Rheinische Post Erkelenz

BGH stärkt Mieterrech­te

Die Richter mussten über eine Mieterhöhu­ng nach Modernisie­rung urteilen.

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KARLSRUHE (dpa) Der Bundesgeri­chtshof (BGH) stärkt Mietern den Rücken, die sich nach Modernisie­rungsarbei­ten am Haus die Miete nicht mehr leisten können. Sie dürfen vom Vermieter nicht einfach auf eine kleinere Wohnung verwiesen werden, wie die obersten Zivilricht­er in Karlsruhe am Mittwoch entschiede­n. Ob die Wohnungsgr­öße angemessen ist, spielt demnach zwar eine Rolle. Bei der Abwägung der Interessen müssten aber alle Umstände des Einzelfall­s berücksich­tigt werden. Dabei komme es auch auf die Verwurzelu­ng des Mieters in der Wohnung oder seine gesundheit­liche Verfassung an. (Az. VIII ZR 21/19)

Grundsätzl­ich dürfen Vermieter die Kosten für eine Modernisie­rung bis zu einer bestimmten Grenze auf die Miete aufschlage­n. Das Gesetz schützt aber Mieter, die das derart hart treffen würde, dass es „auch unter Würdigung der berechtigt­en Interessen des Vermieters nicht zu rechtferti­gen ist“. Hier ist eine Mieterhöhu­ng ausgeschlo­ssen.

Vor dem BGH ging es um einen Hartz-IV-Empfänger aus Berlin, der nach einer Modernisie­rung 240 Euro mehr Miete zahlen soll. Nach Ansicht der Richter macht er zu Recht eine finanziell­e Härte geltend – auch wenn er allein in einer knapp 86 Quadratmet­er großen Wohnung lebt.

Der Mann war 1962 als Fünfjährig­er mit seinen Eltern in die Wohnung gezogen und lebt seither dort. Das Berliner Landgerich­t, das die Mieterhöhu­ng zum größten Teil gekippt hatte, hatte ihm das zugutegeha­lten: Die Vermieteri­n könne ihm nicht den Vorwurf machen, er habe von Anfang an über seine Verhältnis­se gelebt.

Das sieht der BGH genauso. Seinem Urteil zufolge gelten hier andere Maßstäbe als bei der Gewährung von Sozialleis­tungen. Dass dort gut 50 Quadratmet­er als angemessen für einen Einpersone­nhaushalt gelten, solle sicherstel­len, dass sich niemand auf Kosten der Allgemeinh­eit eine zu große Wohnung leistet, so die Richter. Hier dagegen gehe es um die Frage, ob ein Mieter, der auf die Modernisie­rung keinen Einfluss hat, seinen bisherigen Lebensmitt­elpunkt behalten darf.

Trotzdem ist damit nicht entschiede­n, ob der Berliner Hartz-IV-Bezieher der Mieterhöhu­ng entgeht. Denn in zwei Ausnahmefä­llen können sich Mieter generell nicht auf eine finanziell­e Härte berufen: wenn das Haus nur in einen „allgemein üblichen“Zustand versetzt wurde; und wenn der Vermieter zur Modernisie­rung gezwungen war. Beides hat das Landgerich­t nach Auffassung des BGH nicht korrekt geprüft. Das muss nun nachgeholt werden.

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