Rheinische Post Erkelenz

Die Frau in der Spur von Mario Draghi

Christine Lagarde, die erste Frau an der Spitze der Europäisch­en Zentralban­k, wird vorerst die expansive Geldpoltik ihres italienisc­hen Vorgängers fortsetzen.

- VON GEORG WINTERS

Christine Lagarde möchte zumindest eine Sache ganz anders machen als ihr Vorgänger. Sie will die Geldpoltik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) besser erklären als Mario Draghi, sie will die Notenbank transparen­ter machen, sie aus ihrem Elfenbeint­urm holen, in dem der Normalbürg­er sie vermutet, entrückt von Europas Normalbürg­ern.

Diese Veränderun­g in der Außendarst­ellung ist eine Sache der Kommunikat­ion, und die beherrscht die weltgewand­te Christine Lagarde bestens. Das hat sie als französisc­he Finanzmini­sterin und Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds hinreichen­d unter Beweis gestellt. Auf beiden Positionen war die elegante Französin allein deshalb etwas Besonderes, weil sie stets die erste Frau in der jeweiligen Rolle in Paris und Washington war.

Jetzt wird sie die erste EZB-Chefin. Eine Präsidenti­n in der Spur von Mario Draghi, denn geldpoliti­sch wird sich unter der Führung der 63-Jährigen, der ersten Nicht-Ökonomin an der Spitze der Zentralban­k, nichts ändern. Die Zinsen bleiben auf unabsehbar­e Zeit bei null, die Geldpoliti­k bleibt expansiv. Sie kann aktuell auch gar nicht anders, denn so lange die Inflations­rate sich nicht entscheide­nd auf die Zwei-Prozent-Grenze zu bewegt, muss sie an der Politik Draghis festhalten, damit die EZB glaubwürdi­g bleibt. Entscheide­nd wird sein, wie schnell Lagarde die Beziehunge­n innerhalb der Währungsun­ion kittet und es schafft, den Zentralban­k-Rat wieder zu einem Gremium zu machen, das mit einer Stimme spricht. Daran hat es unter Draghi gewaltig gehapert.

Dass sie durch ihre Vergangenh­eit politisch exzellent verdrahtet ist, könnte ihrer Arbeit zum Vorteil gereichen. Was man sich wünscht von einer Frau, die gleicherma­ßen als knallharte Verhandlun­gspartneri­n und Frau mit diplomatis­chem Geschick bekannt ist? Mehr als Draghi politische Überzeugun­gsarbeit zu leisten, die auf notwendige Strukturre­formen in einigen Ländern hinwirkt. Denn je mehr das passierte, umso eher wäre ein Weg von der expansiven Geldpoltik und ein Hin zu steigenden Zinsen wieder denkbar. Europas Sparer jedenfalls wünschen sich nichts mehr als das von Christine Lagarde.

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FOTO: DPA Christine Lagarde übernimmt das Steuer von Mario Draghi.

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