Goldgelber Flachs und blaues Wunder
Beim großen Erntefest gaben Leute aus Wegberg-Beeck und Umgebung geerntete Flachsbündel zur weiteren Verarbeitung im Flachsmuseum ab. Der längste Stängel und die schönsten Pflanzenfotos wurden prämiert.
BEECK Die Besucher konnten beim großen Erntefest am Flachstag im Flachsmuseum ihr „doppeltes blaues Wunder“erleben: Traditionell bedeutet die Blütezeit des Flachses für den Heimatverein Wegberg-Beeck und seine vielen Aktiven ein blaues Wunder. Zeigt sich doch jede Blüte nur ein einziges Mal und leuchtet dann mit den anderen Farben der Natur um die Wette. Ebenso um ein blaues Wunder handelt es sich, wenn Naturfärber die Leinentücher in ein Indigofarbgemisch tauchen und die Stoffe nach dem Herausziehen an der Luft die Farbe von Grün zu Blau wechseln. Diese Besonderheit war beim Fest am Stand von Ulrike Bogdan zu bewundern. Dazu färbte Christiane Schreder von der Kleinen Farm Rickelrath Schafwolle mit Birkenblättern oder Blauholz. Und innerhalb der diesjährigen, einmaligen Mitmach-Aktion „Beeck wird blau“hatten Beecker und weitere Teilnehmer selbst Flachs angebaut. Sie brachten die geernteten Flachsbündel, von denen der längste Stängel ermittelt wurde, her. Dazu wurden die Siegerfotos des dazu durchgeführten Fotowettbewerbs enthüllt.
Die Rekordhöhe von 127 Zentimetern hat Erich Gundel mit seiner Flachsernte erreicht – der frühere Beecker Metzger trug somit den Sieg davon. Beim Fotowettbewerb waren es gleich sieben Glückliche, die die Jury mit ihren Aufnahmen von Pflanzen aus eigenem Anbau überzeugten. „Etwas über 150 Fotos haben wir bekommen“, erzählte Klara Schlömer, die den Wettbewerb initiierte und managte, während Bruder Heinz die Aufnahmen bei Bedarf vergrößerte und auf Träger aufzog. Nach einer Vorauswahl durch Profifotografen hatten die Vereinsmitglieder die ihrer Meinung nach schönsten ausgewählt. Eine von drei Tafeln war bereits zu sehen: Die allerengste Auswahl mit Darstellungen vom ersten kleinen Pflänzchen über die erste Blüte pünktlich zum Flachsmarkt in Krefeld bis zu einem Flachsstreifen mitten auf einer Straße. Mit Spannung erwartet, enthüllte Klara Schlömer schließlich die linke Fotosammlung – das Siegerfoto mit Kapseltragenden Flachshalmen vor blühendem Hortensien-Hintergrund von Ruth Berloger hatte vollends überzeugt. Die weiteren sechs Werke gehörten den Familien Thißen, Dierkes, Haßel, Schober, Hermanns und Schmitz. Einen Sonderpreis erhielten die fleißigen Mitstreiter aus dem Hause Besancon, die auf ihrem Feldstück akkurat in Reihen säten und von der Aussaat bis zur Ernte alles genau dokumentierten. Alle ausgewählten Fotos des Wettbewerbs, der teilweise durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW im Rahmen des Projektes Neuland des Museumsnetzwerkes Rheinmaas gefördert wurde, werden dauerhaft in den Räumen des Flachsmuseums zu sehen sein.
Während des Erntefestes erlebten die jungen und älteren Besucher hautnah mit, wie der teils von ihnen stammende Flachs weiterverarbeitet wird. Zwei Kinder zogen die reifen Stängel mit Schwung über die Riffelbalken, so dass sich die Kapseln lösten. Diese brach Heinz Schlömer durch kräftiges Aufschlagen eines Bleuels auf. „Früher wurden Halmteile und aufgebrochene Kapseln in flache Körbe geschüttet und hochgeschmissen“, erläuterte Vorsitzender Georg Wimmers die Arbeitsschritte, „der Wind blies die Reste weg und der Leinsamen viel runter.“An diesem Tag setzten die Mitglieder dafür die Wannemühle ein. Während Betreiber der Rickelrather Schrofmühle den Lein später abholten, um in der Mühle daraus Öl zu schlagen, wurden im Museum die nächsten Schritte deutlich. So werden die Flachshalme im Verfahren der Tauröste in den nächsten Wochen auf der Wiese ausgebreitet. Die durch Brechen und Hecheln gewonnen Fasern werden im Fall der Eigenernte im kommenden Jahr gesponnen – eine achtköpfige Spinnergruppe demonstrierte bereits beim Flachstag den Spinnvorgang – und es wird am Webstuhl ein Leinentuch zum Abschluss des Mitmach-Projekts erstellt werden.