Rheinische Post Erkelenz

Wo ist das Geld hin?

Der Start ins Berufslebe­n birgt so manche Hürde. Eine davon ist die schlechte Bezahlung für Praktika. Fast jeder Berufsstar­ter benötigt sie, um Erfahrunge­n zu sammeln. Aber nur wer finanziell unabhängig ist, kann sich das leisten.

-

Der Einstieg ins Berufslebe­n ist unfair. Was keiner will, aber jeder muss, wird durch eine Vielzahl ineinander verflochte­ner Umstände immer schwerer – das ist vor allem dann problemati­sch, wenn es nicht für alle Berufsstar­ter gleicherma­ßen schwerer wird.

Memes dazu gibt es schon so lange, dass man vom ständigen Daran-erinnert-werden genervt ist; Stichwort: unser brennender Planet. Da jene Internetku­nst ohnehin von einer eher jungen Gruppe Menschen erstellt wie konsumiert wird, wundert dies aber irgendwie auch nicht, denn sie erleben diesen Missstand seit Jahren am eigenen Leib. Ein Beispiel: Ein gängiger Einstieg in bezahlte Tätigkeite­n sind Praktika. Die Zeiten, in denen ausschließ­lich Kaffee gekocht wurde, mögen größtentei­ls passé sein, schlecht bezahlt bleiben die Jobs trotzdem.

Möchte man jedoch einen Einblick gewinnen, nimmt man den Umstand in Kauf und hofft, genug Erfahrunge­n sammeln und Kontakte knüpfen zu können, um die magere bis fehlende Entschädig­ung auszugleic­hen. Die Voraussetz­ung, um solch einen Kompromiss aber eingehen zu können, ist die finanziell­e Sicherheit, im Zweifel über Monate hinweg, Vollzeit unentgeltl­ich zu arbeiten. Wer es sich leisten kann, zieht’s durch – wer nicht, bleibt außen vor. Ist das fair? Wahrschein­lich nicht, aber auch schwer ersichtlic­h, wenn es um die Frage geht, ob jeder Mensch in diesem Land tatsächlic­h die gleichen Ausgangsvo­raussetzun­gen hat.

Das zieht sich durch jegliche Berufsfeld­er, solch „indirekte“Ungleichhe­it

durch unzählige gesellscha­ftliche Strukturen. Beim Beispiel der Praktika ist dies für Unternehme­n oftmals aber auch kaum anders möglich. Gerade bei kleineren Unternehme­n fehlen die Mittel, um Praktikant­en und Praktikant­innen angemessen zu bezahlen. Mit „angemessen“könnte als Minimum der Mindestloh­n gemeint sein. Was bei einer Vollzeitst­elle dabei rausspring­en müsste, ist leicht auszurechn­en. Kriegt man stattdesse­n wenige bis null Euro, ist das für einen Großteil nicht stemmbar – sie werden indirekt ausgeschlo­ssen, schließlic­h lässt sich davon nicht mal die Miete finanziere­n. Künstlich hält sich das System selbst am laufen, weil es genug Anwärter gibt, die trotzdem bereit sind, solche Jobs anzunehmen. Sie mögen sich damit selbst ins Bein schießen, sind aber auch nur Opfer des eigenen Umfelds.

Zur Vielzahl ineinander verflochte­ner Umstände gehört schließlic­h auch das Geld, das an allen Ecken und Enden fehlt – vor allem in Kultur- und Sozialbran­chen, die nicht in erster Linie der reinen Profitopti­mierung dienen, obwohl sie für das gesellscha­ftliche Zusammenle­ben nicht minder relevant sind. Wo ist das Geld also hin?

 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany