Zu Besuch bei engen Freunden
DEN HAAG Mark Rutte lacht laut auf. Bundeskanzler Olaf Scholz hat einen Punkt getroffen: Deutschland freue sich immer, auf die Niederlande zu treffen, „nicht zuletzt auf dem Fußballplatz“, sagt der Kanzler schmunzelnd. Der niederländische Regierungschef hat zuvor sehr deutlich gemacht, wie sehr er es begrüßt, Scholz in Den Haag zu empfangen. „Nicht nur die Volkswirtschaften sind eng miteinander verflochten, unser heutiges Treffen markiert auf schöne Art und Weise unsere gute Beziehung“, betont Rutte.
Die Niederlande und Deutschland sind sich besonders einig in der Verurteilung des russischen
Angriffskriegs in der Ukraine. Man liefert gemeinsam zwölf Panzerhaubitzen 2000: die Niederlande fünf, Deutschland sieben. Beide Länder wollen eng beim Training für die ukrainische Armee zusammenarbeiten, was in Deutschland bereits begonnen hat. Doch dabei soll es zunächst auch bleiben. „Mehr sehe ich zur Zeit nicht“, sagt Rutte. Scholz weist darauf hin, dass Waffensysteme „nicht einfach verfügbar gemacht werden können“. Die Zahl zwölf sei nicht zufällig. Sie habe etwas damit zu tun, „dass wir überlegt haben, wann macht das Sinn, wie viel müssen es sein, damit man daraus eine funktionierende Einheit schaffen kann“, erläutert Scholz. „Und dann haben wir beide uns zusammengetan und ein bisschen mehr möglich gemacht, als eigentlich sonst ginge.“Rutte erklärt, es handele sich dabei nicht um eine Waffenhilfe, die für den sofortigen Einsatz gedacht sei, „sondern eher für eine folgende Phase der Kämpfe“. Ein gutes Training der ukrainischen Soldaten mit diesen „komplexen Geschützen“sei entscheidend.
Beide dringen ebenfalls gemeinsam auf einen Schub in den EUBeitrittsgesprächen mit den sechs Westbalkan-Staaten. „Ich mache mir große Sorgen über die Stabilität“, sagt Rutte und erwähnt etwa Bosnien-Herzegowina. „Wir müssen mit aller Kraft versuchen, dass der Westbalkan stabil bleibt.“Das gehe nur, wenn Deutschland in der Region
führend auftrete. Der Kanzler unterstreicht, dass die EU-Perspektive des Westbalkans „ganz oben auf der politischen Agenda der Bundesregierung“stehe. Die Beitrittsverhandlungen müssten „dynamisiert“werden. Über einen möglichen EUBeitritt der Ukraine verlieren beide kein Wort.
Und dann ist da noch einer, der den SPD-Regierungschef – gedanklich – in die Niederlande begleitet: Ex-SPD-Kanzler Gerhard Schröder. Der Haushaltsausschuss des Bundestags hatte am Donnerstag beschlossen, Schröders Büro abzuwickeln. Das verbliebene Personal soll anderweitige Aufgaben übernehmen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der Altkanzler aber weiter. Kurz zuvor hatte sich das Europaparlament mit großer Mehrheit für EU-Sanktionen gegen den Altkanzler ausgesprochen. Schröder steht wegen seiner Russland-Kontakte, seiner Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin und seiner Posten bei russischen Staatskonzernen massiv in der Kritik.
Was er von all dem halte, wird Scholz in Den Haag gefragt. „Die Entscheidung des Deutschen Bundestages im Hinblick auf den früheren Bundeskanzler ist folgerichtig und auch eine, die deshalb auch umgesetzt werden wird“, betont Scholz. EU-Sanktionen gegen Schröder lehnt er aber ab: „Das ist die Entscheidung, die jetzt notwendig ist, weitere halte ich nicht für erforderlich.“Scholz ergänzt sehr bestimmt: „Es wäre am allerbesten, Gerhard Schröder würde seine Posten niederlegen.“