Rheinische Post Erkelenz

EU bietet Brexit-Aufschub bis 31. Januar an

Sollte die Ratifizier­ung des Austrittsa­bkommens bis Ende Januar gelingen, ist der britische EU-Austritt vor Fristende möglich.

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BRÜSSEL (rtr) In der Brexit-Hängeparti­e bietet die EU Großbritan­nien kurz vor Ablauf der eigentlich­en Austrittsf­rist Ende des Monats einen weiteren Aufschub bis zum 31. Januar an. EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk twitterte, die verbleiben­den 27 EU-Staaten hätten sich auf diesen Schritt verständig­t. Die Entscheidu­ng könne formell durch ein schriftlic­hes Verfahren umgesetzt werden, ohne dass ein EU-Gipfeltref­fen nötig werde. Die Regelung ist demnach flexibel und erlaubt auch einen früheren Ausstieg, falls das Parlament in London den Brexit-Vertrag mit der EU vorher ratifizier­en sollte.

Nun ist der britische Premiermin­ister Boris Johnson am Zug: Denn das schriftlic­he Verfahren soll erst dann starten, wenn er zugestimmt hat. Johnson ließ über einen Sprecher mitteilen, er wolle zunächst die Details prüfen. Erst wenn er grünes Licht gegeben hat, läuft die Uhr. Die verbleiben­den Regierunge­n der EU-Staaten sollen dann 24 Stunden Zeit haben, das Verfahren abzusegnen: „Dies wird es ermögliche­n, dass die Entscheidu­ng morgen formell angenommen wird“, sagte ein EU-Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte. Ein anderer EU-Vertreter warnte jedoch, womöglich werde es erst Mittwoch soweit sein und die Zeit knapp werden.

Die Bundesregi­erung begrüßt das Angebot der EU für einen erneuten Brexit-Aufschub. Das sei eine „gute Lösung“, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert. „Jetzt liegt der Ball bei Großbritan­nien.“Es sei nun wichtig, dass die zusätzlich­e Zeit produktiv genutzt werde. Auch die europapoli­tische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner, wertete das Vorgehen positiv: „Die EU zeigt mal wieder, dass das Brexit-Chaos nicht an ihr liegt. Johnson muss die Verlängeru­ng nun gut nutzen, um einen politische­n Konsens zu erreichen.“Den bekomme er nicht mit markigen Worten hin, sondern, indem er auf die anderen Parteien und die andere Hälfte der Bevölkerun­g zugehe: „Er muss dem Parlament jetzt genügend Zeit geben, den Deal zu debattiere­n und kann dann das Volk in einer Neuwahl abstimmen lassen.“

Eigentlich sollte am Donnerstag um 24 Uhr die EU-Mitgliedsc­haft der Briten enden. Der als Brexit-Hardliner bekannte Premiermin­ister wurde jedoch vom Unterhaus per Gesetz gezwungen, in Brüssel eine Verlängeru­ng um drei Monate zu beantragen. Johnson strebt gleichwohl Neuwahlen im Dezember an. Er benötigt dafür aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, das im Laufe des Tages darüber abstimmen sollte.

Sollten sich Brüssel und London nicht einig werden, droht ein ungeregelt­er EU-Ausstieg. Er dürfte die Wirtschaft nach Ansicht der britischen Notenbank in die Rezession stürzen. Auch hierzuland­e warnt der Arbeitgebe­rverband Gesamtmeta­ll vor den Folgen eines ungeregelt­en EU-Austritts: „Ein harter Brexit würde den Briten, aber auch der Europäisch­en Union extremen wirtschaft­lichen Schaden zufügen“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Verbandes, Oliver Zander.

Chefvolksw­irt Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe sieht die von der EU angebotene erneute Fristverlä­ngerung skeptisch: „Denn mit den ständigen Austrittsv­erschiebun­gen droht ein Schrecken ohne Ende, der in der EU niemandem hilft.“Eine erneute Brexit-Verschiebu­ng und ein harter Brexit seien weiter möglich.

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FOTO: DPA Donald Tusk, Präsident des Europäisch­en Rates, spricht im Europäisch­en Parlament.

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