Neuseeland feiert seine All Blacks
Vor dem Halbfinale der Rugby-Weltmeisterschaft gegen England steht das Land Kopf. Für die TV-Übertragung wurde sogar die Sperrstunde verschoben.
WELLINGTON (dpa) Alle vier Jahre wird es schwarz in Neuseeland. So wie jetzt wieder. Vor dem Halbfinale der Rugby-WM an diesem Samstag gegen England (10 Uhr/Pro7 MAXX) haben von den 4,8 Millionen Neuseeländern viele das Trikot ihrer Nationalmannschaft aus dem Schrank geholt: das schwarze Hemd der legendären All Blacks.
So ist das im neuseeländischen Nationalsport schon seit mehr als 100 Jahren. Nur ganz zu Beginn, Ende des 19. Jahrhunderts, trug die Mannschaft dunkelblau. Heute sind die All Blacks der Stolz der Nation: seit 1987 dreimal Weltmeister, aktueller Titelverteidiger, seit zehn Jahren fast ununterbrochen Erster der
Weltrangliste. Und überhaupt: erfolgreichste Nationalmannschaft der Rugby-Geschichte. Ein einziges Mal, 2007, schied man bei einer WM schon im Viertelfinale aus, gegen Frankreich, 18:20.
Die Bedeutung der All Blacks reicht weit über den Sport hinaus. Die Männer in Schwarz sind rund um die Welt die prominentesten Botschafter ihres Landes. Dazu trägt der Tanz bei, mit dem sie vor jedem Spiel den Gegner einzuschüchtern versuchen: der Haka, übernommen von den Maori, den Ureinwohnern des Pazifikstaats.
Wilde Grimassen, aufgeblasene Backen, die Zunge heraus. Die Hände schlagen auf Oberschenkel und
Unterarme. Dazu eine Mischung aus Gesang und Gebrüll: „Ka mate! Ka mate! Ka ora! Ka ora! („Ich werde sterben! Ich werde leben!) Oder, in der neueren Version: „Ka tu te ihiihi. Ka tu te wana-wana“(„Schau der Angst ins Gesicht. Bekämpfe den Schrecken.“). Den Haka mit halbem Herzen mitzumachen, vielleicht sogar noch mit einem Kaugummi im Mund – unvorstellbar.
Trevor McKewen, einer der besten Kenner des Sports, meint: „Rugby spielt eine enorme Rolle in Neuseelands Gesellschaft. Das hat positive Seiten, aber auch negative.“Die All Blacks seien Beweis für die Überzeugung der Neuseeländer, dass man Ziele auch gegen Widerstand erreichen kann. „Wir sind ein kleines Land mit recht wenigen Spielern, aber wir dominieren auf Dauer“, sagt McKewen.
Aber natürlich sind die All Blacks wichtiger. Für die WM in Japan wurden sogar Gesetze geändert. Wegen des Zeitunterschieds laufen viele Spiele im Fernsehen spätabends. Deshalb hatten viele Fans die Sorge, die Matches nicht in der Kneipe anschauen zu können. In Neuseeland gelten strenge Sperrstunden. Also verabschiedete das Parlament in Wellington eine Regelung, wonach Pubs bis nach dem Abpfiff geöffnet haben dürfen. Auch am Samstagabend: Punkt 21 Uhr (10 Uhr MESZ) Neuseeland-Zeit geht es los.