Rheinische Post Erkelenz

Fallpausch­alen passen nicht zu Kindern

- VON THOMAS REISENER

Die Einführung der Fallpausch­ale vor rund zehn Jahren war gut gemeint: Damit kein Krankenhau­s mehr versucht ist, Kranke länger und komplizier­ter als nötig zu therapiere­n, sollten konkrete medizinisc­he Leistungen die Höhe der Rechnung bestimmen und nicht mehr die Aufenthalt­sdauer der Patienten.

Bei der Abrechnung kindermedi­zinischer Leistungen funktionie­rt das aber nicht. Kinder brauchen viel mehr Zeit und Erklärunge­n als Erwachsene, bevor sie mit einer Behandlung einverstan­den sind. Sie brauchen auch ein eigenes Sortiment an Masken, Tuben und Kanülen. Andere Narkoseges­präche und vielleicht auch noch ein zusätzlich­es Bett für die Mutter oder den Vater, wenn sie anders nicht einschlafe­n können. Diesen Mehraufwan­d berücksich­tigt das komplizier­te Fallpausch­alen-System aber offenbar nicht. Der Behandlung­saufwand von Erwachsene­n mag ja noch standardis­ierbar sein. Dass Kinder – zumal in Notsituati­onen – keinem Standard mehr entspreche­n, leuchtet auch dem Laien ein. Man kann es den Krankenhau­smanagern nicht verübeln, wenn sie in ihren Kinderstat­ionen ein wachsendes Problem sehen.

Trotzdem sollte man die Kirche im Dorf lassen. Das bundesweit­e Angebot an kindermedi­zinischen Kapazitäte­n ist immer noch gut, und insbesonde­re in NRW ist es im Bundesverg­leich überdurchs­chnittlich. Eine Schieflage mag sich abzeichnen. Aber wirklich dramatisch scheint die Situation noch nicht zu sein. Wie das ganze deutsche Gesundheit­ssystem überhaupt besser ist als sein Ruf. Zwar wird überall und oft auch mit guten Gründen darüber geklagt. Aber wenn irgendwo auf der Welt ein Deutscher schwer erkrankt, will er in aller Regel vor allem eins: schnell nach Hause, um sich dort behandeln zu lassen. Dafür muss es ja auch einen Grund geben.

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KINDERKLIN­IKEN GERATEN UNTER DRUCK, TITELSEITE

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