Rheinische Post Erkelenz

Die Seele brennt lichterloh

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Neben Wurstskand­al, Klimablock­aden und Amtsentheb­ungsverfah­ren gab es vergangene­r Sonntag ein zauberhaft­er Lichtblick im tristen Grau unseres untergehen­den Abendlande­s, für nicht zu sagen, ein hoffnungss­pendender Regenbogen, der sich so unerwartet erhob wie dereinst Felix aus der Asche: Borussia Mönchengla­dbach ist Tabellenfü­hrer der Fußball-Bundesliga!

Für mich persönlich zurzeit der schönste Retro-Trend – noch vor Plattenspi­eler, Polaroidka­mera und Übergangsj­acken. Wenn man durch Mönchengla­dbach stolziert, umweht einen dieser Tage ein Hauch der 70er Jahre, was ausnahmswe­ise mal nicht an die architekto­nische Infrastruk­tur liegt. Man rechnet förmlich damit, beim Überqueren der Hindenburg­straße von ein junger Günter Netzer mit sein aufgemotzt­er Porsche angefahren zu werden.

Das sind Glücksgefü­hle, die sich ein FC-Köln-Fan nicht mal mit zwanzig Kölsch antrinken kann. Auch wenn der ein oder andere neidische Spötter behauptet, dass der Vorsprung auf die nächsten sechs Verfolger extrem knapp ist, sei dadrauf hingewiese­n, dass er immerhin so komfortabe­l ist, dass unsere Borussia am kommenden Wochenende nicht von die Tabellensp­itze verdrängt werden kann. Das mag an die Länderspie­lpause liegen, ändert aber nix an die Tatsache.

Außerdem war es bestimmt kein Zufall, dass am Sonntag jede Menge aktuelle und ehemalige Bundesliga­trainer auf die Tribüne saßen, schließlic­h waren sie im Rahmen ihrer Übungsleit­er-Tagung zum Lernen im Borussiapa­rk und eine bessere Abschlussp­rüfung hätten sie sich wohl kaum wünschen können. Die Gladbach-Mania kennt zurzeit keine Grenzen: Begeistert­e türkische Polizisten sichern sich Fan-Fahnen als Souvenirs, der KFC Uerdingen engagiert Stefan Effenberg, ohne zu wissen, wofür, und selbst Uli Hoeneß gibt sich angesichts der niederrhei­nischen Machtdemon­stration mit ein solider dritter Platz zufrieden und verzichtet auf eine Pressekonf­erenz. Was wärmt ein Herz mehr, als eine Seele, die brennt?!

Euer Hastenrath­s Will

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