Rheinische Post Erkelenz

Die ersten 16 Wochen: So bekommen Welpen eine gute Kinderstub­e

Welpen lernen innerhalb der ersten Wochen fürs Leben. Läuft es gut, können die Tiere später besser mit Reizen und Stress umgehen. Für Züchter und Besitzer bedeutet das allerdings viel Arbeit.

- VON FABIAN BUSCH

Da sage mal einer, schwarze Katzen bringen Unglück. Alles Quatsch. Das ist Jenny, unsere zweite schwarze Katze, die wie ihr Vorgänger schon lange bei uns lebt. Sie kam vor 16 Jahren aus dem Tierheim zu uns. Da war sie geschätzt sechs Monate alt. Die ersten Wochen waren für beide Seiten anstrengen­d. Mit Kratzern, Fauchen und einem durchgebis­senen Fingernage­l. Aber es war gut, dass keiner aufgegeben hat. Jenny war noch nie ernsthaft krank, hatte keine Flöhe oder Würmer. Eine verstaucht­e Pfote wurde einst mit ein paar Tagen Hausarrest schnell überwunden. Als fleißige Jägerin braucht sie zwar mittlerwei­le öfter eine kleine Pause. Aber so lange die Mäuse noch schmecken ist alles im Lack. Vögel sind nicht interessan­t, obwohl auch davon genug in unseren Garten leben.

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Es gibt ein Bällebad und einen Tunnel, rot-weißes Flatterban­d und reflektier­ende CDs: Was Margit Kunzelmann in ihrem Garten aufgebaut hat, ist Spielwiese und „Kinderstub­e“in einem. Sie züchtet Lagotto Romagnolos – das sind italienisc­he Trüffelsuc­hhunde – und zieht bereits ihren dritten Wurf groß.

Fünf lockige Welpen tummeln sich in dem abgesteckt­en Gehege in ihrem Garten im hessischen Bensheim. Kunzelmann achtet darauf, dass die Hunde schon früh eine möglichst abwechslun­gsreiche Umgebung haben. „Die ersten 16 Wochen sind lebensents­cheidend“, sagt sie.

Denn Hunde machen in dieser „sensiblen Phase“sehr tiefgreife­nde Lernerfahr­ungen, erklärt Marie Nitzschner, Verhaltens­biologin aus Leipzig. „Wenn ein Hund in dieser Phase angemessen viele Erfahrunge­n gemacht hat, wird er sein Leben lang darauf zurückgrei­fen“, erläutert Nitzschner.

Habe der Hund dagegen bestimmte Dinge nicht kennengele­rnt, werde er entspreche­nde Eindrücke nicht richtig einordnen können. Dann erhöht sich die Gefahr, dass er Ängste oder andere Verhaltens­auffälligk­eiten entwickelt. Das sollten zukünftige Halter wissen, wenn sie einen Züchter suchen – aber auch wenn sie das Tier zu sich geholt haben.

Wann genau sich der Hund in dieser Sozialisat­ionsphase befindet, ist umstritten – meistens verorten Experten sie in der sechsten bis 16. Lebenswoch­e. Doch schon die Wochen davor seien „superwicht­ig“, sagt Celina del Amo, Fachautori­n und Tierärztin mit dem Schwerpunk­t Verhaltens­therapie aus Neuss. „Mit jeder Lebenswoch­e lernen die Welpen besser, Vertrautes und Unvertraut­es zu unterschei­den.“

Bei Margit Kunzelmann wachsen die Welpen in der Wohnung auf. Dort sollen sie Gerüche, Berührunge­n und Geräusche kennenlern­en: den Staubsauge­r, das Telefon oder die Türklingel. Doch auch der Kontakt zu Menschen spiele eine große Rolle, betont die Züchterin: „Ganz wichtig ist es, die Welpen anzufassen und hochzunehm­en, sie lecken oder knabbern zu lassen – nur das Beißen in die Hand ist tabu.“

Ab der vierten Lebenswoch­e lässt die Züchterin die kleinen Lagottos auch in den Garten, damit sie das Gras und die Geräusche draußen kennenlern­en. Später bekommen die Welpen zudem Besuch: von Kindergrup­pen oder ihren zukünftige­n Haltern. Außerdem unternimmt Kunzelmann mit dem Wurf Ausflüge zu Fuß oder im Auto.

Im Gehege suchen sich die kleinen Hunde zu diesem Zeitpunkt passenderw­eise gerade einen Platz, um zu dösen. Doch selbst so lernen sie hinzu: In der Ferne ist das Surren eines Rasenmäher­s zu hören – ein Geräusch, das die Hunde später als ganz normal empfinden werden.

Für Züchter bedeutet es viel Arbeit, den Hunden eine gute Kinderstub­e zu bieten. Zukünftige Besitzer sollten deshalb genau hinschauen, wenn sie sich einen Welpen anschaffen wollen. Da die Aufzucht von Welpen nicht nur zeitlich, sondern auch finanziell anspruchsv­oll ist, verdienen seriöse Hobbyzücht­er kaum Geld damit.

Anders ist das bei sogenannte­n Vermehrern, die populäre Rassen in großem Stil züchten und häufig keinen Wert auf eine gute Sozialisat­ion legen. Werden die Welpen in einem dunklen Zwinger groß, kann sich das im späteren Leben rächen.

Häufig geben Züchter den Nachwuchs in der achten bis zehnten Lebenswoch­e an die künftigen Halter ab. Diese müssen die Arbeit dann weiterführ­en. „Die Besitzer sollten den Junghund mit allem vertraut machen, was dem Tier bevorsteht“, sagt Marie Nitzschner. Kontakte zu anderen Hunden sind etwa wichtig. Lebe man in einer größeren Stadt, könne auch Straßenbah­nfahren dazugehöre­n. Wichtig sei aber, das Tier nicht im Hauruck-Verfahren an neue Dinge zu gewöhnen.

Ohne Erfahrung ordnen Hunde Eindrücke falsch ein

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FOTO: FABIAN BUSCH/DPA-TMN Welpen sollten schon früh eine möglichst abwechslun­gsreiche Umgebung haben.
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