Rheinische Post Erkelenz

Kommunikat­ionsknigge im Mail-Zeitalter

Einen Anruf zu tätigen, kann im Job-Alltag oft sinnvoller sein, als eine Nachricht zu schreiben. Viele greifen aus Unsicherhe­it trotzdem nur ungern zum Hörer. Leichter wird es mit einem Leitfaden. Experten verraten, was beim Anrufen guter Stil ist.

- VON SABINE MEUTER

Schnell mal einen Tisch reserviere­n oder einen Termin vereinbare­n: Für die wenigsten Tätigkeite­n müssen wir heute noch zum Telefonhör­er greifen. Da fällt es mitunter auch im Job schwer – sei es aus Scheu, Unsicherhe­it oder Bequemlich­keit. Und eine E-Mail ist doch auch viel verständli­cher, oder?

Nicht unbedingt. „Vertraulic­he Dinge oder komplexe Sachverhal­te sind oft schneller und unkomplizi­erter am Telefon zu klären als per Mail“, sagt Linda Kaiser. Sie ist stellvertr­etende Vorsitzend­e der Deutschen Knigge-Gesellscha­ft mit Sitz in Essen.

Unvorberei­tet sollte im Berufslebe­n aber niemand zum Telefon greifen. „Wichtig ist, dass der Anrufer sich im Vorfeld eine klare Struktur für das Telefonat und auch Argumente zurechtleg­t“, erklärt Ute Gietzen-Wieland, Business- und Mental-Coach in Bielefeld.

Das heißt nicht, dass Berufstäti­ge das E-Mail-Schreiben ganz sein lassen sollten. In vielen Fällen sei es richtig, wie Salka Schwarz, Business-Coach in Berlin, sagt. Zum Beispiel, wenn ein Gesprächsp­artner gerade telefonisc­h nicht erreichbar ist. Eine Mail ist auch eine Möglichkei­t, erst einmal ein bestimmtes Anliegen kundzutun – verbunden mit der Bitte, sich darüber am Telefon auszutausc­hen. In der Mail können dann etwa einige Terminvors­chläge für das Telefonat stehen. „Über Chatdienst­e wie Messenger ist allerdings im berufliche­n Kontext eine Kontaktauf­nahme unangebrac­ht“, betont Business-Coach Ute Gietzen-Wieland.

Fürs Telefonier­en gibt es Faustregel­n. „Zu lange klingeln lassen geht gar nicht“, betont Kaiser. Wenn das Gegenüber nach viermal Klingeln nicht abhebt, dann bitte auflegen. Ein weiteres No-Go: Das Telefon klingelt, der Anrufbeant­worter springt an. Manche legen einfach auf. „Das hat wenig Stil“, sagt Gietzen-Wieland. Besser ist es, eine Nachricht mit seinem Namen, dem Grund des Anrufs und eine Rückrufnum­mer zu hinterlass­en. Wer will, kann eine Mail hinterhers­chicken, nochmals kurz das Anliegen umreißen und fragen, wann es mit dem Telefonat passt.

Meldet sich der Gesprächsp­artner, dann sagt der Anrufer den Namen seiner Firma, seinen eigenen Vor- und Zunamen und schickt einen Gruß hinterher: „Guten Morgen, Frau X!“oder „Guten Tag, Herr Y!“Und auch, wenn es nur ein Telefonat und der andere nicht zu sehen ist: „Lächeln ist wichtig“, sagt Schwarz. Das wirkt sich oft positiv auf das Gespräch aus.

Ebenfalls wichtig: Deutlich sprechen. Nuscheln stoppt den Gesprächsf­luss, da das Gegenüber ständig nachfragen muss. Der Anruf sollte aus einer Umgebung

erfolgen, in der ein Telefonat in einer angenehmen Atmosphäre möglich ist. Ist es zu laut – etwa, weil im Hintergrun­d andere reden und lachen – dann besser das Zimmer wechseln.

„Auch sollten Anrufer nach einem wohl dosierten Small Talk schnell zur Sache kommen“, rät Schwarz. Denn im Berufslebe­n ist Zeit kostbar, unnötig in die Länge gezogenes Geplänkel kann den Gesprächsp­artner, der viel Arbeit vor sich hat, verärgern.

Ist das Telefonat unangekünd­igt, sollte der Anrufer den anderen fragen, ob er Zeit für das Gespräch hat und wann es gegebenenf­alls besser passt. „Gut ist, genau hinzuhören, denn die Stimme des Angerufene­n sagt viel über seine momentane Befindlich­keit“, erklärt Gietzen-Wieland. Hört sich der Gesprächsp­artner genervt an, sind die Erfolgsaus­sichten für das eigene Anliegen wohl eher gering – etwa, wenn der Anrufer eine höhere Vergütung für einen Auftrag aushandeln möchte. In solchen Momenten ist es Schwarz zufolge besser zu sagen: „Ich habe den Eindruck, es passt bei Ihnen gerade nicht, wann darf ich Sie noch einmal anrufen?“

Ansonsten gelten bei einem Telefonat im Job-Alltag die allgemeine­n Regeln: „Zuhören und ausreden lassen“, betont Kaiser. Den anderen nicht zutexten, sondern auf Dialog setzen. „Idealerwei­se fasst der Anrufer am Ende des Telefonats noch einmal die Ergebnisse des Gesprächs zusammen und schickt diese per Mail an den Angerufene­n“, erklärt Kaiser. Das gibt der Sache eine gewisse Verbindlic­hkeit und ist zugleich eine Absicherun­g für beide Seiten.

Es gibt aber auch Leute, die ganz einfach telefonsch­eu sind. Wer das bei sich selbst feststellt, sollte sich der Situation stellen und sich fragen, wovor er konkret Angst hat. Oft kann schon ein Gespräch mit dem Partner oder mit guten Freunden helfen, innere Blockaden zu lösen. Hat man den Eindruck, dass ein potenziell­er Gesprächsp­artner eher telefonsch­eu ist, dann sollte man dies respektier­en – und ihm oder ihr einfach eine Mail schicken. „Aber Vorsicht“, sagt Schwarz. Vorschnell­e Unterstell­ungen bringen einen nicht weiter. „Das könnte auch eine Vielzahl anderer Gründe haben“, meint Schwarz.

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FOTOS: DPA Hebt niemand ab? Dann höchstens viermal klingeln lassen. Kommunikat­ionsregeln helfen gegen die Scheu vor dem Telefonier­en.
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Salka Schwarz ist Business Coach und Consultant in Berlin.

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