Talente im Blickfeld
Nicht nur bei den Profis läuft es in dieser Saison gut, sondern auch im Nachwuchsbereich. Alle älteren U-Mannschaften überzeugen in ihren Ligen. Einige Youngster hat Trainer Marco Rose schon besonders im Auge.
Die Arbeit mit jungen Spielern liegt Borussias Trainer Marco Rose besonders am Herzen. Er selbst ist den Weg über die Nachwuchsabteilung von RB Salzburg zu den Profis als Trainer gegangen. Mit der U19 des österreichischen Klubs, von dem er zu Borussia kam, gewann er beispielsweise die UEFA Youth League, mehr geht im Jugendfußball nicht. Daher hat Rose auch immer ein Auge für den Nachwuchs, auch in Gladbach, wo er sich immer wieder mal Partien der U-Mannschaften ansieht. Und dabei haben sich schon einige Spieler aufgedrängt.
Im Training integrierte Rose schon einige Youngster, bei Testspielen gab er ihnen die Gelegenheit, sich zu zeigen, und teilweise waren sie sogar schon im Profi-Kader. Vier Talente haben sich besonders in sein Blickfeld gespielt.
Famana Quizera (17): Der junge Portugiese ist der wohl aussichtsreichste Spieler im „Fohlenstall“, dem Jugendinternat der Borussen. Dem Mittelfeldspieler wird eine große Zukunft vorhergesagt, im Training und beim Vorbereitungsspiel im Sommer gegen SCO Angers (2:1) zeigte er bei den Profis schon gute Ansätze. Aufgrund einer Schulterverletzung konnte er in der U19-Bundesliga aber erst ein Spiel machen, indem er gleich zwei Tore erzielte.
Conor Noß (18): In Istanbul gegen Basaksehir FK (1:1) und gegen den FC Augsburg (5:1) stand der Dribbler schon im Profi-Kader. Besonders aufgefallen ist der U19-Nationalspieler Irlands in der Sommer-Vorbereitung beim Testspiel gegen Athletic Bilbao (0:2), als er mit mutigen Eins-gegen-Eins-Aktionen für Gefahr sorgte und einen Treffer vorbereitete, bei dem Alassane Plea jedoch im Abseits stand. „Ich mag Connor, er ist ein guter Fußballer. Er muss aber körperlich noch zulegen“, sagt Rose.
Kaan Kurt (17): Zu Beginn der Vorbereitung bekam der Außenverteidiger die Möglichkeit, sich unter anderem im Trainingslager am Tegernsee zu zeigen, was ihm gelang. Das Borussia-Talent spielt meist aufgrund seiner Spielstärke sogar für die U23 anstatt für die U19.
Tom Gaal (18): Wer das Testspiel gegen Wehen Wiesbaden (1:1) in der vergangenen Länderspielpause gesehen hat, wird den Verteidiger kennen. An der Seite von Tony Jantschke spielte der Stammspieler der Gladbacher U19 sehr souverän, zeigte seine Stärken im Abwehrverhalten und beim Aufbauspiel.
Der Nachwuchs der Borussen ist insgesamt gut aufgestellt, es gibt viele weitere Talente, denen zukünftig der Sprung zu den Profis zuzutrauen ist. Die U17 ist in der Bundesliga-West Vierter, die U19 belegt Rang drei, Borussias U23 ist Fünfter in der Regionalliga West. Ein Ergebnis der Arbeit im „Fohlenstall“vom Team um Roland Virkus, dem Direkor des Nachwuchsleistungszentrum. „Wir haben eine tolle Akademie, die Bedingungen sind super. Deshalb erwarten wir auch, dass für uns etwas dabei rauskommt“, sagt Rose. „Wir haben gute Trainer und talentierte Spieler. Trotzdem ist es kein einfacher Weg. Die Jungs bekommen nichts geschenkt.“
Rose selbst weiß, wie man mit Talenten umgehen muss, nachdem er in Salzburg viele Youngster zu Profis geformt hat. „Talent haben die Jungs alle“, sagt der 43-Jährige. „Jetzt müssen sie hart arbeiten, sich durchsetzen und lernen, mit Widerständen umzugehen.“ Beim 5:1 gegen Augsburg gab es eine Premiere. Erstmals kassierte Borussia ein Gegentor, als sie in Führung lag, das zwischenzeitliche 4:1 war es. Doch daran, dass die Gladbacher sich den Sieg nicht mehr nehmen lassen, wenn sie einmal in Front liegen, änderte auch dieses Spiel nichts. In sechs Pflichtpartien ging das Team von Marco Rose in Führung, sechsmal gewann es. Andersrum kann sich die Bilanz aber auch sehen lassen.
Denn schon dreimal konnte Borussia nach einer gegnerischen Führung punkten. In Mainz (3:1) und gegen Düsseldorf (2:1) sprang sogar noch ein Sieg heraus, in Istanbul gegen Basaksehir FK (1:1) sicherte der Last-Minute-Treffer von Patrick Herrmann den Gladbachern immerhin noch einen Punkt.
Diese Comeback-Qualitäten zeigt auch die Tabelle der Bundesliga, wenn die Partien nach dem Treffer zum 1:0 beendet wären. Borussia belegt in dieser Rangliste nur den zehnten Platz, dies gelang in der Liga lediglich in Köln (1:0), bei 1899 Hoffenheim (3:0) und gegen Augsburg. Weil Gladbach diese Partien alle gewann und dazu noch die Fähigkeit hat, Spiele nach eigenem Rückstand zu drehen, sind die Niederrheiner nach sieben Spieltagen Tabellenführer. Daran hat auch der Mut, der durch diese Erfahrungen entsteht, einen großen Anteil.
„Früher war es manchmal so, dass man nicht das Gefühl hatte, dass wir Spiele noch drehen können“, sagte Christoph Kramer im Interview mit unserer Redaktion. „Weil wir nicht das hohe Anlaufen beherrscht haben, und wenn wir es dann versuchten, haben die Gegner uns auseinandergespielt. Das ist nun anders. Das Spiel gegen Leipzig hat das gezeigt, da haben wir in ungünstigen Momenten zwei Gegentore kassiert, das Spiel trotzdem bis zum Ende offen gehalten und unglücklich 1:3 verloren.“
Im nächsten Saisonblock treffen die Borussen zweimal auswärts auf Borussia Dortmund, zweimal auf AS Rom, spielen in Leverkusen und gegen Frankfurt – allesamt starke Teams, gegen die Phasen, in denen es nicht so gut läuft, programmiert sind. „Das gibt Mut für solche Momente“, sagte Kramer angesichts der Fähigkeit, solche Zeiten in einem Spiel überstehen zu können. „Wir wissen, dass wir mit unserem System unangenehm sind und das Spiel erst verloren ist, wenn es abgepfiffen ist. Die Gewissheit, dass immer was möglich ist, ist bei Rückständen sehr gut.“
Dank der von Rose eingebrachten Spielidee müssen die Gladbacher also keine Partien mehr vorzeitig verloren geben.