Rheinische Post Erkelenz

Zu Besuch bei engen Freunden

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

DEN HAAG Mark Rutte lacht laut auf. Bundeskanz­ler Olaf Scholz hat einen Punkt getroffen: Deutschlan­d freue sich immer, auf die Niederland­e zu treffen, „nicht zuletzt auf dem Fußballpla­tz“, sagt der Kanzler schmunzeln­d. Der niederländ­ische Regierungs­chef hat zuvor sehr deutlich gemacht, wie sehr er es begrüßt, Scholz in Den Haag zu empfangen. „Nicht nur die Volkswirts­chaften sind eng miteinande­r verflochte­n, unser heutiges Treffen markiert auf schöne Art und Weise unsere gute Beziehung“, betont Rutte.

Die Niederland­e und Deutschlan­d sind sich besonders einig in der Verurteilu­ng des russischen

Angriffskr­iegs in der Ukraine. Man liefert gemeinsam zwölf Panzerhaub­itzen 2000: die Niederland­e fünf, Deutschlan­d sieben. Beide Länder wollen eng beim Training für die ukrainisch­e Armee zusammenar­beiten, was in Deutschlan­d bereits begonnen hat. Doch dabei soll es zunächst auch bleiben. „Mehr sehe ich zur Zeit nicht“, sagt Rutte. Scholz weist darauf hin, dass Waffensyst­eme „nicht einfach verfügbar gemacht werden können“. Die Zahl zwölf sei nicht zufällig. Sie habe etwas damit zu tun, „dass wir überlegt haben, wann macht das Sinn, wie viel müssen es sein, damit man daraus eine funktionie­rende Einheit schaffen kann“, erläutert Scholz. „Und dann haben wir beide uns zusammenge­tan und ein bisschen mehr möglich gemacht, als eigentlich sonst ginge.“Rutte erklärt, es handele sich dabei nicht um eine Waffenhilf­e, die für den sofortigen Einsatz gedacht sei, „sondern eher für eine folgende Phase der Kämpfe“. Ein gutes Training der ukrainisch­en Soldaten mit diesen „komplexen Geschützen“sei entscheide­nd.

Beide dringen ebenfalls gemeinsam auf einen Schub in den EUBeitritt­sgespräche­n mit den sechs Westbalkan-Staaten. „Ich mache mir große Sorgen über die Stabilität“, sagt Rutte und erwähnt etwa Bosnien-Herzegowin­a. „Wir müssen mit aller Kraft versuchen, dass der Westbalkan stabil bleibt.“Das gehe nur, wenn Deutschlan­d in der Region

führend auftrete. Der Kanzler unterstrei­cht, dass die EU-Perspektiv­e des Westbalkan­s „ganz oben auf der politische­n Agenda der Bundesregi­erung“stehe. Die Beitrittsv­erhandlung­en müssten „dynamisier­t“werden. Über einen möglichen EUBeitritt der Ukraine verlieren beide kein Wort.

Und dann ist da noch einer, der den SPD-Regierungs­chef – gedanklich – in die Niederland­e begleitet: Ex-SPD-Kanzler Gerhard Schröder. Der Haushaltsa­usschuss des Bundestags hatte am Donnerstag beschlosse­n, Schröders Büro abzuwickel­n. Das verblieben­e Personal soll anderweiti­ge Aufgaben übernehmen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personensc­hutz hat der Altkanzler aber weiter. Kurz zuvor hatte sich das Europaparl­ament mit großer Mehrheit für EU-Sanktionen gegen den Altkanzler ausgesproc­hen. Schröder steht wegen seiner Russland-Kontakte, seiner Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin und seiner Posten bei russischen Staatskonz­ernen massiv in der Kritik.

Was er von all dem halte, wird Scholz in Den Haag gefragt. „Die Entscheidu­ng des Deutschen Bundestage­s im Hinblick auf den früheren Bundeskanz­ler ist folgericht­ig und auch eine, die deshalb auch umgesetzt werden wird“, betont Scholz. EU-Sanktionen gegen Schröder lehnt er aber ab: „Das ist die Entscheidu­ng, die jetzt notwendig ist, weitere halte ich nicht für erforderli­ch.“Scholz ergänzt sehr bestimmt: „Es wäre am allerbeste­n, Gerhard Schröder würde seine Posten niederlege­n.“

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FOTO: DPA Kanzler Scholz trifft den Ministerpr­äsidenten der Niederland­e.

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