Lufthansa droht Ufo mit Klage
Die Fluggesellschaft sieht die Streiks der Flugbegleiter-Gewerkschaft als rechtswidrig an. Ab November droht sich der Arbeitskampf zu verschärfen. Bis dahin läuft bei allen Airlines eine Urabstimmung über unbefristete Streiks.
FRANKFURT Über die Bilanz und die Auswirkungen des Streiks bei den Lufthansa-Tochtergesellschaften am vergangenen Wochenende gibt es unterschiedliche Ansichten. Die Lufthansa geht von rund 100 gestrichenen Flügen aus – und spricht von vereinzelten Flugausfällen am Sonntag. Am Streiktag seien rund 90 Prozent der Kabinenbeschäftigten zur Arbeit erschienen. Allerdings gilt diese Zahl für die Kabinencrews konzernweit. Die Kernmarke Lufthansa aber wurde gar nicht bestreikt, sondern nur die Töchter Eurowings, Germanwings, SunExpress und Cityline. Nach Berechnungen des Portals AviationNet liegen die Ausfälle bei den Töchtern teilweise bei mehr als 40 Prozent. Und betroffen seien nicht 100, sondern rund 150 Flüge gewesen.
Nach den Ausständen am Sonntag will die Gewerkschaft in dieser Woche voraussichtlich nicht mehr streiken. „Sollte es aber zu weiteren Aktionen seitens des Konzerns kommen, sind wir kurzfristig in der Lage, die Situation neu zu bewerten und unverzüglich zu reagieren. Der Konzern sollte jetzt die Zeit nutzen, um zu entscheiden, wie er mit den 150 gewichtigen Gründen des gestrigen Tages umgehen will“, forderte der Ufo-Tarifvorstand Daniel Flohr.
Es ist ein Machtkampf zwischen der Gewerkschaft und der Airline. Nach inneren Zerwürfnissen und vielen Querelen bei der Ufo in den vergangenen Monaten waren viele ehemalige Vorstände der Gewerkschaft zurückgetreten. In der Folge erkennt die Lufthansa die Gewerkschaft nicht mehr als Verhandlungspartner an und hat den Status der Ufo als Gewerkschaft auch gerichtlich in Frage gestellt. Das Arbeitsgericht
Frankfurt hatte allerdings im September festgestellt, die Gewerkschaft habe die alten Tarifverträge mit der Fluggesellschaft rechtmäßig gekündigt. Und das setzt den Status als Gewerkschaft natürlich voraus. „Ich halte es da eigentlich mit den Ausführungen des Arbeitsgerichtes Frankfurt“, sagte Rechtsanwalt und Arbeitsrechtsexperte Tobias Werner aus der Kanzlei Weigelt, Ziegler, Werner. „Dass die Ufo nicht tariffähig ist, das kann ich tatsächlich nicht erkennen“.
Die Lufthansa hat dennoch den nächsten Schritt gemacht – vor das Landesgericht. Allerdings wird dort die Verhandlung erst im kommenden April beginnen. Da beide Seiten derzeit keine Anstalten machen, von ihren Positionen abzurücken, sind weitere Arbeitskämpfe wahrscheinlich. So läuft bereits eine Urabstimmung bei der Ufo. Bis zum 1. November sollen die Mitglieder in allen fünf Konzern-Airlines entscheiden, ob sie auch in längere, also auch unbefristete Streiks eintreten wollen. Ebenfalls am 1. November findet die Mitgliederversammlung der Ufo in Frankfurt statt. An diesem Tag will die Gewerkschaft sich formal neu aufstellen nach den Führungsstreitigkeiten der vergangenen Monate. Gut möglich, dass der Lufthansa-Konzern dieses Datum abwartet, um dann die Lage zu bewerten. Denn einerseits liegt ein Abwahlantrag gegen drei noch amtierende Vorstände vor; andererseits gibt es einen Vorschlag zur Reform der Wahlordnung.
Auch die Streiks könnten noch ein juristisches Nachspiel haben. „Jetzt bewerten wir die Situation und prüfen rechtliche Schritte“, sagte eine Lufthansa-Sprecherin. Im Vorfeld des Streiks hatte das Unternehmen der Gewerkschaft bereits mit Schadensersatzforderungen angedroht. Allerdings hatte die Lufthansa vor dem Streik auch geprüft, ob sie mit einer Einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht gegen den Streik vorgehen könnte. Diesen Schritt ist die Lufthansa letztlich dann aber doch nicht gegangen.