Rheinische Post Erkelenz

Rätselhaft­es Attentat auf einen Manager

Erst eine Privatdete­ktei gab den entscheide­nden Hinweis auf den mutmaßlich­en Täter. Der hatte den Vorstand des Energiekon­zerns Innogy in der Nähe seines Wohnhauses mit Säure attackiert. Sein Komplize ist noch nicht gefasst.

- VON MARTIN KESSLER

HAAN Bernhard Günther gilt bei Kollegen als exzellente­r Manager. Immerhin gelang es ihm als einzigem aus der Führung des Energiekon­zerns Innogy, nach der Übernahme durch Eon in den Vorstand der neuen Mutter zu wechseln. Günther denkt schneller als die meisten anderen und lässt das bisweilen seine Mitmensche­n spüren, berichtet einer, der ihn gut kennt. Im Unternehme­n, das bislang als Tochter des RWE-Konzerns die erneuerbar­en Energien bündelt, ist der 52-jährige Manager Finanzchef und war lange Zeit der Vertraute des früheren Vorstandsc­hefs Peter Terium.

Seine Brillanz und sein Sinn für bissige Ironie könnten ihm zum Verhängnis geworden sein. Denn der Manager wurde schon zweimal Opfer von brutalen Attacken. So wurde er vor einigen Jahren beim Joggen von Unbekannte­n brutal zusammenge­schlagen. Am 4. März 2018 lauerten ihm dann zwei Männer in der Nähe seines Wohnhauses auf. Sie warfen ihn zu Boden und schütteten ihm Schwefelsä­ure ins Gesicht. Günther rang damals um sein Leben.

Am Freitag vor einer Woche hat ein Spezialkom­mando der Polizei einen der Hauptverdä­chtigen bei einer

Ringervera­nstaltung in Köln festgenomm­en. Es handelt sich laut Polizeiang­aben um einen 32-jährigen Mann, dem Vernehmen nach um einen serbischen Staatsbürg­er, der Mitglied der Rockergrup­pe „Hells Angels“ist. „Ziel des Anschlags war es, ihn zu entstellen“, sagte am Freitag eine Sprecherin der Wuppertale­r Staatsanwa­ltschaft. Die Strafverfo­lger ermitteln nun wegen schwerer Körperverl­etzung. Dafür gibt es bis zu zehn Jahre Haft. Polizei und Staatsanwa­ltschaft sind äußerst zurückhalt­end mit Informatio­nen. Lediglich ein politische­s Motiv schließt die ermittelnd­e Staatsanwä­ltin derzeit aus.

Das Magazin „Focus“berichtete, dass der mutmaßlich­e Täter im Auftrag eines konkurrier­enden Managers aus der Strombranc­he handelte. Das hat im Umkreis des Unternehme­ns Entsetzen ausgelöst, obwohl das Opfer laut Informatio­nen unserer Redaktion den Untersuchu­ngsbehörde­n durchaus mögliche Tatverdäch­tige nannte. „Wir beziehen das alles ein und gehen jeder Spur nach“, sagte die Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft.

Ein Säureansch­lag ist in Wirtschaft­skreisen nach Auskunft erfahrener Staatsanwä­lte eher selten. Die meisten Attentate mit Gesichtsve­rätzungen sind so genannte Ehrendelik­te. Sie kommen bei Einwandere­rn aus anderen Kulturkrei­sen vor, in denen etwa Untreue in der Ehe als Ehrenverle­tzung gilt. Das Motiv im Fall Günther könnte sein, dass der Auftraggeb­er keinen Mordanschl­ag plante, sondern eine Körperverl­etzung. Da gehe die Polizei anders vor als bei einem geplanten Mord.

Tatsächlic­h stellte die Staatsanwa­ltschaft Wuppertal die Ermittlung­en im September 2018 wieder ein. Es hätte damals weder verfolgbar­e Spuren noch irgendwelc­he Hinweise auf einen Tatverdäch­tigen gegeben, sagte die ermittelnd­e Staatsanwä­ltin. Eine vom Konzern eingeschal­tete Berliner Privatdete­ktei lobte danach einen Betrag von 80.000 Euro für Hinweise aus. Den Betrag wollte Günther sogar aus eigener Tasche bezahlen, wenn der Täter aus seinem privaten Umfeld käme. Ein Tipp aus dem Herkunftsl­and des mutmaßlich­en Täters führte dann zur Ergreifung des Verdächtig­en. Die Staatsanwa­ltschaft bietet in solchen Fällen lediglich eine Belohnung von 1500 Euro an. „Das ist in diesen Milieus zu wenig“, sagt ein Polizei-Insider.

Ein Wuppertale­r Richter hat jetzt gegen den Verdächtig­en Haftbefehl erlassen. Die Behörden fahnden nach weiteren Verdächtig­en. Die Staatsanwa­ltschaft Wuppertal hat dafür schon mehrere Wohnungen durchsuche­n lassen.

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FOTO: DPA Innogy-Manager Bernhard Günther bei einer Pressekonf­ernez seines Konzerns.

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