Rheinische Post Erkelenz

Proteste gegen die Deutsche Bank

- VON MISCHA EHRHARDT

Die letzte Hauptversa­mmlung unter Regie von Paul Achleitner nutzten Klimaaktiv­isten als Bühne.

FRANKFURT Die Pyramide aus Waschmasch­inen ist ein ungewöhnli­cher Anblick vor den in der Sonne glänzenden Zwillingst­ürmen der Deutschen Bank in Frankfurt: Rund vier Meter hoch quellen grüne Stoffe aus den Trommeln der Maschinen – „Greenwashi­ng kills“lautet die Botschaft der Organisati­onen für Umweltund Klimaschut­z Urgewald, 350.org, des Dachverban­ds der kritischen Aktionärin­nen und Aktionäre und des Koala-Kollektivs. „Die Deutsche Bank betreibt unter dem Hashtag positiver Beitrag verantwort­ungslos Greenwashi­ng“, sagte die Sprecherin des Koala-Kollektivs, Rika von Gierke, unserer Redaktion. Konkret werfen die Aktivisten der Bank vor, auch 2022 noch in Kohle, Öl und Gas Geld zu investiere­n: „Die Deutsche Bank finanziert einige der dreckigste­n Unternehme­n der Welt, darunter Shell und Total, aber auch RWE oder Saudi Aramco. Wir fordern die Deutsche Bank auf, die Finanzieru­ng der fossilen Industrie sofort zu stoppen und einen echten positiven Beitrag zu leisten.“

Während die Protestier­enden auf dem Platz vor der Bank ihrer Kritik Ausdruck verleihen, wendet sich ein paar Etagen höher – und jenseits der Glasfassad­e – Vorstandsc­hef Christian Sewing an die Aktionäre der Deutschen Bank: „Unser Anspruch ist es, eine der weltweit führenden Banken für Nachhaltig­keit zu werden – gemeinsam und in enger Partnersch­aft mit unseren Kunden in aller Welt. Wir wollen die Bank sein, die hier Standards setzt.“

Die Aktivisten vor der Tür kritisiere­n jedoch, dass die Bank sich erst kürzlich an der Finanzieru­ng eines Kredits in Höhe von acht Milliarden Euro für Total Energies beteiligt hat. Laut den Umweltorga­nisationen gehört der Konzern weltweit zu den Öl- und Gasunterne­hmen mit den größten Expansions­plänen. „Solange Herr Sewing blumige Worte spricht, aber sein Unternehme­n mit Milliarden die fossile Industrie unterstütz­t, ist das einfach Greenwashi­ng. Das prangern wir an. Und das muss aufhören“, heißt es.

Währenddes­sen leitet der scheidende Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner in der Bank ein letztes Mal die virtuelle Aktionärsv­ersammlung. Er schaut auf ein schwierige­s Jahrzehnt für das Institut zurück – und übt dabei auch ein wenig Selbstkrit­ik, räumt eigene Fehler ein. Mehrere Vorstandsw­echsel fielen in seine Amtszeit, Milliarden­strafzahlu­ngen für irreführen­de Beratung, Geldwäsche oder Marktmanip­ulationen ramponiert­en das Image des größten deutschen Kreditinst­ituts. Nach Übernahme der Postbank sollte diese verkauft werden, dann wurde sie schließlic­h doch ins Privatkund­engeschäft eingeglied­ert. Die aus all dem resultiere­nde Komplettsa­nierung der Bank und deren Umbau kostete Tausende Stellen. Und schließlic­h ist der Aktienkurs seit 2012 von rund 30 Euro auf inzwischen weniger als zehn Euro eingebroch­en. Im Nachhinein habe auch er das Ausmaß der Probleme unterschät­zt, so Achleitner: „Wir wussten, dass wir uns im Nachgang zur Finanzmark­tkrise verändern mussten. Aber wir wussten nicht, dass es am Ende eine grundlegen­de Sanierung und nicht nur eine Modernisie­rung sein würde. Eine Sanierung, die Ihnen und uns einiges abverlangt hat.“

Die Nachfolge von Paul Achleitner soll der Niederländ­er und ehemalige Chef des niederländ­ischen Versicheru­ngsriesen Aegon, Alexander Wynaendts, antreten. Kritik hieran kam vom Großaktion­är Union Investment. Die Fondsgesel­lschaft kündigte an, gegen die Wahl Wynaendts in den Aufsichtsr­at zu stimmen. Als Grund nannte sie seine Ämterhäufu­ng.

Sollte Wynaendts zunächst in den Aufsichtsr­at und dann in den kommenden Tagen zu dessen Vorsitzend­en gewählt werden, erwartet ihn immerhin eine Bank mit deutlich weniger Baustellen: Zuletzt hat die Bank im ersten Quartal des Jahres einen Vorsteuerg­ewinn von 1,7 Milliarden Euro eingefahre­n. Das ist – trotz des Krieges in der Ukraine – das beste Quartalser­gebnis seit neun Jahren.

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