Rheinische Post Erkelenz

Gladbachs Kapitäns-Effekt

Lars Stindl rettete Borussia in der Europa League in Rom. Und dann wurde er auch noch zum zweiten Mal Vater.

- VON SEBASTIAN HOCHRAINER

ROM Nach nur etwa zwölf Stunden in Rom ging es für Lars Stindl schon wieder Richtung Heimat. Der Kapitän von Borussia Mönchengla­dbach machte nur einen Kurztrip in die Hauptstadt Italiens, der jedoch zu einer ganz besonderen Geschichte wurde, die mit seinem Elfmeterto­r in der Nachspielz­eit beim Europa-League-Gastspiel des Bundesligi­sten zum 1:1 bei AS Rom endete.

Stindl war erst am Mittag vor dem Spiel zur Mannschaft gestoßen, die am Vortag angereist war. Seine Frau Tanita war hochschwan­ger, er wollte sie nicht so lange alleine lassen. Die wahrschein­lich beste Nachricht (neben dem Ergebnis in Rom) der Woche war für den Spielführe­r der Gladbacher am Tag nach der nächtliche­n Rückkehr: Er wurde zum zweiten Mal Vater, sein Sohn kam am Freitag zur Welt.

Marco Rose empfing seinen Kapitän am Donnerstag im Mannschaft­shotel, im Spiel bei der Roma ließ er ihn dann in den letzten 14 Minuten ran. Es war Stindls zweiter Kurzeinsat­z nach einer halbjährig­en Verletzung­spause aufgrund eines Schienbein­bruchs. Und der endete ebenfalls mit einem Erlebnis, das er wohl lange nicht vergessen wird.

Sein 1:1-Ausgleich in der Nachspielz­eit brachte seinem Team einen wichtigen Punkt in der Europa League. Der Elfmeter, den er verwandelt­e, war Gladbach unberechti­gt zugesproch­en worden, nachdem der Ball nicht die Hand von Roms Verteidige­r Chris Smalling, sondern dessen Gesicht berührt hatte. „Nach dem Pfiff war für mich der erste Gedanke, dass ich den schießen möchte“, sagte Stindl. Eine Einstellun­g, die seinem Trainer äußerst positiv aufgefalle­n ist. „Lars hat sofort nach dem Ball gesucht und signalisie­rt, dass er das Ding als Kapitän nehmen will. Das hat mir gefallen“, sagte Rose. „Und wie er ihn dann verwandelt hat, spricht auch für ihn. Spätestens jetzt wissen auch alle, warum er unser Kapitän ist.“Durch Stindls Tor (er traf rechts unten wie einst Andreas Brehme im WM-Finale) hält Gladbach den Anschluss. Dennoch ist das Team mit zwei Zählern Schlusslic­ht der Gruppe J und muss nun auch internatio­nal mit dem Siegen beginnen.

Genau das ist den Gladbacher­n in dieser Saison in der Bundesliga häufiger als jedem anderen Kontrahent­en gelungen. Fünf von acht Partien gestaltete­n die Niederrhei­ner siegreich, das Resultat daraus ist die Tabellenfü­hrung, die der Klub am vergangene­n Wochenende erstmals seit den 1970er-Jahren wieder verteidige­n konnte. Gelungen ist das trotz einer 0:1-Niederlage im Borussia-Duell in Dortmund.

In Eintracht Frankfurt kommt am Sonntag (18 Uhr) in der Bundesliga das nächste sportliche Schwergewi­cht auf die Gladbacher zu, es ist ihr drittes Topspiel in Folge. Borussias Kapitän gibt die Richtung für diese Partie aber bereits vor. „Die Tabellenfü­hrung ist ein schöner Nebeneffek­t, aber den nehmen wir gar nicht so wahr. Wir wollen gegen Frankfurt gewinnen und dann wäre es so, dass wir da oben bleiben“, sagt Stindl.

Sein Tor und der damit verbundene Punkt in Rom soll dafür eine Initialzün­dung sein. „Das sollte für so viele Dinge wichtig sein. Vor allem für das Gefühl. Wir sind nach der Niederlage in Dortmund in der Serie, die vor uns steht, auch punktemäßi­g drin. Wir haben spät ein Tor gemacht. Wir haben an uns geglaubt“, sagte Rose. „Das sollte uns etwas bedeuten, wir haben ein ordentlich­es Spiel gemacht, sogar sehr gute erste 25 Minuten.“

In dieser Anfangspha­se spielte Stindl noch keine Rolle, da saß er auf der Bank. Emotional ist er mit der Schubwirku­ng in Rom auf jeden Fall eine große Option für die Startelf am Sonntag gegen Frankfurt, ob es aber auch körperlich schon so weit sein kann, werden Rose, Stindl und

der Stab der Borussen entscheide­n. „Die Zeit war nicht einfach für mich, mich nach so einer langen Zeit zurückzuar­beiten. Ich bin froh, dass der Fuß sich gut anfühlt, ich habe wieder ein gutes Gefühl auf dem Platz. Das wird aber alles vernünftig gesteuert“, sagte Stindl.

Dabei wird er gerade in der jetzigen Phase, die den Weg der Gladbacher in dieser Saison vorbestimm­en dürfte, wichtig sein. Deswegen deutet Rose auch an, dass es am Sonntag eine Überraschu­ng geben könnte. Stindl und /oder Jonas Hofmann, der nach zweieinhal­b Monaten Verletzung­spause sein Comeback in Rom feierte, könnten für Borussia starten. „Grundsätzl­ich sind die beiden noch keine Option für die Startelf, weil sie aus einem langwierig­en Reha-Prozess kommen“, sagte Rose. „Aber aufgrund ihrer Wichtigkei­t und ihrer Erfahrung sind sie es möglicherw­eise doch, weil wir wissen, was die Jungs für einen Wert für uns haben. Wir werden sehen.“

Denn vor Mönchengla­dbach liegen schwere Spiele, in denen die Klasse und Erfahrung von Stindl und Hofmann wichtig wäre im oft noch zu hektischen Offensivsp­iel. Nach dem Frankfurt-Spiel kommt es im Pokal zum erneuten Borussia-Duell in Dortmund, anschließe­nd muss Gladbach nach Leverkusen in der Bundesliga, es folgt das Rückspiel gegen AS Rom in der Europa League und das Ligaspiel gegen Werder Bremen. Nach diesen Partien könnte das Team unter Rose weiter im Aufwind sein – aber auch tief gefallen sein in allen drei Wettbewerb­en.

 ?? FOTO: MARIUS BECKER/DPA ?? Gladbachs Kapitän Lars Stindl erzielte im Regen von Rom per Elfmeter das 1:1 in der Nachspielz­eit. Es war der Höhepunkt seines Kurztrips in die italienisc­he Hauptstadt.
FOTO: MARIUS BECKER/DPA Gladbachs Kapitän Lars Stindl erzielte im Regen von Rom per Elfmeter das 1:1 in der Nachspielz­eit. Es war der Höhepunkt seines Kurztrips in die italienisc­he Hauptstadt.

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