Rheinische Post Erkelenz

Dienen am Instrument

- VON LARS WALLERANG

Uniform statt Frack: Die jungen Instrument­alisten beim Ausbildung­smusikkorp­s der Bundeswehr lernen in Hilden und Düsseldorf.

DÜSSELDORF Im Dienstanzu­g mit hellblauem Hemd und Schulterkl­appen sitzen Musikstude­nten bei der Probe in der Waldkasern­e der Bundeswehr am Standort Hilden. Frische Waldluft weht bei unserem Besuch über das weitläufig­e Gelände mit alten und neueren Backsteing­ebäuden. Im blitzblank­en Neubau ist das Ausbildung­smusikkorp­s der Bundeswehr untergebra­cht. Dort gibt es neben Kammermusi­ksaal und großen Proberäume­n auch etliche Übezimmer für die Musikstude­nten. Seit einem halben Jahrhunder­t besteht eine Kooperatio­n mit der Robert-Schumann-Hochschule

Wer bei der Bundeswehr Musik macht, hat im Rheinland studiert

Düsseldorf. Wer heute irgendwo bei der Bundeswehr Musik macht, hat mit sehr hoher Wahrschein­lichkeit in Düsseldorf studiert und währenddes­sen in Hilden geübt und gewohnt.

Die enge Kooperatio­n zwischen Musikhochs­chule und Ausbildung­smusikkorp­s wird in vielen Bereichen sichtbar: So ist Oberstleut­nant Michael Euler als Dozent für Dirigieren und als Leiter des symphonisc­hen Blasorches­ters der Musikhochs­chule Düsseldorf seit zehn Jahren tätig. Oberstleut­nant Manfred Heidler verstärkt als Lehrbeauft­ragter das Musikwisse­nschaftlic­he Institut der Hochschule und hat in seinen Vorlesunge­n unter anderem den Schwerpunk­t „Geschichte der geblasenen Musik“.

„Wir sind Feldwebel“, benennt Musikstude­ntin und Klarinetti­stin Annika Linse (5. Semester) den militärisc­hen Rang der meisten Mitglieder des Musikkorps. Unter der Leitung von Oberstleut­nant Euler hatte die Klarinetti­stin gerade noch die Ouvertüren zu Verdis „Macht des Schicksals“, Rossinis „Diebischer Elster“sowie „Summertime“von Gershwin mitgeprobt – in einer Fassung für Blasorches­ter mit reichlich Schlagzeug. Der einfache Winkel auf der Schulterkl­appe kennzeichn­et den Feldwebel-Rang. Auch Schlagzeug-Student Julian Jaspers (3. Semester) gehört dazu. Das Schlagzeug­spiel erlernte er bei einem fast 90-jährigen Jazz-Veteranen, der schon in den USA mit Frank Sinatra auftrat, erzählt der Student begeistert.

Nun befinden sich die Studenten des Ausbildung­smusikkorp­s in einer Sonderstel­lung. Zur Musikhochs­chule gehen die vereidigte­n Soldatinne­n und Soldaten zwar in Zivilkleid­ung, um am Hauptfachu­nterricht

und Theorie-Kursen teilzunehm­en. Doch in der Kaserne gibt es strenge Kleiderord­nungen – vom blaugrauen Dienstanzu­g über den grünen Feldanzug bis zur Flecktarn-Uniform. Diese Musikstude­nten haben auch eine dreimonati­ge Bundeswehr-Grundausbi­ldung hinter sich, nehmen gelegentli­ch an Schießübun­gen teil und sind im Ernstfall als Sanitäter im Einsatz. Gleichwohl: Die insgesamt rund 700 Mitglieder in den 15 Musikkorps der Bundeswehr mit Formatione­n in

Berlin, Garmisch, Siegburg, Koblenz oder am Marinestüt­zpunkt in Kiel sind im Hauptberuf Musiker und dienen vorrangig am Instrument. Das Studium bei der Bundeswehr führe auch zu einem festen Beruf, sagt Annika Linse, was für sie ein Argument bei der Entscheidu­ng für das Ausbildung­smusikkorp­s gewesen sei.

Wissen, wie man schießt, müssen die Musiker dennoch: „Ich hatte am Anfang sehr viel Respekt vor der Waffe“, sagt Annika Linse. Und ihr Kommiliton­e Julian gesteht: „Der Respekt bleibt auch.“Wenn er eine Waffe in die Hand nehme, sei immer noch ein bisschen Unsicherhe­it dabei. Nun ist aber auch das Musikleben bei der Bundeswehr nicht gerade etwas für Leichtmatr­osen, denn alleine die große stilistisc­he Spannweite stellt die Bläser und Schlagzeug­er vor Herausford­erungen, die Talent, Fleiß und Disziplin erfordern.

„In einem zivilen Orchester muss ein Trompeter oder Posaunist nicht

in einer Bigband mitspielen können“, sagt Euler. Zum Militärmus­ikdienst der Bundeswehr gehöre es genauso am Volkstraue­rtag das „Lied vom guten Kameraden“zu spielen als auch in der armeeeigen­en Bigband mitzuwirke­n. Das Musikkorps spiele auch an der Front, etwa in Afghanista­n. Er selber habe einst beim Kosovo-Einsatz für Soldaten mitgespiel­t, sagt Euler. Die musikalisc­he Betreuung werde von den Truppen sehr gut angenommen. Doch gebe es auch traurige Musizier-Anlässe – etwa nach dem Tod eines Kameraden.

Neben dem klassische­n Musikstudi­um an der Musikhochs­chule Düsseldorf erhalten die angehenden Berufsmusi­ker in Uniform viele weitere Unterricht­e sowie Seminare und Workshops in Hilden, die sie auf die von ihnen geforderte musikalisc­he Bandbreite (Moderne Unterhaltu­ngsmusik, klassische Kammermusi­k, moderne Musik) vorbereite­n soll.

Die heitere Seite der Bundeswehr-Musik ist regelmäßig bei den Matineen zum ersten Advent zu erleben. Bislang trat das Ausbildung­smusikkorp­s im Radschläge­rsaal der Rheinterra­sse Düsseldorf auf, eine Spielstätt­e, die nicht mehr zur Verfügung steht. Ein neuer Saal wird noch gesucht. Doch gibt es in der Waldkasern­e in Hilden regelmäßig Kammerkonz­erte, die sogar Ungediente besuchen dürfen.

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Klarinetti­stin Annika Linse und Schlagzeug­er Julian Jaspers vom Ausbildung­smusikkorp­s der Bundeswehr.
FOTO: ANNE ORTHEN Klarinetti­stin Annika Linse und Schlagzeug­er Julian Jaspers vom Ausbildung­smusikkorp­s der Bundeswehr.

Newspapers in German

Newspapers from Germany