orten, den Kammerspielen an der Jahnstraße und dem Juta an der Kasernenstraße – und vor jedem Besuch schaut man noch mal schnell ins Internet, wo man heute Abend eigentlich hin muss. Ab der übernächsten Spielzeit, 2020/2021, findet der Betrieb nur noch an einem Spielort statt, dem „KAP 1“. So wird das noch im Umbau befindliche neue Kulturzentrum gegenüber dem Hauptbahnhof genannt, wo früher die Post war. Der Umzug wird mitten im Saisonverlauf erfolgen, im Frühjahr 2021, das ist kompliziert, die Planungen laufen längst.
Dass es dazu kommt, hat sich in den vergangenen Jahren ergeben, als sich das Theater vor 20 Jahren gründete, war man froh, dass man auf den Bestand zurückgreifen konnte. Das Juta wurde schon von einem Theaterverein bespielt, aus dem heraus sich der Trägerverein des FFT gründete. Die Kammerspiele standen damals leer. FFT, das steht für Forum Freies Theater, was so formal aber niemand sagt, außer vielleicht der Oberbürgermeister, wenn er am kommenden Montag seine Geburtstagsgrüße überbringt. Das Theater sollte eine Plattform für Künstler und Gruppen werden, die an kein städtisches Schauspiel gebunden sind. Man wollte eine „richtig freie Szene“aufbauen, erinnert sich Jürgen Mühle, damals und heute Vorsitzender des FFT-Vereins. Abenteuerlich, interessant, relevant für ein junges und experimentierfreudiges Publikum sollte das Programm werden. Weg vom Guckkasten-Theater wollte man, längst wurde auf Straßen und Plätzen performt.
80 Bewerbungen bekam er auf den Tisch, so Mühle, als der Verein die Theater-Leitung ausschrieb, darunter Intendanten städtischer Bühnen, die im FFT etwas Neues sahen. Ausgewählt wurde von einer Kommission schließlich Niels Ewerbeck, der das Theater für fünf Jahre führte, bis er nach Zürich wechselte. Seit 2004 ist Kathrin Tiedemann künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin.
Der Trägerverein hat seit jeher die Finanzen im Griff – 2018 bekam das FFT 935.800 Euro von der Stadt und 352.320 Euro vom Land, weitere Mittel gab es für Einzelprojekte –, Tiedemann und ihre Mitarbeiter sind für den Spielbetrieb zuständig. 23.700 Menschen besuchten laut FFT in der vergangenen Spielzeit 410 Veranstaltungen des Theaters, das entspricht einer Auslastung von 80 Prozent. Düsseldorfer Gruppen wie Billinger und Schulz oder Half Past Selber Schuld, die heute weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sind, haben am FFT angefangen. Auswärtige wie die jüngst mit dem Berliner Theaterpreis ausgezeichneten She She Pop waren dort schon in frühen Jahren zu Gast. „Eine Idee, die von der Gründung bis heute wichtig für unsere Arbeit ist, besteht darin, einerseits die lokale freie Szene zu unterstützen und gleichzeitig eine überregionale und internationale Vernetzung anzuregen“, sagt Tiedemann.
Konzipiert worden sei das FFT als Theater, „das aktuelle Fragen stellt, neue Theaterformen findet und Grenzen überschreitet“, so Tiedemann. Zurzeit spiele für viele Künstlergruppen eine große Rolle, „wie wir in Zukunft zusammenleben wollen“oder Fragen, die sich aus den Umbrüchen durch die Digitalisierung ergeben. Die Beantwortung solcher Fragen gelingt mal besser, mal schlechter. Es ist schon vorgekommen, dass man das Theater verließ und wenig verstanden hatte. Theater als Experiment, okay, aber wenn man die Versuchsanordnung nicht begreift, wird es schwer. Auch Jürgen Mühle kennt Abende, an denen er später dachte, „das hätte nicht sein müssen“. Aber: „Die Fehlschläge gehören dazu“, sagt er.
Vom Umzug ins „KAP 1“an den Hauptbahnhof erhoffen sich Mühle und Tiedemann noch einmal größere Sichtbarkeit und neue Zuschauer. Mit der Zentralbibliothek und dem Theatermuseum, die ebenfalls dorthin ziehen, möchte Tiedemann gerne zusammenarbeiten. „Je näher der Umzug rückt, desto konkreter werden auch die Vorstellungen, welche Möglichkeiten uns der neue Standort und die neuen Theaterräume bieten werden“, sagt die FFT-Leiterin. Nach mehr als 20 Jahren werde das ein Neuanfang.