Sonntags durchgehend Brötchen
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Bäckereien mit einem angeschlossenen Café sonntags über die Ladenschlusszeiten hinaus Brötchen und Brote verkaufen dürfen.
KARLSRUHE Wer sonntags gern frische Brötchen isst, kann die beim Bäcker seines Vertrauens ganztags kaufen, solange die Bäckerei ihm eine Sitzgelegenheit und einen Tisch bietet. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Donnerstag entschieden, dass Bäckereien mit einem angeschlossenen Café sonntags über die Ladenschlusszeiten hinaus Brötchen und Brote verkaufen dürfen (Aktenzeichen I ZR 44/19). Als „zubereitete Speisen“dürften Brot und Brötchen dort von früh bis spät abgegeben werden.
Der BGH hat die Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs endgültig abgelehnt. Die Wettbewerbshüter hatten bereits vor dem Landgericht München und dem Oberlandesgericht München verloren. Geklagt hatten sie gegen eine Münchner Bäckereikette, der sie illegalen Backwarenverkauf vorgeworfen hatten. Testkäufer, die dem Vernehmen nach von Konkurrenten angeheuert worden waren, hatten im Februar 2016 sonntags um kurz nach elf Uhr vormittags Backwaren gekauft und gegen 15.45 Uhr noch einmal. Dazwischen lagen dreieinhalb Stunden – aus Sicht der Wettbewerbszentrale illegal, weil in Bayern der Sonntagsverkauf auf drei Stunden beschränkt ist. In NRW ist dies für fünf Stunden erlaubt, in Berlin für neun.
Die zeitliche Beschränkung gilt aber aus Sicht der Karlsruher Richter nur für reine Verkaufsbetriebe, nicht aber für Filialen, bei denen es sich um „Gaststättengewerbe im Sinne von Paragraf 1 Absatz eins des Gaststättengesetzes handelt“. Solange also Brötchenverkäufer auch Cafés betreiben, in denen „Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht“werden, gelten die Regelungen des Gaststättengesetzes. Das heißt: Sie dürfen Brot und Brötchen jederzeit außerhalb der Sperrzeiten verkaufen.
Der Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks begrüßte die Entscheidung des Bundesgerichtshofs. „Das ist ein Riesenerfolg für die Branche“, sagte Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider unserer Redaktion. In der Vergangenheit hätten die Bäckereibetriebe hinnehmen müssen, „dass Tankstellen, Bahnhofsupermärkte und andere 365 Tage im Jahr Industriebackwaren verkaufen“. Für viele Handwerksbäckereien seien die Sonn- und Feiertage die umsatzstärksten Tage und eine Möglichkeit, sich gegen die Konkurrenz der Tankstellen und Discounter zu behaupten“, so Verbandspräsident Michael Wippler. Andreas Ottofülling vom Wettbewerbsverband erklärte dagegen, niemand wolle „die Sonntagssemmel verbieten“, aber der Sonntag sei im Bäckereiwesen einer der stärksten Verkaufstage. „Umso mehr müssen hier gleiche Marktbedingungen herrschen.“
Welche Konsequenzen das Urteil haben wird, bleibt offen. „Die Frage, ob und wie lange jemand sonntags verkaufen will, hängt auch an anderen Faktoren – beispielsweise am Standort oder an der Frage, ob der Betreiber höhere Feiertagszuschläge für seine Beschäftigten zahlen will“, gab Schneider zu bedenken. Außerdem gibt es in den einzelnen Bundesländern auch sehr unterschiedliche Anforderungen an Gaststätten. Manche müssen beispielsweise zusätzlich eine Toilette anbieten, andere nicht. Ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums kündigte auf Anfrage an, das Ministerium bereite einen Runderlass an die Bezirksregierungen vor. Die BGH-Rechtsprechung solle möglichst schnell umgesetzt werden.