War die Bluttat in Wickrath ein Racheakt?
Am 27. Juni wurde ein Mann blutüberströmt an einem Feldweg gefunden. Nach der Gewalttat stehen zwei Männer und zwei Frauen vor Gericht. Was ihnen vorgeworfen wird und wie sie am ersten Prozesstag auftraten.
MÖNCHENGLADBACH Unter verschärften Corona-Bedingungen hat am Montag der Prozess um einen brutalen Angriff auf einen 39-jährigen Mann in Wickrath begonnen. Lediglich sechs Medienvertreter waren im großen Sitzungssaal A 100 zugelassen.
Lange war das Motiv für die Bluttat unklar. Am 27. Juni hatten Passanten morgens um 3 Uhr einen Mann blutüberströmt auf einem Feldweg gefunden, ihrem Eingreifen war es zu verdanken, dass er schwerverletzt überlebte. Der Name des Geschädigten war zunächst nicht zu ermitteln gewesen, da bei ihm keine Ausweispapiere gefunden worden waren.
Seit Montag müssen sich zwei Männer und zwei Frauen aus Mönchengladbach für die Tat vor dem Schwurgericht verantworten. Dem 33-jährigen Hauptangeklagten wird versuchter Mord sowie gefährliche Körperverletzung, versuchter Raub mit Todesfolge sowie besonders schwerer Raub vorgeworfen. Gemäß ihrer Anklage erklärte Oberstaatsanwältin Carola Guddat, dass der Mann versucht habe, den 39-Jährigen „heimtückisch und aus Habgier zu töten“. Eine 47-jährige Frau ist wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung und einem besonders schweren Raub angeklagt, ein 40-jähriger Mann wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung. Alle drei sind in U-Haft. Auf freiem Fuß ist lediglich eine 23-Jährige, die sich wegen Beihilfe zu einer gefährlichen Körperverletzung und einem besonders schweren Raub verantworten muss. Während die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass der Hauptangeklagte den Tod des Geschädigten „zumindest billigend in Kauf genommen habe“, glaubt sie jedoch nicht, dass die drei Mitangeklagten von dessen Tötungsvorsatz Kenntnis gehabt haben.
Laut Anklage soll der Angriff auf den Neusser ein Racheakt gewesen sein. Demnach habe sich die 47-jährige Frau und frühere Lebensgefährtin des Opfers dadurch für frühere Misshandlungen und Demütigungen in der gemeinsamen Beziehung rächen wollen. Laut Anklage habe sie den 33-jährigen Mönchengladbacher damit beauftragt, ihren früheren Lebensgefährten mit einem Baseballschläger zusammenzuschlagen und dem Mann dabei „insbesondere die Arme und Beine zu brechen“. Dafür soll der Schläger 2500 Euro erhalten haben. Auf die Idee habe sie der mitangeklagte 40-Jährige gebracht, der dann 500
Euro für die geplante Tat beigesteuert haben soll.
Die 23-jährige Angeklagte soll in die Tatpläne eingeweiht gewesen sein und das spätere Opfer unter dem Vorwand, gemeinsam Shisha zu rauchen, zu dem Treffpunkt am Karl-Arnz-Weg in Wickrath gelockt haben. Doch statt der 23-jährigen soll in der Tatnacht der beauftragte „Schläger“im Gebüsch auf den Mann gewartet haben. Als das Opfer den Tatort erreicht habe, soll der Hauptangeklagte mehrfach und mit großer Kraft auf den Oberkörper und den Kopf des arg- und wehrlosen Neussers eingeschlagen haben.
Nach dem brutalen Angriff soll der 32-Jährige dem Opfer zudem zwei Handys, das Portemonnaie und den Autoschlüssel gestohlen haben. Der Geschädigte schwebte nach dem Angriff über eine Woche in akuter Lebensgefahr und erlitt unter anderem ein Schädel-Hirn-Trauma, Hirnblutungen sowie Schädelbrüche. Er war zunächst in das Elisabeth-Krankenhaus eingeliefert und dann intubiert in eine Klinik in Düsseldorf gebracht worden. Dort hatte man dem Mann den Schädel geöffnet und einige Knochenfragmente geborgen. Bis zum 6. Juli 2021 schwebte der Mann, der als Nebenkläger
auftritt, in akuter Lebensgefahr.
Am Montag wurde nur die Anklage verlesen. Die beiden Männer wirkten währenddessen ruhig, fast entspannt. Die Ex-Lebensgefährtin des Geschädigten bat fast schnippisch darum, dass ihr die gesamte Anklage übersetzt wird. Lediglich die 23-Jährige wirkte nervös, sie wippte die gesamte Verhandlung mit dem Fuß.
Insgesamt sind sieben Verhandlungstage vorgesehen, ein Urteil soll voraussichtlich Mitte März ergehen. Der Prozess wird am 31. Januar fortgesetzt.