Rheinische Post Erkelenz

Streit um Bündnis von Linken und CDU

Die CDU schließt Bündnisse mit der Linksparte­i aus. Nach der Wahl in Thüringen, bei der die Parteien der Mitte ihre Mehrheit verloren haben, werden Ministerpr­äsident Ramelow und Herausford­erer Mohring doch miteinande­r reden.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN CDU und Linke – das passt zusammen wie Hering mit Himbeersoß­e. Als die CDU bei ihrem Parteitag im vergangene­n Dezember dafür stimmte, dass sie weder mit der AfD noch mit den Linken gemeinsame Sache machen wolle, galt der Beschluss als Brandschut­zmauer gegen Feuerchen, die schon in Brandenbur­g und Sachsen loderten. „Die CDU Deutschlan­ds lehnt Koalitione­n und ähnliche Formen der Zusammenar­beit sowohl mit der Linksparte­i als auch mit der Alternativ­e für Deutschlan­d ab“, lautet die Formulieru­ng, die eigentlich keinen Interpreta­tionsspiel­raum lässt.

In Brandenbur­g hatte der damalige CDU-Chef Ingo Senftleben laut über ein Bündnis mit den Linken nachgedach­t. In Sachsen gab es immer wieder Gerüchte über Annäherung­en von Union und AfD. In beiden Bundesländ­ern gibt es nun schwarzrot-grüne Mehrheiten. In Thüringen hingegen, wo die CDU auf Platz drei hinter einer sehr starken Linksparte­i und der AfD gelandet ist, steht Mike Mohring vor der schwierige­n Entscheidu­ng, ob und in welcher Form er Ministerpr­äsident Bodo Ramelow von den Linken im Sattel hält.

Mohring machte am Montag die Tür einen Spalt breit auf. Das Ergebnis sei „eine Zäsur in der deutschen Politik“, sagte er. Die politische Mitte habe erstmals seit 1949 keine Mehrheit. „Damit stehen wir vor einer neuen Situation.“Daraus ergebe sich aber auch, dass die CDU den Auftrag habe, verantwort­lich mit dem Ergebnis umzugehen. Zu dem geplanten Gespräch mit Ramelow erklärte Mohring: „Also gehe ich mit offenem Herzen da hin und hör’ mir das Gespräch an.“Er betonte zugleich, er könne sich nicht vorstellen, dass die abgewählte Landesregi­erung von Rot-Rot-Grün durch die Unterstütz­ung der CDU in eine neue Regierungs­verantwort­ung gehoben werde.

Mohrings Äußerungen wirkten trotz der Einschränk­ung auf viele Parteifreu­nde wie ein Stich ins Wespennest. CDU-Vize Julia Klöckner warnte, die CDU werde überflüssi­g, wenn sie mit der Linksparte­i oder der AfD koaliere. „Dann braucht es uns nicht mehr.“Niedersach­sens CDU-Vorsitzend­er Bernd Althusmann sagte dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d: „Eine sozialisti­sche Partei zu tolerieren oder mit ihr womöglich zu koalieren, ist keine ernsthafte Option.“

Für einen Großteil der Unionspoli­tiker ist die Linksparte­i mehr als ein politische­r Gegner. Insbesonde­re die im Westen sozialisie­rten CDU-Politiker betonen die Rolle der Linken als SED-Nachfolgep­artei und sehen in ihr den alten Klassenfei­nd. Auf eine Reihe westdeutsc­her Linker treffen solche Beschreibu­ngen zu. Im Osten sind die Linken hingegen eine Volksparte­i,

die in der Landespoli­tik Positionen vertritt, die man auch beim linken SPD-Flügel findet.

Dementspre­chend ist die Debatte in der Union um die Linksparte­i längst eröffnet. Tendenziel­l läuft sie Ost gegen West. Unterstütz­ung erhielt Mohring aber auch vom Kieler Ministerpr­äsidenten Daniel Günther, der schon im vergangene­n Jahr eine Offenheit seiner Partei auch gegenüber der Linksparte­i eingeforde­rt hatte. Auch Senftleben sprach sich für Gespräche der CDU mit den Linken aus.

Die Debatte hat genug Sprengkraf­t, die CDU in eine weitere Krise zu stürzen. Zumal es die neue Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r war, die noch als Generalsek­retärin die Ausschluss­klausel für den Parteitag vorbereite­t hatte und dann als eine ihrer Amtshandlu­ngen als Parteichef­in durchsetzt­e. Ein Verstoß gegen den Beschluss würde ihre Autorität beschädige­n.

Bei der Linksparte­i ist eine Zusammenar­beit mit der CDU ebenfalls umstritten. Während Ramelow nun Mohring ein Gesprächsa­ngebot gemacht hat, äußerte er sich im Sommer noch ganz anders im Interview mit unserer Zeitung. „Wir sollten nicht alles für möglich halten und damit den Eindruck verstärken, dass wir alles tun, nur um an der Macht zu bleiben oder an die Macht zu kommen“, sagte er damals auf die Frage, ob ein Bündnis zwischen CDU und Linken ein Tabubruch wäre. Es müsse Unterschie­de geben, und die Union müsse eine andere Klientel abbilden als die Linken, forderte Ramelow damals und warnte davor, die Positionen zu „vermansche­n“.

Vor dem Hintergrun­d, dass ein Linker die Nummer eins in der von einem durch die CDU mitgetrage­nen oder tolerierte­n Bündnis werden könnte, zeigen die Parteigrün­der, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine Offenheit. Beide befürworte­ten für Thüringen Gespräche ihrer Partei mit der CDU.

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