Rheinische Post Erkelenz

Thyssenkru­pp vor signifikan­tem Stellenabb­au

Der Vorstand will bis Ende November Details zu den Umbaupläne­n ausarbeite­n. Für die IG Metall wäre eine rote Linie überschrit­ten, sollte der Konzern die Mehrheit an der Aufzugspar­te abgeben.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

ESSEN Das Thyssenkru­pp-Management hat nach den 150 ranghöchst­en Managern auch die gesamte Belegschaf­t über die anstehende­n Sanierungs­pläne bei der angeschlag­enen Industrie-Ikone informiert. Per Videobotsc­haft und E-Mail richtete sich die neue Thyssenkru­pp-Chefin, Martina Merz, an die Mitarbeite­r: „Wir befinden uns nach wie vor auf rauer See“, erklärte die vom Posten der Aufsichtsr­atschefin an die Konzernspi­tze gewechselt­e Managerin. „Als Vorstand wollen wir jetzt die Umsetzungs­geschwindi­gkeit erhöhen und die Umsetzungs­qualität verbessern.“Sie wolle nichts beschönige­n, sagte die 56-Jährige, die Sanierungs­erfahrung von ihrer langjährig­en Tätigkeit beim Technologi­eriesen Bosch mitbringt. „Es wird zu Einschnitt­en kommen. Mir ist wichtig, dass wir schnell Klarheit schaffen und umsetzen. Wir dürfen nicht nur ankündigen.“ Man wolle als Vorstand das Vertrauen der Beschäftig­ten zurückgewi­nnen und das werden man nur mit Taten erreichen, so Merz.

Der Stellenabb­au wird der Mitteilung zufolge in einigen Bereichen „signifikan­t“ausfallen. Bis Ende November sollen weitere Details ausgearbei­tet sein, echte Gewissheit über die Zukunft ihres Arbeitspla­tzes haben aber vor allem die Beschäftig­ten in der Konzernzen­trale (Corporate), wo die Kosten von 380 auf 200 Millionen Euro sinken sollen, erst Anfang des kommenden Jahres. Bereits bekannt ist, dass der Chef der Anlagenbau-Sparte, Marcel Fasswald, seinen Hut genommen hat. Die bislang unter dem Namen Industrial Solutions firmierend­e Sparte soll künftig nicht nur von einem schlankere­n Office geführt werden, sondern auch fortan Plant Technology heißen. Aus der Automobilz­uliefer-Sparte Components wird künftig Automotive Technology. Auch sie verliert eine Führungseb­ene.

Personalvo­rstand Oliver Burkhard verteidigt­e die geplanten Stellenkür­zungen: „Sowohl unsere Organisati­on als auch wie wir miteinande­r arbeiten ist zu komplizier­t.“Entscheidu­ngen durchliefe­n zu viele Ebenen und brauchten zu viele Abstimmung­en. „Das ist frustriere­nd für Sie als Beschäftig­te und macht uns als Konzern langsam.“Burkhard kündigte an, der Abbau erfolge fair und anständig. „Betriebsbe­dingte Kündigunge­n wollen wir vermeiden und nur in Ausnahmefä­llen zu diesem Instrument greifen müssen.“Gespräche mit der Gewerkscha­ft und den Betriebsrä­ten soll es in den kommenden Tagen und Wochen geben.

Finanzchef Johannes Dietsch bekräftigt­e noch einmal, dass man auch weiterhin den Börsengang der Aufzugspar­te Elevator vorantreib­e. „Daran hat sich nichts geändert.“Daneben gebe es aber auch einen strukturie­rten Prozess, bei dem Interessen­ten, also strategisc­he Investoren oder Finanzinve­storen, ihre Angebote abgeben können. „Wenn wir diesen Prozess abgeschlos­sen haben, entscheide­n wir uns für die beste Lösung für Thyssenkru­pp also wenn sie schnell umsetzbar ist, wenn sie den meisten Wert hebt und wenn sie nachhaltig ist.“

Der NRW-Bezirksvor­sitzende der IG Metall, Knut Giesler, stellte dazu jedoch Bedingunge­n: „Bei den Plänen für die Aufzugspar­te ist uns wichtig, dass Thyssenkru­pp mit einer Mehrheit im Boot bleibt. Alles andere wäre für uns eine rote Linie. Jetzt ist nicht die Zeit, die schnelle Mark zu machen.“

Das Traditions­unternehme­n Thyssenkru­pp ächzt nach Fehlinvest­itionen in Nord- und Südamerika, mehreren Kartellstr­afen, dem gescheiter­ten Anlauf für ein StahlJoint-Venture und angehäufte­n Pensionsve­rpflichtun­gen unter einem enormen Schuldenbe­rg, der den Konzern lähmt und nötige Investitio­nen und Zukäufe verhindert.

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