Integration an der Werkbank „klappt gut“
In fünf Tagen bauten Jugendliche mit und ohne Fluchterfahrung gemeinsam Longboards – jetzt rollen sie durch Erkelenz.
ERKELENZ Jugendliche treffen sich in einer Werkstatt. Zwei schleifen die Kanten von Holzbrettern glatt. Einer führt letzte Schnitte mit einer Stichsäge aus. Drei schneiden Schablonen. Und zwei diskutieren, was die besten Farben für ihr neues Longboard sein könnten. Ein besonderes Projekt für Jugendliche mit und ohne Fluchterfahrung hatte die Stadt Erkelenz für die Herbstferien organisiert. Zwölf junge Menschen sollten unter professioneller Anleitung ihr eigenes Longboard bauen dürfen.
Samira Meurer, Integrationskoordinatorin der Stadtverwaltung, hatte der Erkelenzer Walter-und-Elfriede-Meyer-Stiftung drei Projektideen vorgeschlagen, um in den Ferien die Integration unter jungen Menschen zu fördern. Die Wahl fiel auf John Paschos, der als Experte für den Bau von Longboards schon andernorts Projekte mit integrativem Charakter geleitet hat. „Ich arbeite immer mit heterogenen Gruppen. Mal mit Jungen und Alten. Mal mit Mädchen und Jungen. Mal mit Einheimischen und Menschen mit Migrationshintergrund. Das ist allein schon für die Energie gut, die im Raum herrscht““, erklärt Paschos während seines fünftägigen Workshops in Erkelenz und wird von Stadtjugendpflegerin Katharina Lüke ergänzt: „Die Jugendlichen sollen sich miteinander erfahren und später etwas Eigenes in Händen halten.“
Fanta ist elf Jahre alt und gehört zu den Teilnehmern, die als Asylsuchende nach Deutschland gekommen sind. Sie lebt seit fünf Monaten in Erkelenz, erzählt sie, und nimmt mit ihrem Bruder Silly an dem Workshop teil. Ganz begeistert ist sie, weil sie dabei zum ersten Mal auf einem Longboard fahren konnte und weil sie bald ihr eigens besitzen wird: „Ich schneide gerade das Logo mit meinem Namen aus. Fanta will ich auf das Board sprühen.“Ihr Bruder schaut ihr dabei über die Schulter.
Sieben Jugendliche mit und fünf ohne Fluchterfahrung bevölkern die Holzwerkstatt der Erkelenzer Hauptschule. Sie kommen aus Syrien, Usbekistan, Guinea und dem Libanon
sowie Deutschland. „Wir haben sehr viel Spaß miteinander und können uns mit Händen und Füßen verständigen, wenn die Worte mal nicht reichen“, erzählt der elfjährige Florian. Am Werktisch nebenan wird das von Rawad aus Syrien bestätigt: „Das klappt gut.“
Auch Rawad möchte seinen Namen auf das Longboard sprayen. „Ich schneide dafür eine Schablone
zurecht“, erklärt der 15-Jährige, der vor fünf Jahren über Berlin und Dortmund nach Erkelenz gekommen war. „Das Longboard selbst ist schon soweit vorbereitet. Mit Holz habe ich auch schon ein bisschen Erfahrung. Mein Vater arbeitet als Schreiner, und mit ihm habe ich einen Tisch zusammen gemacht.“
Hergestellt werden mit John Paschos hochwertige Longboards. Das
Material hat er beschafft, alle Kosten trägt die Stiftung. Wie die Schritte ablaufen, erklärt Florian, während er probiert, wie seine Sprühvorlage auf das Holz aufgelegt werden sollte: „Zuerst haben wir drei Holzschichten mit Glasfaser verklebt, damit das Board fest wird. Danach haben wir das Holz mit einer Stichsäge in Form gebracht und mit Klemmen in Form gebogen. Nach dem Aushärten
wurden die Kanten geglättet, und jeder hat sich sein Design ausgedacht. Und gleich gehen wir raus, um die Boards zu besprühen: Grün, Weiß und Schwarz sind meine Farben, die der Borussia.“
Im letzten Arbeitsschritt werden die Rollen montiert und eine griffige Oberfläche aufgeklebt, so dass die neuen Longboard-Fahrer künftig sicher durch die Stadt rollen können.