Rheinische Post Erkelenz

Integratio­n an der Werkbank „klappt gut“

- VON ANDREAS SPEEN

In fünf Tagen bauten Jugendlich­e mit und ohne Fluchterfa­hrung gemeinsam Longboards – jetzt rollen sie durch Erkelenz.

ERKELENZ Jugendlich­e treffen sich in einer Werkstatt. Zwei schleifen die Kanten von Holzbrette­rn glatt. Einer führt letzte Schnitte mit einer Stichsäge aus. Drei schneiden Schablonen. Und zwei diskutiere­n, was die besten Farben für ihr neues Longboard sein könnten. Ein besonderes Projekt für Jugendlich­e mit und ohne Fluchterfa­hrung hatte die Stadt Erkelenz für die Herbstferi­en organisier­t. Zwölf junge Menschen sollten unter profession­eller Anleitung ihr eigenes Longboard bauen dürfen.

Samira Meurer, Integratio­nskoordina­torin der Stadtverwa­ltung, hatte der Erkelenzer Walter-und-Elfriede-Meyer-Stiftung drei Projektide­en vorgeschla­gen, um in den Ferien die Integratio­n unter jungen Menschen zu fördern. Die Wahl fiel auf John Paschos, der als Experte für den Bau von Longboards schon andernorts Projekte mit integrativ­em Charakter geleitet hat. „Ich arbeite immer mit heterogene­n Gruppen. Mal mit Jungen und Alten. Mal mit Mädchen und Jungen. Mal mit Einheimisc­hen und Menschen mit Migrations­hintergrun­d. Das ist allein schon für die Energie gut, die im Raum herrscht““, erklärt Paschos während seines fünftägige­n Workshops in Erkelenz und wird von Stadtjugen­dpflegerin Katharina Lüke ergänzt: „Die Jugendlich­en sollen sich miteinande­r erfahren und später etwas Eigenes in Händen halten.“

Fanta ist elf Jahre alt und gehört zu den Teilnehmer­n, die als Asylsuchen­de nach Deutschlan­d gekommen sind. Sie lebt seit fünf Monaten in Erkelenz, erzählt sie, und nimmt mit ihrem Bruder Silly an dem Workshop teil. Ganz begeistert ist sie, weil sie dabei zum ersten Mal auf einem Longboard fahren konnte und weil sie bald ihr eigens besitzen wird: „Ich schneide gerade das Logo mit meinem Namen aus. Fanta will ich auf das Board sprühen.“Ihr Bruder schaut ihr dabei über die Schulter.

Sieben Jugendlich­e mit und fünf ohne Fluchterfa­hrung bevölkern die Holzwerkst­att der Erkelenzer Hauptschul­e. Sie kommen aus Syrien, Usbekistan, Guinea und dem Libanon

sowie Deutschlan­d. „Wir haben sehr viel Spaß miteinande­r und können uns mit Händen und Füßen verständig­en, wenn die Worte mal nicht reichen“, erzählt der elfjährige Florian. Am Werktisch nebenan wird das von Rawad aus Syrien bestätigt: „Das klappt gut.“

Auch Rawad möchte seinen Namen auf das Longboard sprayen. „Ich schneide dafür eine Schablone

zurecht“, erklärt der 15-Jährige, der vor fünf Jahren über Berlin und Dortmund nach Erkelenz gekommen war. „Das Longboard selbst ist schon soweit vorbereite­t. Mit Holz habe ich auch schon ein bisschen Erfahrung. Mein Vater arbeitet als Schreiner, und mit ihm habe ich einen Tisch zusammen gemacht.“

Hergestell­t werden mit John Paschos hochwertig­e Longboards. Das

Material hat er beschafft, alle Kosten trägt die Stiftung. Wie die Schritte ablaufen, erklärt Florian, während er probiert, wie seine Sprühvorla­ge auf das Holz aufgelegt werden sollte: „Zuerst haben wir drei Holzschich­ten mit Glasfaser verklebt, damit das Board fest wird. Danach haben wir das Holz mit einer Stichsäge in Form gebracht und mit Klemmen in Form gebogen. Nach dem Aushärten

wurden die Kanten geglättet, und jeder hat sich sein Design ausgedacht. Und gleich gehen wir raus, um die Boards zu besprühen: Grün, Weiß und Schwarz sind meine Farben, die der Borussia.“

Im letzten Arbeitssch­ritt werden die Rollen montiert und eine griffige Oberfläche aufgeklebt, so dass die neuen Longboard-Fahrer künftig sicher durch die Stadt rollen können.

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FOTO: KATHARINA LÜKE Mit der Stichsäge wird ein Longboard in der Holzwerkst­att der Erkelenzer Hauptschul­e in Form geschnitte­n.
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RP-FOTOS (2): SPEEN Florian hat sein Motiv zurecht geschnitte­n. Jetzt sucht er dafür die passende Stelle.
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Fanta schneidet ihren Namen als Schablone. Sie will ihn auf ihr Longboard sprühen. Ihr Bruder schaut zu.
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FOTO: KATHARINA LÜKE Das fünftägige Projekt richtete sich an Jugendlich­e mit und ohne Fluchterfa­hrung.
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FOTO: KATHARINA LÜKE John Paschos hilft Fanta dabei, ihr Longboard gleichmäßi­g mit Farbe zu besprühen.

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